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Märchen und Sagen


Mit 100 Bildern nach Aquarellen von Ruth Koser-Michaëls


Der Mühlenbär

Im Elsaß, in der Gegend von Niederbronn und Gunthershof, liegt eine Mühle, in der sollte es gar nicht richtig sein, ein Bär sollte in ihr spuken. Wenn ein Mühlarzt zugereist kam oder aber am Werk etwas zerbrochen war und ein solcher berufen werden mußte, blieb keiner länger als eine Nacht in der Mühle, denn das Gespenst litt sie nicht, und zuletzt drohte ihr Verfall und dem Müller Verarmung, denn es blieb auch kein Mahlbursche.

Da kam eines Tages ein frischer kecker Klapperbursche dahergewandert, sagte sein Müllersprüchlein ohne Anstoß her und bot um guten Lohn und gute Kost seine Dienste an. Der Müller war froh, daß wieder einer kam, nahm ihn gern in Dienst und hieß ihn die nächste Nacht mahlen.

Der neue Bursch hatte schon von dem Mühlspuk gehört, fürchtete sich nicht, ließ sich gegen Mitternacht vom Glöcklein wecken, schüttete frisch auf, tat einen guten Zug aus der Pulle und legte sich auf ein paar Mehlsäcke schlafen, neben sich legte er aber die scharf geschliffene Mühlaxt.

Er war noch nicht ganz eingeschlafen, als die Tür der Meisterstube, die herein in das Werk führte, aufging und ein schwarzer Zottelbär in die Mühle getreten kam. Er schnopperte und griff erst am Mehlkasten herum, schritt die Treppe hinauf an die Trommel und wurde jetzt den neuen Mahlburschen gewahr, der, die Hand am Beile, die ganze Zeit über den Bären beobachtet hatte, denn die Laterne brannte hell. Jetzt reckte der Bär



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mit Gebrumm die eine Tatze nach dem Burschen aus der, nicht faul, hob das Beil, hieb zu, und die Tatze lag am Boden. Laut auf heulte der Bär und stürate in die Meisterstube zurück.

Als man am andern Morgen das Frühmahl einnahm, fehlte die Müllerin, sie lag im Bette, und ihr fehlte der rechte Vorderarm; da holte der Bursche die Tatze, und die Tatze war der Vorderarm, und die Müllerin war eine unholde Hexe.

Solchen Hexenspuk mit Müllerinnen, die auch als Katzen erscheinen und arge Teufeleien treiben, erzählt man sich auch viel in Thüringen und Sachsen.


Copyright: arpa, 2015.

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