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DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSENDUNDEIN NÄCHTEN

VOLLSTÄNDIGE DEUTSCHE AUSGABE IN SECHS BÄNDEN

ZUM ERSTEN MAL NACH DEM ARABISCHEN URTEXT DER CALCUTTAER AUSGABE AUS DEM JAHRE 1839

ÜBERTRAGEN VON ENNO LITTMANN

BAND 4

IM INSEL-VERLAG


DIE GESCHICHTE DES VIERTEN WACHTHAUPTMANNS

Was mir an Abenteuern widerfahren ist, ist noch seltsamer als das bisher Erzählte. Und es ist das Folgende. Wir schliefen eines Nachts auf einer Dachterrasse; und da schlich eine Frau im Dunkel in unser Haus. Die schnürte alles, was sie darin



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fand, in ein Bündel, lud es sich auf und wollte fortgehen. Nun war sie aber schwanger, und die Zeit ihrer Niederkunft war nahe. Und als sie das Bündel packte und es sich auflud, um fortzugehen, beschleunigte sie die Wehen und gebar im Dunkeln ein Kind. Dann suchte sie nach den Feuerhölzern, machte Feuer durch Reiben, entzündete die Lampe und ging mit dem weinenden Kinde umher. Während sie so im Haus umherwanderte, kam uns, die wir auf dem Dache waren, das Ganze merkwürdig vor. Deshalb standen wir auf, um nachzusehen, was es gäbe; und wir entdeckten, daß dort eine Frau war, die sich die Lampe angezündet hatte, und wir hörten das Weinen des Kindes. Und als wir von oben durch die Öffnung der Halle hinuntersahen, hörte sie uns reden; da hob sie ihren Kopf und rief: ,Schämt ihr euch nicht? Wir handeln so freundlich an euch und besuchen eure Frauen! Wißt ihr nicht, daß euch der Tag gehört und uns die Nacht? Hinweg von uns! Bei Allah, wäret ihr nicht seit Jahren unsere Nachbarn und jetzt ohne Kunde, so würden wir sicherlich das Haus über euch zusammenstürzen lassen.' Wir zweifelten nicht daran, daß sie zu den Geistern gehörte, und zogen in unserer Angst unsere Köpfe zurück; am nächsten Morgen aber entdeckten wir, daß sie alles, was wir besaßen, gestohlen hatte und entflohen war. So wußten wir, daß sie eine Diebin war und daß sie einen Streich gespielt hatte wie noch nie jemand zuvor; und wir bereuten, als die Reue nichts mehr fruchtete.'

Nachdem die Gesellschaft diese Geschichte vernommen hatte, sprach sie ihre größte Verwunderung darüber aus. Dann trat der fünfte Hauptmann vor, das war der Wachhabende von der Bank', und erzählte


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