Märchen und Sagen
Mit 100 Bildern nach Aquarellen von
Ruth Koser-Michaëls
Das Riesenspielzeug
An einem wilden Wasserfall in der Nähe des Breuschtales im Elsaß liegen die Trümmer einer alten Riesenburg, Schloß Niedeck geheißen.
Von der Burg herab ging einsmals ein Fräulein bis gen Hasloch. Das war des Burgherrn riesige Tochter, die hatte noch niemals Menschenleute gesehen, und da gewahrte sie unversehens einen Ackersmann, der mit zwei Pferden pflügte. Das dünkte ihr etwas sehr Gespaßiges, das kleine Zeug; sie kauerte sich zum Boden nieder, breitete ihr Schürztuch aus und raffte mit der Hand Bauer, Pflug und Pferde hinein, schlug die Schürze um sich herum, hielt 's mit der Hand recht fest und lief, was sie nur laufen konnte, und sprang eilend den Berg hinauf. Mit wenigen Schritten, die sie tat, war sie droben und trat, jubelnd über ihren Fund und Fang, vor ihren Vater, den Niesen, hin, der gerade beim Tische saß und sich am vollen Humpen labte. Als der die Tochter so mit freudeglühendem Gesicht eintreten sah, fragte er:
"Nu, min Kind, was hesch so Zwaselichs in di Furti? Krom's us, krom's us!"
"O min Vater", rief die Riesentochter, "gar ze nettes Spieldinges ha i funden.
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Und da kramte sie aus ihrem Vortuch aus, Bauer und Pferde und Pflug, stellt's auf den Tisch hin und hatte ihre Herzensfreude daran, daß das Spielzeug lebendig war, sich bewegte und zappelte.
Ja, min Kind", sprach der alte Riese, "do best de ebs Schöns gemacht, dies is so ken Spieldings nitt, dies is jo einer von die Burn; trog alles widder fort und stell's widder hin ans nämlich Plätzli, wo du 's genommen haft!
Das hörte das Riesenfräulein gar nicht gern, daß sie ihren Fund wieder fort tragen sollte, und greinte, der Riese aber ward zornig und schalt:
"Potz tusig, daß de mir nett murrst! E Bur ist nitt e Spieldings! Wenn die Burn nett ackern, so müssen die Riesen verhungen!"
Da mußte das Riesenfräulein seinen vermeintlichen Spielkram wieder fort tragen und stellte alles wieder auf den Acker hin.
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