Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSENDUNDEIN NÄCHTEN

VOLLSTÄNDIGE DEUTSCHE AUSGABE IN SECHS BÄNDEN

ZUM ERSTEN MAL NACH DEM ARABISCHEN URTEXT DER CALCUTTAER AUSGABE AUS DEM JAHRE 1839

ÜBERTRAGEN VON ENNO LITTMANN

BAND 4

IM INSEL-VERLAG


DIE ABENTEUER 'ALÌ ZAIBAKS AUS KAIRO

'All Zaibak war ein Schelm in Kairo zur Zeit eines Mannes namens Salâh el-Misri, des Hauptmannes im Diwan' von Kairo, der vierzig Mann unter sich hatte. Die Leute des Hauptmanns stellten dem Schelm 'All viele Fallen, und sie glaubten, daß er in sie hineingehen würde, aber wenn sie ihn suchten, so fanden sie, daß er entschlüpft war, so wie das Quecksilber entschlüpft; und deshalb gaben sie ihm den Beinamen ez-Zaibak el-Misri.' Eines Tages nun saß der Schelm 'All in seiner Halle mit seinen Leuten; und da ward ihm das Herz beklommen und die Brust beengt. Der Hüter der Halle sah ihn mit gerunzelter



1000-und-1_Vol-04-725 Flip arpa

Stirn sitzen und sprach zu ihm: ,Was ist dir, mein Meister? Wenn deine Brust dir eng wird, so mach einen Gang durch Kairo! Deine Sorgen werden schwinden, wenn du durch die Straßen wandelst.' Da stand er auf und ging hinaus, um durch Kairo zu wandern; aber sein Gram und seine Sorge wuchsen nur noch mehr. Wie er dann an einer Weinschenke vorbeikam, sagte er zu sich selber: ,Tritt ein und werde trunken!' Als er jedoch eintrat, sah er in der Schenke sieben Reihen von Leuten sitzen, und er sprach: ,He, Wirt, ich will für mich allein sitzen!' Da ließ der Wirt ihn in einem Zimmer für sich allein sitzen und brachte ihm Wein; und 'All trank, bis ihm die Sinne schwanden. Dann verließ er die Schenke und wanderte weiter durch die Straßen von Kairo, bis er zur Roten Straße kam; und aus Furcht vor ihm ließen die Leute ihm den Weg frei. Plötzlich wandte er sich um und sah einen Wasserträger, der aus einem Kruge Wasser schenkte und, während er dahinging, ausrief:

O Vergelter!'
Das feinste Getränk ist Rosinenwein!
Beim Lieb nur ist man im trauten Verein!
Nur der Weise nimmt den Ehrenplatz ein!

'All rief ihm zu: ,Komm her, gib mir zu trinken!' Der Wasserträger sah ihn an und gab ihm den Krug; doch 'All schaute in den Krug, schüttelte ihn und goß seinen Inhalt auf die Erde. ,Warum trinkst du nicht?' fragte der Mann; und 'All sagte wiederum: ,Gib mir zu trinken!' Der Wasserträger füllte den Krug, 'All nahm ihn, schüttelte ihn und leerte ihn auf den Boden. Und ebenso tat er ein drittes Mal. Da sagte der Wasserträger:



1000-und-1_Vol-04-726 Flip arpa

,Wenn du nicht trinkst, so geh ich fort.' Dennoch wiederholte 'All: ,Gib mir zu trinken!' Da füllte der Mann den Krug und gab ihn dem Schelm; der trank und gab dem Träger einen Dinar. Aber der Mann schaute ihn mit einem verächtlichen Blicke an und sprach zu ihm: ,Viel Glück, viel Glück, Bursche! Kleine Leute sind keine großen Leute!' — —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 709. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß der Wasserträger, als 'All der Schelm ihm einen Dinar gab, ihn mit einem verächtlichen Blicke anschaute und zu ihm sprach: ,Viel Glück, viel Glück! Kleine Leute sind keine großen Leute!' Aber da packte 'All der Schelm den Wasserträger an seinem Hemd und zückte wider ihn einen kostbaren Dolch, von dem es im Liede heißt:

Mit deinen, Dolche stoß den Widersacher nieder,
Und Fürchte nichts als nur des Schöpfers hohe Macht!
Gemeinem Wesen bleibe fern, und zeige niemals
Dich anders als ein Mann, in dem die Tugend wacht!

Und er schrie ihn an: ,Du Scheich, rede vernünftig mit mir! Dein Schlauch ist, wenn er teuer war, höchstens drei Dirhems wert, und die Krüge, die ich auf die Erde ausschüttete, enthielten vielleicht einen Liter Wassers.' ,So ist es', erwiderte der Mann; und 'All fuhr fort: ,Ich habe dir aber einen Golddinar gegeben; warum verhöhnst du mich also? Hast du je einen Mann gesehen, der tapferer oder freigebiger war als ich?' Darauf sagte der Wasserträger: ,Ich habe einen Mann gesehen, der tapferer und freigebiger war als du. Solange die Frauen gebären, gab es noch nie einen Helden in der Welt, der nicht auch freigebig gewesen wäre.' Nun fragte 'All: ,Wer ist es, den du tapferer und freigebiger als mich gesehen hast?' Da erzählte der



1000-und-1_Vol-04-727 Flip arpa

Wasserträger: ,Wisse, ich habe ein seltsames Abenteuer erlebt. Mein Vater war der Scheich der Wasserträger in Kairo, und als er starb, hinterließ er mir fünf Kamele. ein Maultier. einen Laden und ein Haus. Aber der Arme ist nie zufrieden; und wenn er zufrieden ist, dann stirbt er. Damals sprach ich bei mir selber: ,Ich will nach dem Hidschâz ziehen', nahm mir eine Reihe Kamele und borgte solange, bis ich fünfhundert Dinare Schulden hatte; all das verlor ich aber auf der Pilgerfahrt. Da sagte ich mir: ,Wenn ich nach Kairo zurückkehre, so werden die Leute mich wegen ihres Geldes ins Gefängnis bringen.' Deshalb zog ich mit dem syrischen Pilgerzug, bis ich nach Aleppo kam; und von Aleppo begab ich mich nach Baghdad. Dort fragte ich nach dem Scheich der Wasserträger; und nachdem man mir den Weg zu ihm gewiesen hatte, trat ich ein und sprach die erste Sure vor ihm.' Er fragte mich, wie es mit mir stehe, und ich erzählte ihm alles, was ich erlebt hatte. Nun wies er mir einen Laden an und gab mir einen Schlauch samt dem nötigen Gerät. So zog ich aus im Vertrauen auf Allah und ging in der Stadt umher. Ich bot einem Manne den Krug, damit er tränke; aber er sprach zu mir: ,Ich habe noch nichts gegessen, daß ich darauf trinken könnte. Heute war ich bei einem Geizhals eingeladen, und der setzte mir nur zwei Wasserkrüge vor, so daß ich schon zu ihm sagte: Du gemeiner Kerl, hast du mir etwas zu essen gegeben, worauf ich trinken könnte? Also geh deiner Wege, du Wasserträger, bis ich etwas gegessen habe; danach gib mir zu trinken!' Dann ging ich zu einem zweiten, und der sagte: ,Allah sorge für dich!"So ging es mir bis zum Mittag; niemand gab mir etwas. Da sagte ich mir: ,Wäre ich doch nicht nach Baghdad gekommen!' Plötzlich



1000-und-1_Vol-04-728 Flip arpa

aber sah ich die Leute laufen, so schnell sie konnten; ich folgte ihnen, und ich sah einen prächtigen Reiterzug, in Paaren angeordnet, und alle trugen Pelzmützen mit seidenen Turbanen, Burnusse und Panzer aus Filz und Stahl. Als ich einen der Zuschauer fragte, wessen Zug das sei, antwortete er mir: ,Das ist die Schar des Hauptmanns Ahmed ed-Danaf.' Und als ich weiter fragte: ,Was für ein Amt hat er?' fuhr der Mann fort: ,Er ist Hauptmann im Diwan und Stadthauptmann von Baghdad, und ihm ist die Sorge für die Umgebung der Stadt übertragen. Vom Kalifen erhält er jeden Monat tausend Dinare, und jeder von seinen Leuten erhält hundert Dinare. Und Hasan Schumân hat ebenso wie er tausend Dinare. Jetzt ziehen sie von der Staatsversammlung in ihre Halle.' Mit einem Male erblickte mich Ahmed ed-Danaf und rief mir zu: ,Komm her. gib mir zu trinken!' Ich füllte ihm den Krug und reichte ihn ihm; aber er schüttelte ihn und leerte ihn aus. Ebenso tat er ein zweites Mal, und erst beim dritten Male tat er einen Zug wie du. Dann fragte er mich: ,Wasserträger, woher bist du?' ,Aus Kairo', erwiderte ich; und er fuhr fort: ,Achja, Kairo und seine Bewohner! Aus welchem Grunde bist du in diese Stadt gekommen?' Ich erzählte ihm meine Geschichte und gab ihm zu verstehen, daß ich ein Schuldner sei, auf der Flucht vor Schulden und Armut. Er rief: ,Du bist uns willkommen!' Dann gab er mir fünf Dinare und sprach zu seinen Leuten: ,üm Allahs willen, schenkt ihm eine Gabe!' Und ein jeder von ihnen gab mir einen Dinar. Er selbst aber fügte noch hinzu: ,O Scheich, solange du in Baghdad bleibst, sollst du immer das gleiche von uns erhalten, wenn du uns zu trinken gibst.' Ich machte ihnen also häufige Besuche, und Segen kam über mich von den Leuten. Nach einiger Zeit zählte ich, was ich durch sie verdient hatte, und fand, daß es tausend Dinare waren. Da sagte



1000-und-1_Vol-04-729 Flip arpa

ich mir: ,Du kannst nichts Besseres tun als heimkehren.' So ging ich denn in die Halle zu Ahmed und küßte ihm die Hände. Als er mich fragte: ,Was wünschest du?' antwortete ich ihm: ,Ich möchte fortreisen', und sprach vor ihm die Verse:

Des Fremdlings Dasein ist in aller Welt,
Wie wenn man Schlösser auf die Winde stellt.
Des Windes Wehen reißt die Bauten nieder;
Und in die Heimat zieht der Fremdling wieder.

Und ich fügte hinzu: ,Die Karawane ist bereit, nach Kairo aufzubrechen, und ich wünsche, zu den Meinen zurückzukehren.' Er gab mir eine Mauleselin und hundert Dinare und sagte noch: ,Ich möchte dich mit einer Botschaft betrauen, o Scheich. Kennst du die Leute in Kairo?' ,Jawohl', erwiderte ich.' — —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 710. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß der Wasserträger des weiteren erzählte: ,Ahmed ed-Danaf gab mir eine Mauleselin und hundert Dinare und sagte noch: ,Ich möchte dich mit einer Botschaft betrauen. Kennst du die Leute in Kairo?' ,Jawohl', erwiderte ich; und er fuhr fort: ,Nimm diesen Brief, überbringe ihn an 'All Zaibak el-Misri und sprich zu ihm: Dein Meister läßt dich grüßen; und er ist jetzt beim Kalifen.' Ich nahm den Brief von ihm entgegen und zog meines Weges, bis ich nach Kairo kam. Als meine Gläubiger mich sahen, gab ich ihnen, was ich schuldete; dann wurde ich wieder ein Wasserträger. Aber den Brief habe ich nicht überbringen können, da ich die Halle von 'All Zaibak el-Misri nicht kenne.' Da rief 'All: ,Alterchen, hab Zuversicht und gräm dich nicht! Ich bin 'All Zaibak el-Misri, der Erste der Burschen des Hauptmanns Ahmed ed-Danaf. Gib mir den Brief her!' Der Wasserträger



1000-und-1_Vol-04-730 Flip arpa

gab ihn ihm; und als er ihn geöffnet hatte und las, fand er darin geschrieben:

,Ich schreib an dich, o du, der Schönen Zierde,
Auf einem Blatte, das die Winde bringen.
Ich flög vor Sehnsucht, könnte ich nur fliegen. Wie kann man fliegen mit gestutzten Schwingen?

Gruß zuvor von dem Hauptmann Ahmed ed-Danaf an seinen ältesten Sohn, 'All Zaibak in Kairo! Es sei Dir zu wissen getan, daß ich mich an Salâh ed-Dîn el-Misri herangewagt und ihm Streiche gespielt habe, bis ich ihn lebendig begrub und seine Leute mir gehorchten, unter ihnen auch 'Alî Kitf el-Dschamal; jetzt bin ich zum Stadthauptmann von Baghdad bestellt im Staatsrate des Kaufen, und mir ist die Sorge für die Umgegend anvertraut. Wenn Du noch des Bundes denkst, der zwischen mir und Dir besteht, so komm zu mir; vielleicht kannst Du in Baghdad einen Streich vollführen, der Dich zum Dienste beim Kalifen befördert, so daß er Dir Gehalt und Einkünfte anweist und Dir eine Halle bauen läßt. All dies kannst Du Dir holen - und damit Gott befohlen!' Nachdem er den Brief gelesen hatte, küßte er ihn, legte ihn auf sein Haupt und gab dem Wasserträger zehn Dinare als Lohn für die frohe Botschaft. Dann begab er sich in seine Halle, trat zu seinen Leuten ein und brachte ihnen die Kunde, und er sprach zu ihnen: ,Ich empfehle euch einander.' Darauf legte er seine Kleider ab und kleidete sich in Reisemantel und Fes und nahm einen Kasten mit einer Lanze aus Rohr, die vierundzwanzig Ellen lang war und deren einzelne Teile ineinander geschachtelt waren. Nun fragte ihn sein Stellvertreter: ,Willst du auf die Reise gehen, wo der Schatz leer ist?' Er antwortete ihm: ,Wenn ich nach Damaskus komme, will ich euch so viel senden, daß ihr genug habt.' Dann ging er seiner Wege und schloß sich einer reisigen Schar an, bei der er



1000-und-1_Vol-04-731 Flip arpa

den Ältesten der Kaufmannsgilde und vierzig andere Kaufleute erblickte. Sie alle hatten ihre Lasten schon auf die Tiere geladen, nur die Lasten des Ältesten lagen noch auf der Erde. Und 'All hörte, wie der Karawanenführer, ein syrischer Mann, zu den Maultiertreibern sagte: ,Einer von euch soll mir helfen!' Aber sie schmähten ihn und beschimpften ihn. 'All sprach jedoch bei sich selber: ,Ich werde mit niemandem zusammen besser reisen als mit diesem Führer.' Nun war 'All bartlos und von schönem Aussehen; und als er an den Führer herantrat und ihn begrüßte, hieß der ihn willkommen. Dann fragte er: ,'Was wünschest du?' ,Lieber Oheim,' erwiderte 'All, ,ich sehe dich allein mit vierzig Maultierlasten; warum hast du dir keine Leute mitgebracht, die dir helfen?' ,Mein Sohn,' gab ihm der andere zurück, ,ich hatte mir zwei Burschen gemietet; die hatte ich eingekleidet und jedem zweihundert Dinare in die Tasche getan; die halfen mir bis el-Chânka', dann liefen sie fort.' Nun fragte 'All: ,Wohin zieht ihr?' ,Nach Aleppo', war die Antwort; und jener fuhr fort: ,Ich will dir helfen.' So luden sie denn die Lasten auf und zogen weiter; auch der Älteste der Kaufmannsgilde bestieg seine Mauleselin und ritt fort. Der syrische Führer aber hatte seine Freude an 'All und gewann ihn lieb; und als es Abend ward, lagerten sie und aßen und tranken. Dann kam die Schlafenszeit, und 'All legte sich bei ihm auf die Erde und tat, als ob er schliefe. Der Führer legte sich neben ihm nieder; da stand 'All von seiner Schlafstätte auf und setzte sich an die Tür zum Zelte des Kaufherrn. Bald darauf legte sich der Syrer auf die andere Seite und wollte 'All in seine Arme nehmen; aber er fand ihn nicht und sagte sich: ,Vielleicht hat er sich mit einem anderen verabredet, und der hat ihn mitgenommen; aber ich habe mehr Anrecht auf ihn, und in der



1000-und-1_Vol-04-732 Flip arpa

nächsten Nacht will ich ihn für mich behalten! 'All jedoch blieb an der Tür zum Zelte des Kaufherrn sitzen, bis die Morgendämmerung nahte; dann kehrte er zurück und legte sich neben dem Führer nieder. Als der erwachte und ihn dort fand, sagte er sich: ,Wenn ich ihn frage, wo er gewesen ist, so wird er mich verlassen und fortgehen.' So täuschte 'All ihn immer. Dann kamen sie zu einem Dickicht, in dem sich eine Höhle befand; und in dieser Höhle hauste ein reißender Löwe. Wenn eine Karawane dort vorbeikam, so warfen die Reisenden das Los untereinander; und wen das Los traf, der wurde dem Löwen vorgeworfen. Als nun diesmal gelost wurde, da traf das Los keinen anderen als den Ältesten der Kaufmannschaft. Da stand auch schon der Löwe da, versperrte ihnen den Weg und wartete auf den von der Karawane, den er bekommen würde. Der Meister der Gilde aber war tief betrübt und sprach zu dem Führer: ,Gott verdamme deine Glücksferse und deine Reise! Doch nun beauftrage ich dich, meine Lasten nach meinem Tode meinen Kindern zu geben.' Da fragte der Schelm 'Alt: ,Was ist es mit dieser ganzen Geschichte?' Sie erzählten es ihm; und er rief: ,Warum lauft ihr denn fort vor der wilden Katze? Ich verbürge mich euch, daß ich sie töten werde.' Der Führer ging zum Kaufherrn und meldete es ihm; und der sprach: ,Wenn er ihn tötet, so gebe ich ihm tausend Dinare.' Und die übrigen Kaufleute sagten: ,Wir werden ihn gleichfalls belohnen.' Nun machte 'All sich auf; er warf den Mantel ab, und darunter zeigte sich ein Panzer aus Stahl, und er nahm ein Schwert aus Stahl und schraubte die Klinge fest. Dann trat er allein dem Löwen entgegen und schrie ihn an. Der Löwe sprang auf ihn los, aber 'All el-Misri traf ihn mit dem Schwerte zwischen den Augen und spaltete ihn in zwei Teile, während der Führer und die Kaufleute zuschauten. Dem Führer rief



1000-und-1_Vol-04-733 Flip arpa

'All zu: ,Fürchte dich nicht, lieber Oheim!' Der antwortete ihm: ,Mein Sohn, von jetzt ab bin ich dein Diener!' Der Kaufherr aber umarmte ihn und küßte ihn auf die Stirn und gab ihm die tausend Dinare; und ein jeder von den anderen Kaufleuten gab ihm zwanzig Dinare. Er hinterlegte das Geld bei dem Kaufherrn; und dann ruhten sie die Nacht über und brachen am nächsten Morgen wieder auf, in der Richtung nach Baghdad. Nun aber kamen sie zum Löwendickicht und zum Hundetal. Dort lebte ein räuberischer Beduine, ein Wegelagerer, mit seinem Stamme; die fielen über die Leute her, und alles Volk floh vor ihnen. Der Kaufherr rief schon: ,Mein Geld und Gut ist verloren!' Doch da zog 'All gegen sie aus, gekleidet in ein Lederwams, das ganz mit Schellen behängt war. Er hatte den Speer herausgenommen und seine Teile zusammengesetzt. Rasch ergriff er eins von den Küssen des Beduinen und saß auf; dann rief er: ,Komm hervor zum Speerkampfe mit mir!' Doch zugleich schüttelte er die Schellen; da scheute das Pferd des Beduinen vor dem Geklingel, und 'All schlug nach dem Speere des Beduinen, so daß er zerbrach. Dann traf er ihn selber im Nacken und riß ihm den Schädel herunter. Als die Leute des Beduinen das sahen, stürmten sie auf 'All ein: doch er rief: ,Allah ist der Größte!' und fiel über sie her und trieb sie zurück, bis daß sie sich zur Flucht wandten. Dann steckte er den Schädel des Beduinen auf eine Lanze; die Kaufleute aber machten ihm große Geschenke und zogen darauf weiter, bis sie Baghdad erreichten. Dort erbat 'All sich sein Geld von dem Kaufherrn, und nachdem der es ihm gegeben hatte, übergab er es dem Führer, indem er sprach: ,Wenn du nach Kairo zurückkommst, so frage nach meiner Halle und gib dem Hüter der Halle das Geld.' Dann ruhte er die Nacht über, und am nächsten Morgen betrat er die Stadt, wanderte in ihr



1000-und-1_Vol-04-734 Flip arpa

umher und fragte nach der Halle von Ahmed ed-Danaf; doch keiner konnte ihm den Weg weisen. Er ging also weiter, bis er zum Platze en-Nafad kam, wo er Kinder beim Spiele sah; unter ihnen war auch ein Knabe namens Ahmed el-Lakît. Da sagte 'Alt zu sich selber: ,Nur bei ihren Knaben kannst du Auskunft haben.' Dann wandte er sich um und kaufte von einem Zuckerbäcker, den er dort sah, türkischen Honig und rief die Kinder. Aber Ahmed el-Lakît trieb die Kinder von ihm zurück, trat selber vor und sprach zu 'All: ,Was wünschest du?' 'All erwiderte: ,Ich hatte einen Knaben, und der starb; jetzt habe ich ihn im Traume gesehen, wie er mich um türkischen Honig bat. Darum habe ich den gekauft und will nun jedem Knaben ein Stück davon geben.' So gab er denn Ahmed el-Lakît ein Stück; und als der es anschaute, sah er einen Dinar daran kleben, und er sprach: ,Geh weg! Ich tu nichts Gemeines, frage nur nach mir!' Doch 'All sagte: ,Nur ein Schlauer nimmt den Lohn, und nur ein Schlauer bezahlt den Lohn. Ich bin in der Stadt umhergezogen, um nach der Halle von Ahmed ed-Danaf zu suchen; aber niemand konnte mir den Weg dahin weisen. Dieser Dinar soll dir gehören, wenn du mich zu der Halle von Ahmed ed-Danaf fährst.' Der Knabe erwiderte ihm: ,Ich will vor dir hergehen, und geh du hinter mir, bis ich zu der Halle komme. Dann will ich mit meinem Fuße einen Kieselstein aufheben und ihn gegen die Tür werfen; daran kannst du sie erkennen.' Und der Knabe eilte vorauf. während 'All ihm folgte, bis er den Kiesel mit seinen Zehen aufhob und ihn gegen die Tür der Halle warf, so daß 'All sie erkannte. — —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 711. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet



1000-und-1_Vol-04-735 Flip arpa

worden, o glücklicher König, daß 'All der Schelm, als Ahmed el-Lakît vor ihm hergelaufen war und ihm die Halle gezeigt hatte, so daß er sie nun kannte, den Knaben packte und ihm den Dinar wieder abnehmen wollte, es aber nicht zu tun vermochte. Und da sagte er zu ihm: ,Geh, du verdienst die Gabe; denn du bist schlau, starken Verstandes und mutig. So Gott will, werde ich dich, wenn ich Hauptmann beim Kalifen werde, zu einem meiner Burschen machen.' Der Knabe lief fort, 'All Zaibak el-Misri aber trat an die Halle heran und klopfte an die Tür. Da rief Ahmed ed-Danaf: ,Türhüter, öffne die Tür! Dies ist das Klopfen von 'All Zaibak aus Kairo.' Jener öffnete die Tür, und nun trat 'All zu Ahmed ed-Danaf ein und begrüßte ihn; der umarmte ihn, und die Vierzig' begrüßten ihn. Darauf legte Ahmed ed-Danaf ihm ein Gewand um, indem er sprach: ,Als der Kalif mich zum Hauptmann bei sich bestallte, kleidete er meine Leute ein, und ich behielt dies Gewand für dich!' Dann setzten sie ihn auf den Ehrenplatz der Halle und trugen die Speisen auf und aßen, brachten den Wein und tranken und berauschten sich bis zum Morgen. Dann sprach Ahmed ed-Danaf zu 'All aus Kairo: ,Hüte dich, in den Straßen von Baghdad umherzugehen; bleib lieber hier in dieser Halle sitzen!' ,Weshalb?' fragte 'All, ,bin ich denn hierher gekommen, um mich einsperren zu lassen? Ich bin vielmehr gekommen, um mich hier umzuschauen.' Doch Ahmed fuhr fort: ,Mein Sohn, glaube nicht, Baghdad sei wie Kairo. Dies Baghdad ist der Sitz des Kalifats; hier gibt es viele Schelme, ja, die Schelmerei sprießt hier wie das Kraut aus der Erde.' Drei Tage lang blieb 'Alt in der Halle; dann sprach Ahmed ed-Danaf zu ihm: ,Ich möchte dich dem Kalifen vorstellen, auf daß er dir ein jahrgeld



1000-und-1_Vol-04-736 Flip arpa

anweist.' Doch jener antwortete ihm: ,Wenn die Zeit kommt.' Da ließ er ihm seinen Willen. Nach einer Weile saß 'All eines Tages in der Halle, und da ward ihm sein Herz schwer und seine Brust beengt. Nun sagte er sich: ,Auf, wandere in Baghdad umher, auf daß deine Brust sich weite!' Er ging also hinaus, zog von Gasse zu Gasse, bis er mitten im Basar eine Garküche sah; dort speiste er, und als er wieder hinausging, um sich die Hände zu waschen, sah er plötzlich vierzig Sklaven, zwei zu zwei gepaart, mit stählernen Schwertern und in Filzpanzern daherkommen; als letzte von allen aber kam die listige Dalîla, reitend auf einer Mauleselin; sie trug auf ihrem Kopfe einen Helm, der mit Gold überzogen war und eine Kugel aus Stahl hatte, ferner einen eisernen Ringpanzer und was dazu gehört. Dalîla kam nämlich aus der Staatsversammlung und ritt zu ihrem Chân; und als sie 'All Zaibak aus Kairo dort sah, schaute sie ihn genauer an und sah, daß er Ahmed ed-Danaf an Länge und Breite glich. Er trug einen Arabermantel und einen Burnus, ein Schwert aus Stahl und eine Rüstung, die dazugehörte; und die Tapferkeit leuchtete auf seinem Antlitze und legte Zeugnis ab für ihn, nicht wider ihn. Die Alte begab sich nun in den Chân und ging zu ihrer Tochter Zainab; dann brachte sie eine geomantische Tafel' und entwarf eine Sandfigur. Durch die ward ihr kund, daß der Fremde 'All el-Misri hieß und daß sein Glück stärker war als ihr Glück und das ihrer Tochter Zainab. ,Liebe Mutter,' fragte Zainab, ,was ward dir offenbar, als du die Tafel entwarfest?' Daîla erwiderte: ,Ich habe heute einen jungen Mann gesehen, der dem Ahmeded-Danaf gleicht; und ich fürchte, er wird erfahren, daß du Ahmed und seine Gefährten ihrer Kleider beraubt hast, und wird in den Chân kommen und uns einen Streich spielen, um Rache zu nehmen



1000-und-1_Vol-04-737 Flip arpa

für seinen Meister und für die Vierzig. Ich glaube, er hat seine Wohnung in der Halle Ahmeds aufgeschlagen.' Die Tochter entgegnete ihr: ,Was tut das? Ich denke, du hast ihn doch wohl richtig eingeschätzt?' Darauf legte sie ihr prächtigstes Gewand an und ging durch die Stadt dahin. Und als die Leute sie sahen, wurden sie alle von Liebe zu ihr erfüllt, und sie versprach und schwor, lauschte und entschwand wieder und eilte von Markt zu Markt, bis sie 'All den Kairiner kommen sah. Sie streifte ihn mit ihrer Schulter, wandte sich um und sprach: ,Allah lasse Leute, die sehen können, lange leben!' ,Wie schön ist deine Gestalt! Wem gehörst du?' sagte 'All. ,Einem Kavalier wie dir', erwiderte sie. Dann fragte er: ,Bist du vermählt oder ledig?' ,Vermählt', antwortete sie. Weiter fragte 'All: ,Bei mir oder bei dir?' Sie sagte darauf: ,Ich bin die Tochter eines Kaufmannes, und mein Gatte ist ein Kaufmann; und ich bin mein ganzes Leben lang noch nicht aus dem Hause gekommen, bis auf diesen Tag. Und das ist nur deshalb geschehen, weil ich ein Mahl bereitet hatte und, als ich essen wollte, keine Lust dazu verspürte. Als ich aber dich erblickte, da erfüllte die Liebe zu dir mein Herz. Willst du nun mein Herz trösten und einen Bissen mit mir essen?' Er gab ihr zur Antwort: ,Wer eingeladen wird, der nehme an!' Da ging sie weiter, und er folgte ihr von Straße zu Straße. Aber bald sagte ihm die Stimme des Gewissens, wie er so hinter ihr her ging: ,Was willst du tun, du, der du ein Fremdling bist? Es heißt doch: Wer in der Fremde sich mit Dirnen abgibt, den sendet Allah voll Schmach nach Hause. Aber entledige dich ihrer in Güte!' Und er sprach zu ihr: ,Nimm diesen Dinar und bestimme eine andere Zeit!' Doch sie entgegnete ihm: ,Beim höchsten Namen, es ist nicht anders möglich, als daß du zu dieser Zeit mit mir nach Hause gehst und ich dir meine aufrichtige Liebe beweise.' So folgte



1000-und-1_Vol-04-738 Flip arpa

er ihr denn, bis sie zum Torweg eines Hauses trat, in dem sich eine hohe Tür mit verschlossenem Riegel befand. Sie sprach zu ihm: ,Öffne dies Schloß!' Er fragte sie: ,Wo ist der Schlüssel dazu?' ,Der ist verloren', erwiderte sie ihm; und er fuhr fort: ,Wer ein Schloß ohne Schlüssel auf bricht, der ist ein Verbrecher, und es gebührt der Obrigkeit, ihn zu strafen. Ich weiß auch nicht, wie man eine Tür ohne Schlüssel aufmacht.' Da hob sie den Schleier von ihrem Antlitz, und er schaute sie an mit einem Blick, der ließ tausend Seufzer in ihm zurück. Dann ließ sie ihren Schleier auf das Schloß fallen, sprach die Namen der Mutter Mose darüber, öffnete die Tür ohne Schlüssel und trat ein. Er folgte ihr und sah Schwerter und andere Waffen aus Stahl dort hängen. Nun legte sie den Schleier ab und setzte sich zu ihm. Und er sprach zu seiner Seele: ,Laß erfüllet werden, was Allah dir bestimmt hat!' Darauf beugte er sich über sie, um einen Kuß von ihrer Wange zu rauben; doch sie legte ihre Hand auf ihre Wange und sprach zu ihm: ,Das Vergnügen kommt erst zur Nachtzeit.' Dann brachte sie einen Tisch mit Speisen und Wein, und sie aßen und tranken. Darauf erhob sie sich, füllte die Kanne am Brunnen und goß ihm das Wasser über die Hände, während er sich wusch. Wie sie nun damit beschäftigt waren, schlug sie sich plötzlich mit der Hand auf die Brust und rief: ,Mein Gatte hat einen Siegelring mit einem Rubin, der ihm für fünfhundert Dinare verpfändet war. Ich steckte ihn mir an, aber er war mir zu weit, und so machte ich ihn enger mit Wachs. Und als ich den Eimer hinabließ, muß der Ring in den Brunnen gefallen sein. Doch jetzt wende dein Antlitz zur Tür, auf daß ich mich entkleide und in den Brunnen hinabsteige, um ihn zu holen!' Da sagte 'All: ,Es wäre eine Schmach für mich, wenn du hinabstiegest, während ich hier



1000-und-1_Vol-04-739 Flip arpa

bin. Kein anderer soll es tun als ich!' Er legte also seine Kleider ab und band sich den Strick um. und sie ließ ihn in den Brunnen hinab. Nun war das Wasser darin tief, und sie sprach zu ihm: ,Der Strick wird mir zu kurz; mach dich los und laß dich fallen!' Und er band sich wirklich los und ließ sich ins Wasser fallen, und er sank klaftertief unter, ohne den Grund zu erreichen. Sie aber legte ihren Schleier um, nahm seine Kleider und begab sich zu ihrer Mutter. — —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 712. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß Zainab, sobald 'Alî el-Misri in den Brunnen hinabgesunken war, ihren Schleier umlegte, seine Kleider nahm und sich zu ihrer Mutter begab; zu der sprach sie: ,Ich habe 'All den Kairiner ausgezogen und ihn in den Brunnen des Emirs Hasan, des Hausherrn, geworfen, und schwer wird es sein, daß er wieder herauskommt!'

Der Emir Hasan aber, der Herr des Hauses, war zu jener Zeit abwesend und im Staatsrate. Als er dann heimkehrte, sah er sein Haus offen, und er sprach zu seinem Stallknecht: ,Warum hast du den Riegel nicht verschlossene' ,Mein Gebieter,' antwortete der, ,ich habe ihn mit eigener Hand verschlossen.' Da rief der Emir: ,Bei meinem Haupte, in mein Haus ist ein Dieb eingedrungen!' Dann trat er ein und suchte überall im Hause umher, fand aber niemanden. Nun gebot er dem Knechte: ,Fülle die Kanne, auf daß ich die religiöse Waschung vollziehen kann!' Der Knecht nahm den Eimer und ließ ihn hinab; wie er ihn dann heraufzog, fand er ihn schwer, und er blickte in den Brunnen hinunter. Als er aber etwas auf dem Eimer sitzen sah, ließ er ihn wieder in den Brunnen fallen und schrie und rief: ,Mein Gebieter, aus dem Brunnen kam ein



1000-und-1_Vol-04-740 Flip arpa

Dämon' zu mir heraufgestiegen!' Der Emir Hasan befahl ihm: ,Geh hin, hole vier Rechtsgelehrte, damit sie den Koran darüber rezitieren, bis er entflieht.' Als die Gelehrten kamen, sprach er zu ihnen: ,Setzt euch rings um den Brunnen und beschwört diesen Dämon!' Darauf kamen der Pferdeknecht und ein anderer Sklave und ließen den Eimer wieder hinab; 'All el-Misri aber klammerte sich an ihn, verbarg sich unter ihm und wartete, bis er nahe bei den Leuten war. Dann sprang er hinaus und setzte sich zwischen die Gelehrten; die begannen einander zu schlagen und schrien: ,Ein Dämon! Ein Dämon!' Der Emir Hasan jedoch erkannte in ihm einen Erdenjüngling und fragte ihn: ,Bist du ein Dieb?' ,Nein,' erwiderte jener; und der Emir fuhr fort: ,Weshalb bist du denn in den Brunnen hinabgestiegen?' 'All gab ihm zur Antwort: ,Ich schlief und hatte einen feuchten Traum; da ging ich zum Tigris hinab, um mich zu waschen; als ich untertauchte, riß mich der Strom hinweg und trug mich unter der Erde weiter, bis ich aus diesem Brunnen wieder herauskam.' Doch der Emir fuhr ihn an: ,Sag mir die Wahrheit!' Da erzählte 'All ihm alles, was ihm widerfahren war', und der Emir sandte ihn mit einem alten Gewande aus dem Hause fort. Und er kehrte in die Halle von Ahmed ed-Danaf zurück und berichtete ihm seine Erlebnisse. Der sprach zu ihm: ,Hab ich dir nicht gesagt, daß Baghdad voller Weiber ist, die den Männern Streiche spielen?' Und 'All Kitf el-Dschamal fügte hinzu: ,Beim höchsten Namen, sage mir, wie kannst du Hauptmann der Genossen in Kairo sein und dich von einem Mädchen ausziehen lassen?' Das kränkte ihn, und er bereute



1000-und-1_Vol-04-741 Flip arpa

seinen Leichtsinn. Ahmed ed-Danaf aber gab ihm ein anderes Gewand, und Hasan Schumân fragte ihn: ,Kennst du die Frau?' ,Nein', erwiderte er; doch Hasan fuhr fort: ,Das ist Zainab, die Tochter der listigen Daîla, der Pförtnerin im Chân des Kalifen. Bist auch du ihr ins Netz gelaufen, 'All?' ,Ja', gab er zur Antwort; und Hasan erzählte: ,Sie hat auch die Kleider deines Meisters und aller seiner Genossen geraubt!' ,Das ist ja eine Schmach für euch!' ,Und was gedenkst du zu tun?' ,Ich gedenke mich ihr zu vermählen.' ,Das ist nicht leicht; schlag sie dir lieber aus dem Herzen!' ,Wie kann ich es denn erreichen, mich ihr zu vermählen, o Schumân?' ,Das soll gern geschehen; wenn du aus meiner Hand trinken willst und unter meinem Banner einherziehen, so sollst du dein Ziel bei ihr erreichen.' ,Gut!' ,Zieh deine Kleider aus, 'All!' Der tat es; und Hasan nahm einen Kessel und kochte etwas darin, das war wie Pech. Damit bestrich er den Kairiner, so daß er wie ein schwarzer Sklave aussah; er bestrich auch seine Lippen und seine Wangen und schminkte ihm die Augen mit roter Schminke. Dann kleidete er ihn in ein Sklavengewand, holte ihm eine Platte mit Rostbraten und Wein und sprach zu ihm: ,Im Chân wohnt ein schwarzer Koch, und du siehst jetzt aus wie er. Er hat immer vom Markte Fleisch und Gemüse zu holen. Den rede freundlich an und sprich mit ihm, sowie die Neger reden; begrüße ihn und sage zu ihm: ,Ich bin schon lange nicht mehr mit dir im Bierhaus zusammen gewesen.' Er wird dir erwidern: ,Ich habe so viel zu tun; ich habe vierzig Sklaven auf dem Halse, für die muß ich das Mittagsmahl kochen und das Nachtmahl kochen, außerdem muß ich die Hunde füttern und auch das Essen für Dalîla und das Essen für ihre Tochter Zainab zubereiten.' Dann sag du zu ihm: ,Komm, laß uns Rostbraten essen und Hirsebier trinken', und geh mit ihm in die Halle und mach ihn trunken!



1000-und-1_Vol-04-742 Flip arpa

Und danach frage ihn aus über seinen Dienst: was er zu kochen hat und wieviel Gerichte, welches Futter die Hunde bekommen und welches der Schlüssel zur Küche und der zur Speisekammer ist! Er wird dir alles sagen; denn der Trunkene erzählt alles, was er verbergen würde, wenn er nüchtern wäre. Darauf betäube ihn mit Bendsch und zieh seine Kleider an, tu auch die Messer an deinen Gürtel, nimm den Gemüsekorb, geh auf den Markt und kaufe Fleisch und Gemüse! Wenn du das getan hast, so geh zu Küche und Speisekammer und koche die Speisen. Lege sie in Schüsseln, nimm sie und trag das Mahl zu Dalîla hinein. Tu aber Bendsch in alle Speisen, so daß du die Hunde und die Sklaven und Dalîla und ihre Tochter Zainab betäubst. Zuletzt geh zum Söller hinauf und hol von dort all die Gewänder. Und wenn du wirklich dich mit Zainab vermählen willst. nimm auch die vierzig Brieftauben mit dir!' So ging denn 'All hinaus und traf auch den schwarzen Koch. Er begrüßte ihn und sprach zu ihm: ,Ich bin schon lange nicht mehr mit dir im Bier hause zusammen gewesen.' Jener antwortete: ,Ich hab so viel zu tun mit dem Kochen für die Sklaven und für die Hunde.' Da nahm 'All ihn mit sich, machte ihn trunken und fragte ihn, wie viel Gerichte er zu kochen habe; und der Schwarze erwiderte ihm: ,Jeden Tag fünf Gerichte zum Mittag und fünf Gerichte zum Abend, und gestern haben sie auch noch ein sechstes von mir verlangt, Reis mit Honig und Safran, und sogar ein siebentes, gekochte Granatapfelkerne.' Weiter fragte 'All: ,Wie ist es mit den Tischen, die du zu besorgen baste' Und der Koch erzählte: ,Zuerst trage ich den Tisch für Zainab auf, dann den für Dalîla, darauf gebe ich den Sklaven zu essen und nach ihnen den Hunden; einem jeden gebe ich genug Fleisch zu fressen, keiner ist mit weniger als einem Pfund zufrieden.' Das Schicksal aber wollte es, daß 'All vergaß, ihn nach den Schlüsseln



1000-und-1_Vol-04-743 Flip arpa

zu fragen. Nun zog er dem Trunkenen die Kleider aus und legte sie sich selber an, nahm den Korb und ging auf den Markt. Dort kaufte er Fleisch und Gemüse. — —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die Siebe, 713. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß 'All Zaibak aus Kairo, nachdem er den Koch betäubt hatte, die Messer herauszog und sie in seinen Gürtel steckte und dann den Gemüsekorb nahm. Darauf ging er zum Markt, kaufte das Fleisch und das Gemüse, kehrte um und trat zur Tür des Châns ein. Dort sah er Dalîla sitzen, die jeden, der ein und aus ging, genau beobachtete; auch sah er die vierzig gewappneten Sklaven. Dennoch faßte er sich ein Herz. Dalîla erkannte ihn, sobald sie ihn ansah, und sie rief: ,Zurück, du Hauptmann der Diebe! Willst du mir im Chân einen Streich spielen?' Aber 'All el-Misri, der ja ganz wie ein Sklave aussah, wandte sich zu ihr und sprach: ,Was sagst du, o Pförtnerin?' Sie fragte: ,Was hast du mit dem Sklaven, dem Koch, gemacht? Was hast du ihm angetan? Hast du ihn getötet oder mit Bendsch betäubt?' Doch er fragte sie: ,Was für ein Koch? Ist hier noch ein anderer Koch außer mir?' Da rief sie: ,Du lügst! Du bist 'All Zaibak aus Kairo!' ,O Pförtnerin,' erwiderte er ihr, ganz in der Sprache der Neger, ,sind die Kairiner weiß oder schwarz? Ich will hier nicht länger dienen.' Nun fragten die Sklaven: ,Was ist dir, Vetter?' Dalîla rief: ,Dies ist kein Vetter von euch! Dies ist 'All Zaibak aus Kairo; und mir scheint, er hat euren Vetter betäubt oder getötet.' Und sie antworteten: ,Dies ist doch unser Vetter Sa'dallâh. der Koch!' ,Nein,' rief sie, ,er ist nicht euer Vetter, er ist 'All der Kairiner, er hat sich die Haut gefärbt.' Er aber sagte: ,Wer ist 'All? Ich bin Sa'dallâh!' Sie sprach: ,Ich habe ja Scheidesalbe',



1000-und-1_Vol-04-744 Flip arpa

holte die Salbe, strich sie ihm auf den Unterarm und rieb ihn; aber die schwarze Farbe löste sich nicht. Da sprachen die Sklaven: ,Laß ihn doch gehen, damit er uns das Essen kocht!' Sie begann jedoch von neuem: ,Wenn er wirklich euer Vetter ist, so weiß er, was ihr gestern abend von ihm verlangt habt und wieviel Gerichte er jeden Tag kochen muß.' Da fragten sie ihn nach den Gerichten und nach dem, was sie am Tag vorher von ihm verlangt hatten. Und er antwortete: ,Linsen und Reis und Brühe und Ragout und Rosenscherbett; und gestern verlangtet ihr noch ein sechstes Gericht, Reis mit Honig und Safran, und sogar ein siebentes, Granatapfelkerne; und am Abend war es genau so.' Die Sklaven riefen: ,Er hat es richtig gesagt!' Da sprach Daîla: ,Gehet hinein mit ihm! Und er die Küche und die Speisekammer kennt, so ist er euer Vetter; doch wenn nicht, so tötet ihn!' Nun hatte der Koch eine Katze aufgezogen, und jedesmal, wenn er ins Haus kam, stand die Katze vor der Tür der Küche und sprang ihm auf die Schulter, während er hineinging. Als 'All jetzt hereinkam, sprang die Katze auch ihm auf die Schulter, sobald sie ihn sah: aber er schüttelte sie ab, und sie lief vor ihm her bis zur Küche. Er sah ein, daß die Katze nur vor der Küchentür stehen bleiben könne. und so nahm er die Schlüssel, und da er unter ihnen einen sah. an dem noch Spuren der Federn hingen, so erkannte er, daß dies der Küchenschlüssel sein müsse, und er öffnete mit ihm die Tür und setzte den Korb mit Gemüse ab. Dann ging er wieder hinaus, und die Katze lief vor ihm her, bis sie zur Tür der Speisekammer kam. Er sagte sich, daß dies die Speisekammer sein müsse, und so nahm er die Schlüssel, und als er unter ihnen einen sah, an dem Spuren von Fett waren, erkannte er ihn als den richtigen und öffnete die Tür. Da sagten die Sklaven: ,O Dalîla, wäre er ein Fremder, so hätte er die Küche und die



1000-und-1_Vol-04-745 Flip arpa

Speisekammer nicht erkannt, und er hätte auch nicht gewußt, welcher von den beiden Schlüsseln zu jedem der beiden Räume gehörte. Der ist wirklich unser Vetter Sa'dallâh.' Doch sie sprach: ,Die Räume hat die Katze ihm gezeigt, und die Schlüssel hat er an ihren Zeichen erkannt. Dies alles macht mir keinen Eindruck.' Er aber ging in die Küche, kochte die Speisen und brachte den ersten Tisch voll zu Zainab. Dort, in ihrem Obergemache, sah er all die Kleider hängen. Dann ging er wieder nach unten, holte den Tisch für Dalîla, gab den Sklaven zu essen und fütterte die Hunde. Und am Abend machte er es ebenso. Nun wurde das Tor bei Sonnenaufgang geöffnet und bei Sonnenuntergang geschlossen; darum erhob 'All seine Stimme und rief in den Chân: ,Ihr, die ihr in dem Chân wohnt, die Sklaven haben ihre Wachtposten bezogen, und wir haben die Hunde losgelassen. Und jeder, der jetzt noch hinausgeht, hat nur sich selbst zu tadeln!' Er hatte aber die Fütterung der Hunde verzögert, und jetzt, nachdem er Gift in das Futter getan hatte, setzte er es ihnen vor; als die Tiere davon gegessen hatten, starben sie. Alle Sklaven und Dalîla und ihre Tochter Zainab hatte er durch Bendsch in den Speisen betäubt. Und nun ging er wieder hinauf, holte alle die Kleider und die Brieftauben, öffnete die Tür des Châns, ging hinaus und begab sich zur Halle. Hasan Schumân sah ihn und fragte ihn: ,Was hast du vollbracht?' Er berichtete ihm alles, was geschehen war; und der lobte ihn. Dann zog er ihm die Kleider aus, kochte für ihn Kräuter und wusch ihn mit deren Saft, so daß er wieder weiß wurde, wie er zuvor gewesen war; danach ging er zum Koch, legte ihm seine eigenen Kleider wieder an und weckte ihn aus seiner Betäubung auf. Der Sklave erhob sich, ging zum Grünwarenhändler, kaufte Gemüse und kehrte in den Chân zurück.



1000-und-1_Vol-04-746 Flip arpa

Wenden wir uns nun von 'All Zaibak el-Misri zu der listigen Daîla! Zu ihr kam ein Kaufmann, einer von den Bewohnern des Châns, der beim Dämmern der Morgenröte aus seinem Zimmer hinausgegangen war und das Tor offen, die Sklaven betäubt und die Hunde tot gesehen hatte. Als er zu Daîla eintrat, entdeckte er, daß sie betäubt war und auf ihrem Halse ein Blatt lag und auf ihrem Haupte ein Schwamm mit dem Gegenmittel gegen das Bendsch; er legte ihr den Schwamm an die Nase, und sie wachte auf. Wie sie nun wach war, fragte sie: ,Wo bin ich?' Der Kaufmann antwortete ihr: ,Als ich herunterkam, sah ich das Tor des Châns offen und dich und die Sklaven betäubt; die Hunde aber sah ich tot.' Da nahm ich das Blatt und las auf ihm die Worte: ,Diese Tat hat kein anderer getan als 'All der Kairiner.' Darauf ließ sie die Sklaven und ihre Tochter Zainab an dem Gegengifte riechen und sprach zu ihnen: ,Habe ich euch nicht gesagt, daß dies 'All der Kairiner war?' Und zu den Sklaven gewandt, fügte sie hinzu: ,Haltet diese Sache geheim!' Dann sprach sie zu ihrer Tochter: ,Wie oft habe ich dir gesagt, daß 'All von seiner Rache nicht lassen würde! Jetzt hat er diese Tat vollbracht zur Vergeltung für das, was du ihm angetan hast. Es stand in seiner Macht, noch anderes an dir zu tun als dies; aber dessen hat er sich enthalten, um Güte walten zu lassen und um Freundschaft zwischen uns herzustellen.' Dann legte Daîla die Männerkleidung ab, kleidete sich in Frauengewänder, band sich das Tuch des Friedens um den Hals und begab sich in die Halle von Ahmed ed-Danaf.

Als 'All zur Halle gekommen war mit den Gewändern und den Brieftauben, hatte Schumân dem Verwalter das Geld für vierzig andere Tauben gegeben, und er hatte sie gekauft und für die Leute gekocht. Nun klopfte Daîla an die Tür, und Ahmed ed-Danaf sprach: ,Dies ist Dalîas Pochen; geh hin, öffne



1000-und-1_Vol-04-747 Flip arpa

ihr die Tür, o Verwalter!' Der ging hin, machte ihr auf, und Dalîla trat ein. — —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 714. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß Schumân, als der Verwalter die Halle öffnete und Dalîla eintrat, zu ihr sprach: ,Was führt dich hierher, du Unglücksalte? Du und dein Bruder Zuraik, der Fischhändler, ihr gehört wahrlich zusammen!' Sie gab ihm zur Antwort: ,Herr Hauptmann, ich bin im Unrecht; und dieser mein Hals ist in deiner Gewalt. Aber sage mir, wer von euch ist der Mann, der mir diesen Streich gespielt hat?' Ahmed ed-Danaf sagte: ,Er ist der Erste unter meinen Leuten.' Und Daîla bat: ,Tritt für mich bei ihm ein, daß er mir die Brieftauben und das andere zurückgibt; erweise mir diesen großen Dienst!' Da sagte Hasan Schumân: ,Allah vergelte es dir, o 'All, warum hast du die Tauben gekocht?' Und 'All erwiderte: .Ich wußte doch nicht, daß es Brieftauben waren.' Darauf befahl Ahmed: ,Verwalter, bringe sie uns!' Der brachte sie; und Daîla nahm ein Stück von den Tauben, kostete es und sprach: ,Dies ist kein Fleisch von den Brieftauben; ich habe sie mit Moschuskörnern gefüttert, und ihr Fleisch ist wie Moschus geworden.' Darauf hub Schumân an: ,Wenn du die Brieftauben haben willst, so erfülle den Wunsch 'Alls des Kairiners!' ,Worin besteht sein 'Wunsch?' fragte sie; und Hasan antwortete ihr: ,Darin, daß du ihn mit deiner Tochter Zainab vermählst.' Sie sagte nun: ,Ich habe keine Gewalt über sie, es sei denn in Güte.' Und Hasan rief 'All dem Kairiner zu: ,Gib ihr die Tauben!' Der tat es, und Daîla nahm sie hin und freute sich ihrer. Dann sprach Schumân zu ihr: ,Du mußt uns eine Antwort geben, die uns befriedigt!' Sie erwiderte: ,Wenn es wirklich sein Wunsch



1000-und-1_Vol-04-748 Flip arpa

ist, daß er sich mit ihr vermähle, so ist dieser Streich, den er gespielt hat, noch kein Zeichen von Schlauheit. Die wahre Schlauheit besteht darin, daß er sie von ihrem Oheim zur Frau begehrt, dem Hauptmann Zuraik; denn er ist ihr Vormund, er, der da ausruft: .O. ein Pfund Fische für zwei Heller!' und der vor seinem Laden einen Beutel mit zweitausend Goldstücken aufgehängt hat.' Als die Leute sie das sagen hörten, riefen sie: ,Was für Worte sind das, du Dirne! Du willst nur, daß wir unseren Bruder 'All el-Misri verlieren.' Dalîla ging nun von ihnen fort, begab sich zum Chân und sprach zu ihrer Tochter: ,'All der Kairiner hat um dich bei mir geworben.' Darüber freute sich Zainab; denn sie hatte ihn lieb gewonnen, weil er sich ihrer keusch enthalten hatte, und sie fragte ihre Mutter, was geschehen sei. Die erzählte ihr alles, was sich begeben hatte, und fügte hinzu: ,Ich habe es ihm zur Bedingung gemacht, daß er dich von deinem Oheim zur Frau begehrt, und so stürze ich ihn ins Verderben.'

Inzwischen wandte 'All el-Misri sich an seine Gefährten und fragte sie: ,Was ist es mit Zuraik? Was für ein Mann ist er?' Sie antworteten ihm: ,Er war das Oberhaupt der Genossen des Landes Irak; er hätte fast einen Berg durchbohren, die Sterne vom Himmel herunterholen und die Schminke von den Augenwimpern stehlen können, kurz, er hatte in seiner Art nicht seinesgleichen. Jetzt aber hat er allem abgeschworen und einen Fischladen aufgetan. Er hat durch den Fischhandel zweitausend Dinare zusammengebracht; die hat er in einen Beutel getan, an den Beutel hat er eine seidene Schnur gebunden, und an der Schnur hat er Schellen und Glöckchen aus Erz befestigt; und die Schnur läuft nun von dem Beutel bis zu einem Pflock drinnen im Laden, um den sie gewickelt ist. Und jedesmal, wenn er seinen Laden öffnet, hängt er den Beutel auf und ruft: ,Wo



1000-und-1_Vol-04-749 Flip arpa

seid ihr, Schelme Ägyptens, Genossen aus Irak, Meister aus dem Perserland? Zuraik, der Fischhändler, hat einen Beutel vor seinem Laden aufgehängt. Wer auf Schlauheit Anspruch macht, der soll ihn mit List entwenden und behalten!' Daher kommen denn auch die Genossen vom Volke der Begehrlichkeit und wollen ihn stehlen; aber sie vermögen es nicht. Denn er hat zu seinen Füßen Scheiben aus Blei, während er brät oder Feuer anmacht; und wenn ein Begehrlicher kommt, um ihn zu überrumpeln, so nimmt er eine Bleischeibe und wirft sie nach ihm und tut ihm einen Schaden oder tötet ihn. Wenn du nun, 'All, es mit ihm aufnehmen willst, so gleichst du einem, der einen Toten schlagen will und nicht weiß, wer gestorben ist; du bist ihm nicht gewachsen, dir droht Gefahr von ihm. Du hast es ja nicht nötig, dich mit Zainab zu vermählen; und wer eine Sache aufgibt, lebt auch ohne sie.' Doch 'All entgegnete: ,Das wäre eine Schmach. ihr Mannen! Ich muß den Beutel haben. Bringt mir aber Mädchenkleider!' Da brachten sie ihm solche Gewänder, und er legte sie an. Ferner färbte er sich die Hände mit Henna und ließ den Schleier weit herunterhängen. Auch schlachtete er ein Lamm, nahm das Blut und füllte es in den Darm, den er zuvor gereinigt und unten zugebunden hatte; dann befestigte er ihn an seinem Schenkel und zog Frauenhosen darüber und legte kurze Stiefel an. Schließlich machte er sich ein Paar Brüste aus Vogelkröpfen, die er mit Milch füllte, band sich auf den Bauch einen Packen Leinwand, unter den er Baumwolle legte, und gürtete sich mit einem wohlgestärkten Tuch. Jeder der ihn sah, rief: ,Welch schöne Hüften sind das!' Ihm begegnete ein Eseltreiber; dem gab er einen Dinar, und der ließ ihn reiten und lief mit ihm bis zum Laden Zuraiks, des Fischhändlers. Dort sah 'All den Beutel hängen und das Gold aus ihm herausleuchten. Zuraik aber



1000-und-1_Vol-04-750 Flip arpa

briet seine Fische; und 'All rief: ,Eseltreiber, was für ein Geruch ist dies ?' Jener antwortete: ,Es ist der Geruch von Zuraiks Fischen!' Und 'All fuhr fort: ,Ich bin eine schwangere Frau; der Geruch könnte mir schaden. Hole mir ein Stück Fisch von ihm!' Der Eseltreiber sprach zu Zuraik: ,Wie kannst du schon am frühen Morgen solchen Gestank schwangeren Frauen entgegenblasen! Ich habe die Gattin des Emirs Hasan Scharr et-Tarîk bei mir, und sie hat den Gestank riechen müssen, wo sie schwanger ist. Nun bring ihr ein Stück Fisch; denn das Kind regt sich in ihrem Leibe! O Schützer, o Gott, wende das Unheil dieses Tages von uns ab!' Da nahm Zuraik ein Stück Fisch und wollte es braten, aber das Feuer war erloschen, und so ging er nach drinnen, um es wieder zu entzünden. Derweilen hatte 'All el-Misri sich gesetzt, und er drückte auf den Schafdarm, bis er ihn zum Platzen brachte und das Blut zwischen seinen Beinen hervorströmte. Und er rief: ,Ach, meine Seite! Ach, mein Rücken!' Da wandte der Treiber sich um und sah das Blut fließen; und er fragte: ,Was ist dir, meine Herrin?' Der Schelm aber, der ja als Frau verkleidet war, erwiderte: ,Ich habe eine Fehlgeburt getan!' Auch Zuraik schaute heraus, und als er das Blut sah, lief er voller Schrecken in den Laden zurück. Doch der Eseltreiber rief: ,Allah strafe dich, Zuraik! Die Dame hat eine Fehlgeburt getan; und du vermagst nichts wider ihren Gatten. Warum hast du auch früh am Morgen solchen Gestank verbreitet? Ich sagte dir doch, du sollst ihr ein Stück Fisch geben; willst du es nicht tun?' Darauf nahm der Treiber seinen Esel und ging seiner Wege. Aber als Zuraik in seinen Laden hineinlief, streckte 'All seine Hand nach dem Beutel aus. Kaum hatte er ihn berührt, so klirrte das Gold in dem Beutel, und die Schellen und Glöckchen und Ringe begannen zu läuten. Da rief Zuraik: ,Dein Betrug ist ans Licht



1000-und-1_Vol-04-751 Flip arpa

gekommen, du Galgenvogel! Willst du mir in Weibergestalt einen Streich spielens Jetzt nimm, was dir zukommt!' Mit diesen Worten warf er eine Bleischeibe nach ihm, aber sie ging fehl und traf einen anderen. Nun erhob sich das Volk wider Zuraik und rief: ,Bist du ein Kaufmann oder ein Fechters Wenn du ein Mann des Marktes bist, so nimm den Beutel herunter und verschone das Volk mit deinem Unheil!' Er gab ihnen zur Antwort: ,Im Namen Allahs, gern!' Inzwischen kehrte 'All zur Halle zurück, und als Schumân ihn fragte, was er ausgerichtet habe, erzählte er ihm alles, was geschehen war. Dann legte er die Frauenkleider ab und sprach: ,Schumân, gib mir die Tracht eines Reitknechts!' Und er nahm sie hin und legte sie an. Darauf holte er eine Schüssel und fünf Dirhems, ging zu Zuraik, dem Fischhändler, und der sprach zu ihm: ,Was wünschest du, Meistere' Als 'All ihm die fünf Dirhems zeigte, wollte er ihm von den Fischen geben, die auf der Platte lagen. Doch 'All sagte: ,Ich will nur frisch gebratene Fische haben.' Da legte Zuraik die Fische in die Pfanne und wollte sie braten; aber das Feuer war erloschen, und so ging er weiter nach innen, um es wieder zu entzünden. Schnell streckte' Alî seine Hand aus, um den Beutel zu ergreifen; aber kaum hatte er das Ende davon berührt, so läuteten die Glöckchen und Ringe und Schellen. Und Zuraik rief ihm zu: ,Deine List hat mich nicht getäuscht, wenn du auch in Gestalt eines Reitknechtes zu mir gekommen bist. Ich habe dich an dem Griffe deiner Hand erkannt, mit dem du das Geld und die Schüssel hieltest.' — —« Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 715. 6Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß, wie 'All seine Hand ausstreckte, um den Beutel zu ergreifen, die Glöckchen und



1000-und-1_Vol-04-752 Flip arpa

Ringe läuteten, und daß Zuraik ihm zurief: ,Deine List hat mich nicht getäuscht, wenn du auch in Gestalt eines Reitknechtes zu mir gekommen bist. Ich habe dich an dem Griffe deiner Hand erkannt, mit der du das Geld und die Schüssel hieltest.' Zugleich warf er aber eine Bleischeibe nach ihm; 'All el-Misri wich ihr aus, und sie fiel in eine Pfanne, die voll von dem heißen Fleische war. Die Pfanne zerbrach, und ihr Inhalt ergoß sich mitsamt der Brühe auf die Schulter des Kadis, der gerade vorüberging; alles rann ihm dann in den Busen und kam sogar auf seine Schamteile. Da schrie der Kadi: ,Ach, meine Scham! Welche Gemeinheit, du Elender! Wer hat mir dies angetane' Die Leute sprachen: ,O Herr, das war ein kleiner Knabe, er hat mit einem Steine geworfen, der zufällig in die Pfanne fiel. Allah hat noch Schlimmeres von dir abgewendet!' Dann aber sahen sie sich um und fanden die Bleischeibe und wußten, daß Zuraik, der Fischhändler, sie geworfen hatte. Und sie erhoben sich wider ihn und sprachen: ,Das ist von Allah nicht erlaubt, Zuraik! Nimm diesen Beutel herunter: das ist besser für dich.' ,So Gott will, werde ich ihn herabnehmen'. erwiderte Zuraik.

Inzwischen begab 'All el-Misri sich wieder zur Halle und trat bei den Kumpanen ein. Die fragten ihn: ,Wo ist der Beute Da erzählte er ihnen alles, was geschehen war; und sie sagten nun: ,Du hast schon zwei Drittel seiner Schlauheit erschöpft.' Er aber zog seine Kleider aus, legte das Gewand eines Kaufmannes an und ging hinaus. Da traf er einen Schlangenbeschwörer mit einem Sack voll Schlangen und einem Ranzen, in dem er sein Gerät trug; zu dem sprach er: ,Du Schlangenmeister, ich möchte, daß du meinen Kindern deine Kunst zeigst; dann sollst du ein Geschenk erhalten.' Und er nahm ihn mit sich in die Halle, gab ihm zu essen und betäubte ihn



1000-und-1_Vol-04-753 Flip arpa

mit Bendsch. Darauf zog er die Kleider des Mannes an, ging zu Zuraik, dem Fischhändler, trat auf ilm zu und begann die Flöte zu spielen.' Zuraik rief: ,Allah sorge für dich!"Aber nun zog 'All die Schlangen heraus und warf sie vor sich nieder; und der Fischhändler, der sich vor den Schlangen fürchtete, floh in das Innere des Ladens. Da raffte 'All die Schlangen zusammen, tat sie in den Sack, streckte seine Hand nach dem Beutel und faßte sein Ende. Die Ringe und Schellen und Glöckchen erklangen, und Zuraik rief: ,Willst du mir immer noch Streiche spielen, so daß du dich gar als Schlangenbeschwörer verkleidest?' Er warf eine Bleischeibe nach ihm; aber da kam gerade ein Reitersmann vorbei, und hinter ihm lief sein Stallknecht: dem fiel die Scheibe auf den Kopf und streckte ihn nieder. Der Reiter rief: ,Wer hat ihn zu Boden geworfen?' Die Leute sagten: ,Das war ein Stein, der vom Dache fiel.' Als der Reiter seines Weges zog, wandten die Leute sich um und sahen die Bleiplatte; wieder traten sie zu Zuraik und sprachen zu ihm: ,Nimm den Beutel herunter!' ,So Gott will, werde ich ihn noch heute abend herunternehmen', gab er zur Antwort. 'All aber versuchte es immer wieder, Zuraik zu überlisten, bis er ihm sieben Streiche gespielt hatte, ohne doch den Beute! zu gewinnen. Dann gab er dem Schlangenbeschwörer seine Kleider und all sein Gerät zurück und machte ihm ein schönes Geschenk. Nun ging er noch einmal zu dem Laden Zuraiks, und da hörte er, wie jener sagte: ,Wenn ich den Beutel die Nacht über im Laden lasse, so wird der Schelm die Mauer durchbohren und das Geld stehlen; ich will es also lieber mit nach Hause



1000-und-1_Vol-04-754 Flip arpa

nehmen.' So machte er sich daran, den Laden zu räumen, und nahm auch den Beutel und barg ihn an seinem Busen. 'All folgte ihm, bis er in die Nähe seines Hauses kam. Dort bemerkte Zuraik, daß in seines Nachbarn Haus eine Hochzeit war, und er sprach bei sich: ,Ich will zuerst nach Hause eilen und meiner Frau den Beutel geben; dann will ich mir meine Festkleider anlegen und zu der Hochzeit gehen.' Er schritt also weiter, während 'All hinter ihm her schlich. Nun hatte Zuraik eine schwarze Sklavin zum Weibe, eine von den Freigelassenen des Wesirs Dscha'far, und hatte durch sie einen Sohn erhalten, den er 'Abdallah genannt hatte. Und er hatte ihr versprochen, das Geld aus dem Beutel auf die Feier der Beschneidung des Knaben und für seine Verlobung und sein Hochzeitsfest zu verwenden. Jetzt also trat Zuraik zu seiner Frau ein, mit bewölkter Miene; und sie fragte ihn: ,Warum runzelst du die Stirne' Er antwortete ihr: ,Gott hat mich heute mit einem Schelm heimgesucht, der mir sieben Streiche gespielt hat, um den Beutel zu stehlen; aber er hat ihn doch nicht erwischen können.' Da sagte sie: ,Gib ihn mir, auf daß ich ihn bis zur Hochzeit des Knaben bewahre!' und er gab ihn ihr. 'All der Kairiner aber hatte sich in einer Kammer versteckt und konnte alles hören und sehen. Nun zog Zuraik seine Kleider aus und legte sein Festgewand an; dabei sagte er zu seiner Frau: ,Hüte den Beutel gut, Umm 'Abdallâh! Ich gehe jetzt zur Hochzeit.' Doch sie bat ihn: ,Ruhe dich erst eine Weile aus!' Da legte er sich nieder und schlief. Jetzt aber erhob sich 'Alt, schlich auf den Zehenspitzen heran, ergriff den Beutel und begab sich dann in das Hochzeitshaus; dort blieb er, um der Feier zuzusehen. Nun hatte Zuraik ein Traumgesicht, daß ein Vogel den Beutel geraubt habe, und da wachte er voller Schrecken auf und rief Umm 'Abdallâh zu: ,Auf, sieh nach dem Beutel! 'Sie



1000-und-1_Vol-04-755 Flip arpa

schaute nach, aber sie fand ihn nicht; und sie schlug sich mit den Händen ins Gesicht und rief: ,O über die Schwärze deines Glücks, Umm 'Abdallah! Den Beutel hat der Schelm gestohlen!' ,Bei Allah,' rief Zuraik, ,den hat nur der Schelm 'All gestohlen! Ja, kein anderer als er hat den Beutel geraubt. Ich muß ihn wiederhaben!' Die Frau sagte: ,Wenn du ihn nicht wiederbringst, so schließe ich die Tür vor dir zu und lasse dich auf der Straße schlafen.' Darauf begab Zuraik sich zur Hochzeit und sah, wie der Schelm 'All zuschaute; und er sagte sich: ,Der ist es, der den Beutel gestohlen hat; doch er wohnt in der Halle von Ahmed ed-Danaf.' Und rasch eilte er ihm dorthin vorauf, kletterte auf der Rückseite empor, ließ sich in die Halle hinab und fand die Genossen schlafen. Da kam auch schon 'All und pochte an die Tür. Zuraik sprach: ,Wer steht an der Tür?' ,'All der Kairiner', kam die Antwort; und Zuraik fragte: ,Hast du den Beutel gebracht?' Nun glaubte 'All, es sei Schumân, und so sprach er: ,Ich habe ihn gebracht; öffne mir die Tür!' Aber Zuraik entgegnete ihm: ,Ich kann dir nicht eher aufmachen, als bis ich den Beutel sehe; denn ich habe eine Wette mit deinem Meister.' Da rief 'All: ,Streck deine Hand heraus!' Er streckte also seine Hand durch das Loch neben der Türangel', 'All gab ihm den Beutel, Zuraik nahm ihn hin, kletterte auf demselben Wege zurück, auf dem er gekommen war, und begab sich zur Hochzeit. 'All jedoch blieb eine Weile vor der Tür stehen, ohne daß jemand ihm öffnete. Schließlich schlug er donnernd gegen die Tür, so daß die Mannen erwachten; und sie riefen: ,Dies ist das Klopfen 'Alis aus Kairo!' Der Verwalter öffnete ihm alsbald und fragte ihn: ,Hast du den Beutel gebracht?' Doch 'Ali erwiderte: ,Genug des Scherzes! Schumân. habe ich dir nicht den Beutel durch



1000-und-1_Vol-04-756 Flip arpa

das Loch neben der Türangel gegeben? Und hast du mir nicht gesagt, du hättest geschworen, mir nicht eher die Tür zu öffnen, als bis ich dir den Beutel zeigte?' ,Bei Allah,' rief Schumân, ,ich habe ihn nicht erhalten! Das kann nur Zuraik gewesen sein, der ihn dir abgenommen hat.' Und 'All rief: ,Ich muß ihn wiederhaben.' Und alsbald kehrte er zu der Hochzeit zurück; dort hörte er, wie gerade der Possenreißer sagte: ,Eine Gabe, o Abu 'Abdallâh! Möge der Lohn bei dir deinem Sohne zuteil werden.' Da sagte sich 'All: ,Ich bin doch ein Glückskerl!" Und er ging zum Hause Zuraiks, kletterte von der Rückseite auf das Haus und ließ sich drinnen hinab. Die Frau. die er im Schlafe fand, betäubte er; dann zog er ihr Gewand an und nahm das Kind in seine Arme. Darauf ging er im Hause umher und suchte, bis er einen Korb mit Kuchen fand, die Zuraik in seinem Geize seit dem Feste' aufbewahrt hatte. Bald danach kehrte der Fischhändler nach Hause zurück und pochte an die Tür. Der Schelm 'All ahmte die Stimme der Frau nach und fragte: ,Wer steht an der Tür?' ,Abu 'Abdallâh', antwortete Zuraik; und 'All fuhr fort: ,Ich habe geschworen, dir nicht eher zu öffnen, als bis du mir den Beutel bringst.' ,Ich habe ihn gebracht', sprach der Fischhändler. ,So gib ihn her, ehe ich die Tür aufmache', rief' Alî. Da sagte Zuraik: ,Laß den Korb herab und hol ihn darin! 'Jener ließ den Korb herab, und Zuraik legte den Beutel hinein. Darauf nahm der Schelm 'All ihn an sich, betäubte das Kind und weckte die Frau. Und alsbald stieg er an derselben Stelle wieder hinunter, an der er hinaufgeklettert war, eilte zu der Halle, trat zu den Genossen ein und zeigte ihnen den Beutel und das Kind dazu. Da lobten



1000-und-1_Vol-04-757 Flip arpa

sie ihn; auch gab er ihnen die Kuchen, und sie aßen davon. Zu Schumân aber sprach er: ,Dieser Knabe ist der Sohn Zuraiks; verbirg ihn bei dir!' Der nahm ihn und versteckte ihn, holte ein Lamm und schlachtete es und gab es dem Verwalter; und der Verwalter kochte das Lamm als Ganzes, wickelte es in ein Leichentuch und bahrte es auf wie einen Toten.

Derweilen war Zuraik an der Tür stehen geblieben; dann aber klopfte er donnernd an. Da rief die Frau hinaus: ,Hast du den Beutel gebracht?' Und er antwortete ihr: ,Hast du ihn nicht in dem Korb emporgezogen, den du heruntergelassen hast?' Nun rief sie: ,Ich habe keinen Korb hinuntergelassen, ich habe auch keinen Beutel gesehen, ich habe überhaupt nichts bekommen.' ,Bei Allah,' sagte er, ,der Schelm ist mir zuvorgekommen und hat ihn noch einmal geholt.' Dann suchte er im Hause umher und fand, daß der Kuchen fehlte und der Knabe nicht dort war. Er rief: ,Wehe, das Kind!' Und die Frau schlug sich auf die Brust und rief: ,Ich und du vor den Wesir! Niemand anders hat meinen Sohn getötet als der Schelm, der die Streiche gespielt hat, und das alles um deinetwillen!' Zuraik sprach: ,Ich will für ihn haften.' Dann ging er hin, band sich das Tuch des Friedens um den Hals, begab sich zur Halle von Ahmed ed-Danaf und klopfte an die Tür. Nachdem der Verwalter ihm geöffnet hatte, trat er zu den Kumpanen ein. Da fragte Schumân: ,Was führt dich hierher?' Er antwortete: ,Tretet für mich bei 'All dem Kairiner ein, daß er mir mein Kind zurückgebe! Den Beutel mit Gold will ich ihm überlassen.' Schumân rief: ,Allah vergelte es dir, o 'All! Warum hast du uns nicht kundgetan, daß es sein Sohn ist?' ,Was ist mit ihm geschehen?' fragte Zuraik; und Schumân erwiderte: ,Wir haben ihm Trauben zu essen gegeben; da ist er erstickt und gestorben. Und dort ist er nun.' Zuraik rief: ,Wehe, das



1000-und-1_Vol-04-758 Flip arpa

Kind! Was soll ich seiner Mutter sagen?' Dann machte er das Leichentuch auf und entdeckte, daß ein gekochtes Lamm darin war, und er sprach: ,Du treibst Scherz mit mir, 'All!' Und nun gaben sie ihm sein Kind; Ahmed ed-Danaf aber sprach: ,Du hast den Beutel aufgehängt und gesagt, wer schlau sei, solle ihn nehmen, und wenn ein Schlauer ihn hole, so solle er ihn behalten. Jetzt ister das Eigentum 'Alls des Kairiners geworden.' ,Ich mache ihn ihm zum Geschenk', erwiderte Zuraik; und 'All Zaibak el-Misri sagte: ,Nimm ihn hin um deiner Nichte Zainab willen!' Als Zuraik dann sprach: ,Ich nehme ihn an', riefen die Genossen: ,Wir verlangen sie von dir zum Weibe für 'All den Kairiner.' Doch er entgegnete: ,Ich habe keine Gewalt über sie, es sei denn durch Güte.' Darauf nahm er sein Kind und den Beutel; und Schumân fragte ihn: ,Nimmst du die Werbung von uns an?' Er antwortete: ,Ja, ich nehme sie an von dem, der ihren Brautpreis zu zahlen vermag.' ,Was ist denn ihr Brautpreis?' fragte Hasan; und Zuraik erwiderte: ,Sie hat geschworen, daß niemand ihre Brust besteigen soll als er, der ihr das Gewand Kamars, der Tochter des Juden 'Adhra, und ihre anderen Sachen bringt.' — —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 716. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß Zuraik zu Schumân sagte: ,Zainab hat geschworen, daß niemand ihre Brust besteigen soll als er, der ihr das Gewand Kamars, der Tochter des Juden 'Adhra, bringt, dazu auch ihre Krone, den Gürtel und den goldenen Pantoffel.' Nun rief 'Alî: ,Wenn ich ihr nicht heute abend das Gewand bringe, so will ich keinen Anspruch auf sie haben.' Doch Zuraik sagte: ,O 'All, du bist des Todes, wenn du ihr einen Streich zu spielen versuchst.' ,Weshalb



1000-und-1_Vol-04-759 Flip arpa

denn?' fragte 'All; und die anderen erzählten ihm: ,Der Jude 'Adhra ist ein listenreicher und betrügerischer Zauberer, der die Geister zu Dienern hat; er hat vor der Stadt ein Schloß, dessen Wände abwechselnd aus goldenen und silbernen Ziegeln gebaut sind. Jenes Schloß ist für die Menschen sichtbar, solange er darinnen weilt; wenn er aber hinausgeht, so wird es unsichtbar. Er hat eine Tochter namens Kamar; und für sie hat er das Kleid aus einer Schatzhöhle gebracht. Er legt das Kleid auf eine goldene Schüssel, öffnet die Fenster des Schlosses und ruft dann: ,Wo sind die Schelme von Ägypten, die Genossen aus Irak, die Meister aus dem Perserland? Wer dies Kleid zu entwenden vermag, dem soll es gehören.' Alle Genossen haben versucht, es zu gewinnen; aber sie haben es nicht stehlen können, und er hat sie in Affen und Esel verwandelt.' Dennoch sprach 'All: ,Ich muß es gewinnen; und Zainab, die Tochter der listigen Daîla, soll in ihm bei der Hochzeit entschleiert werden.' Darauf begab 'All el-Misri sich zu dem Laden des Juden, und er fand in ihm einen Mann von hartem und rauhem Aussehen; bei ihm befanden sich eine Waage, Gewichte, Gold. Silber und Schubladen, auch stand dort ein Maultier. Nun erhob sich der Jude, schloß den Laden, tat das Gold und das Silber in zwei Beutel, die er in Satteltaschen legte und dem Maultier auflud. Dann saß er auf und ritt dahin, bis er draußen vor der Stadt war. 'All der Kairiner aber folgte ihm, ohne daß jener es bemerkte. Darauf nahm der Jude ein wenig Staub aus seinem Beutel, den er in der Tasche trug, murmelte Beschwörungen darüber und streute ihn in die Luft. Und plötzlich erblickte der Schelm 'All ein Schloß, das nicht seinesgleichen hatte. Dann stieg das Maultier mit dem Juden die Treppe hinauf; denn es war ein Geist, den der jude sich dienstbar gemacht hatte. Er nahm die Satteltaschen von dem Tiere



1000-und-1_Vol-04-760 Flip arpa

herunter, und es ging davon und verschwand. Darauf setzte sich der Jude in seinem Schlosse nieder, während 'All zuschaute, was er tat. Und er holte ein goldenes Rohr, hängte daran eine goldene Schale mit goldenen Ketten und legte das Kleid hinein. Alles das sah 'Alî, der hinter der Tür stand. Und alsbald begann der Jude zu rufen: ,Wo sind die Schelme aus Ägypten, die Genossen aus Irak und die Meister aus dem Perserland~ Wer dies Kleid durch seine Schlauheit entwenden kann, dem soll es gehören!' Dann murmelte er wieder Beschwörungen, und ein Tisch ward vor ihm hingestellt, und er aß; darauf erhob sich der Tisch mit Speisen von selbst und verschwand. Von neuem sprach der Jude Zauberworte, und da ward ihm ein Tisch mit Wein gebracht, und er trank. 'All sagte sich: ,Du kannst dies Kleid nur dann gewinnen, wenn er trunken ist.' Dann schlich er sich von hinten an den Zauberer heran und zückte ein Schwert aus Stahl in seiner Hand. Der Jude aber wandte sich um und beschwor die Hand, indem er zu ihr sprach: ,Halt ein mit dem Schwerte!' Da blieb die Hand mit dem Schwerte in der Luft stehen. 'Alt streckte die linke Hand aus, doch auch die blieb in der Luft stehen. Und desgleichen erstarrte sein rechter Fuß, so daß er nur noch auf einem Fuße stand. Darauf nahm der jude den Zauber von ihm, und 'All el-Misri ward wieder, wie er zuvor gewesen war. Nun entwarf der Jude eine geomantische Figur, und da ward ihm kund, daß jener Mann 'All Zaibak el-Misri hieß. Und er wandte sich zu ihm und sprach: ,Komm heran! Wer bist du, und was treibst du?' Der Schelm erwiderte ihm: ,Ich bin 'All der Kairiner, ein Bursche von Ahmed ed-Danaf. Ich habe um Zainab, die Tochter der listigen Dalîla, gefreit, und man hat mir als Brautpreis das Kleid deiner Tochter auferlegt. Also gib es mir, wenn du dein Leben retten willst, und werde Muslim!'



1000-und-1_Vol-04-761 Flip arpa

,Nach deinem Tode!' sagte der Zauberer; ,schon viele Leute haben mir Streiche spielen wollen, um das Kleid zu entwenden, aber keiner hat es mir rauben können. Wenn du auf guten Rat hören willst, so rette dich selbst! Man hat das Kleid nur deshalb von dir verlangt, damit du ins Verderben stürzest. Und hätte ich nicht erkannt, daß dein Glück größer ist als das meine, so hätte ich dir den Kopf abgeschlagen.' 'All freute sich, daß sein Glück größer war als das des Juden, wie der es selbst erkannt hatte; und so sprach er: ,Es bleibt kein Ausweg, ich muß das Kleid haben, und du mußt Muslim werden!' ,Ist dies dein unumstößlicher Wille?' fragte der Jude; und 'All antwortete: ,Jawohl.' Da nahm der Zauberer eine Schale mit Wasser, sprach Beschwörungen darüber und sprach zu 'All: .Tritt hervor aus der menschlichen Gestalt und nimm die Gestalt eines Esels an!' Und zugleich besprengte er ihn mit dem Zauberwasser. Da ward 'All zu einem Esel mit Hufen und langen Ohren und begann jah zu schreien wie die Esel. Dann zog der jude einen Kreis um ihn, und der ward zu einer Mauer; er selbst aber ergab sich dem Trunke bis zum Morgen. Nun sagte er zu 'All: ,Heute will ich dich reiten und das Maultier ruhen lassen!' Er legte das Kleid und die Schale und das Rohr mit den Ketten in einen Schrank, verließ das Haus und murmelte Beschwörungen über 'All, so daß er seinem Befehle folgte. Auch legte er ihm die Satteltaschen auf den Rücken und saß auf. Das Haus war indessen unsichtbar geworden; und so ritt er dahin, bis er bei seinem Laden abstieg. Dort leerte er den Beutel mit Gold und den Beutel mit Silber in die Schubladen vor ihm. 'All wurde in seiner Eselsgestalt angebunden; aber er hörte und verstand alles, nur konnte er nicht reden. Da kam plötzlich ein junger Kaufmann des Wegs, gegen den das Schicksal grausam gewesen war und der nur das bescheidene Handwerk eines



1000-und-1_Vol-04-762 Flip arpa

Wasserträgers hatte finden können. Der hatte die Armspangen seiner Frau mitgenommen und brachte sie dem Juden mit den Worten: ,Gib mir den Preis für diese Armspangen, auf daß ich mir einen Esel dafür kaufe.' ,Was willst du ihm aufladen?' fragte der Jude; und der Kaufmann erwiderte: ,Meister, ich will auf ihm Wasser aus dem Strome holen und durch den Erlös mein Leben fristen.' Der jude fuhr fort: ,Nimm meinen Esel dort!' So verkaufte der Mann ihm die Armspangen und erhielt als Preis für sie den Esel und einen Rest an Geld, den ihm der jude aushändigte. Darauf zog er mit dem verzauberten 'All el-Misri nach Hause; der aber sagte sich: ,Wenn der Eseltreiber dir den Packsattel und den Wasserschlauch auflädt und zehn Gänge mit dir macht, so wird er dir die Kraft rauben, und du mußt sterben.' Und wie nun die Frau des Wasserträgers herzutrat und ihm das Futter hinwarf, rannte er sie mit seinem Schädel um, so daß sie auf den Rücken fiel; dann sprang er auf sie, stieß mit seinem Maule nach ihrem Kopfe und ließ heraushängen, was sein Vater ihm vermacht hatte. Sie schrie laut auf, und die Nachbarn kamen ihr zur Hilfe und schlugen den Esel und trieben ihn von ihrer Brust fort. Da kam auch ihr Mann, der Wasserträger werden wollte, nach Hause, und sie rief ihm zu: ,Entweder scheide dich von mir, oder gib den Esel seinem früheren Herrn zurück!' ,Was ist denn geschehene' fragte er; und sie erwiderte: ,Das ist ein Teufel in Eselsgestalt; er ist auf mich gesprungen, und wenn die Nachbarn ihn nicht von meiner Brust gerissen hätten, so hätte er mir Schmähliches angetan." Er nahm den Esel und



1000-und-1_Vol-04-763 Flip arpa

führte ihn zu dem Juden zurück; der sprach zu ihm: ,Weshalb bringst du ihn zurück?' Der Mann gab ihm zur Antwort: ,Er hat meiner Frau Schmähliches antun wollen.' Da gab der Jude ihm sein Geld, und er ging seiner Wege. 'Adhra aber wandte sich zu 'All und sprach: ,Nimmst du deine Zuflucht zur List, du unseliger Kerl, so daß er dich mir zurückbringt?' — —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 717. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß der Jude, wie der Wasserträger ihm den Esel zurückbrachte, jenem sein Geld herausgab und sich zu 'Alt dem Kairiner wandte und zu ihm sprach: ,Nimmst du deine Zuflucht zur List, du unseliger Kerl, so daß er dich mir zurückbringt? Aber da es dir Freude macht, ein Esel zu sein, so will ich dich zu einem Schauspiel machen für groß und klein!' Und er nahm den Esel, setzte sich auf ihn und ritt dahin bis vor die Stadt. Dort nahm er wieder den Staub heraus, sprach Beschwörungen darüber und streute ihn in die Luft; da ward das Schloß sichtbar. Er ging hinauf, nahm die Satteltaschen von dem Rücken des Esels und zog die beiden Beutel mit Gold und Silber heraus; dann holte er das Rohr, hängte die Schale mit dem Kleide daran und rief, wie er jeden Tag zu tun pflegte: ,Wo sind die Genossen aller Länder? Wer kann dies Kleid stehlen?' Und wie zuvor sprach er Zauberworte; da ward ihm ein Tisch hingestellt, und er aß. Wiederum zauberte er; da stand der Wein vor ihm, und er begann den Trunk. Schließlich holte er eine Schale Wassers, sprach Beschwörungen darüber, sprengte es auf den Esel und sprach: ,Verlaß deine jetzige Gestalt und nimm deine frühere Gestalt an!' So wurde der wieder zum Menschen, wie er es gewesen war. Und nun sprach der Jude zu ihm: ,O 'All, nimm guten



1000-und-1_Vol-04-764 Flip arpa

Rat an und laß dir genug sein an dem Unheil, das ich dir angetan habe! Du hast es doch nicht nötig, dich mit Zainab zu vermählen und das Kleid meiner Tochter zu rauben; denn das soll dir nicht leicht werden. Laß ab von der Gier, es ist besser für dich; sonst verwandle ich dich in einen Bären oder einen Affen, oder ich gebe einem Geist Gewalt über dich daß er dich hinter den Berg Kâf wirft.' Doch 'All entgegnete ihm: ,O 'Adhra, ich habe geschworen, das Kleid zu holen; und ich muß es haben. Und du mußt ein Muslim werden, sonst töte ich dich!' ,O 'All,' sagte der Jude darauf, ,du bist wie eine Walnuß; wenn man sie nicht zerbricht, so kann man sie nicht essen.' Und er nahm eine Schale Wassers, sprach Zauberworte darüber und besprengte 'Alt, indem er sagte: ,Werde nun zu einem Bären!' Und sofort verwandelte er sich in einen Bären. Darauf legte er ihm einen Ring um den Hals und band ihm das Maul zu und fesselte ihn an einen eisernen Pflock; und wie er dann wieder beim Essen war, warf er ihm hin und wieder einen Brocken zu und goß die Neigen seines Bechers auf ihn herab. Als es Morgen ward, erhob sich der Jude, holte die Schale und das Gewand und beschwor den Bären. so daß er ihm in den Laden folgte. Dort setzte er sich nieder, leerte das Gold und das Silber in die Schublade und befestigte die Kette, die um den Hals des Bären lag, in dem Laden. 'All hörte und verstand alles; aber er konnte nicht reden. Nun kam ein Kaufmann zu dem Juden in seinen Laden und sprach: ,Meister, willst du mir den Bären da verkaufen? Ich habe nämlich eine Frau, und sie ist die Tochter meines Oheims. und man hat ihr verordnet, Bärenfleisch zu essen und sich mit Bärenfett zu salben.' Voller Freude sagte sich der jude: ,Jetzt will ich ihn verkaufen, damit der Mann ihn schlachte und wir Ruhe vor ihm haben!' doch 'Alt sprach in seiner Seele: ,Bei Gott, dieser Kerl



1000-und-1_Vol-04-765 Flip arpa

will mich schlachten! Aber die Rettung steht bei Allah.' Der Jude antwortete nun: ,Er ist ein Geschenk von mir für dich!' Und der Kaufmann nahm ihn mit, führte ihn zu einem Schlächter und sprach zudem: ,Hol deine Werkzeuge und komm mit mir!' Der Schlächter also nahm seine Messer und folgte ihm in sein Haus; dann trat er an den Bären heran, band ihn fest und begann das Messer zu wetzen und wollte ihn schlachten. Doch als 'All el-Misri ihn auf sich zukommen sah, entschlüpfte er seinen Händen und flog zwischen Himmel und Erde davon. Und er schwebte immer weiter dahin, bis er sich im Schlosse bei dem Juden niederließ.

Dies aber war auf folgende Weise geschehen. Der Jude war zu seinem Schlosse gegangen, nachdem er dem Kaufmann den Bären gegeben hatte. Dort hatte seine Tochter ihn befragt, und er hatte ihr alles erzählt, was geschehen war. Dann bat sie: ,Berufe einen Geist und frage ihn, ob dies wirklich 'All der Kairiner ist oder ein anderer Mann, der dich zu betrügen sucht.' Der Jude berief durch seinen Zauber einen Geist und fragte ihn: ,Ist es wirklich 'All der Kairiner, oder ist es ein anderer Mann, der einen Streich spielte' Da griff der Geist ihn und brachte ihn und sprach: ,Dies ist 'All el-Misri selber. Der Schlächter hatte ihn festgebunden und das Messer gewetzt und wollte ihn gerade schlachten, da hab ich ihn seinen Händen entrissen und hierher gebracht.' Wiederum nahm der Jude eine Schale mit Wasser, sprach seinen Zauber darüber und besprengte den Bären, indem er sprach: ,Kehre wieder in deine menschliche Gestalt zurück!' Da wurde er so, wie er früher gewesen war. Doch als Kamar, die Tochter des Juden, sah, daß er ein schöner Jüngling war, ward ihr Herz von Liebe zu ihm ergriffen, und auch sein Herz ward von Liebe zu ihr erfüllt. Und sie sprach zu ihm: ,Du Unseliger, warum willst du mein



1000-und-1_Vol-04-766 Flip arpa

Kleid rauben und zwingst meinen Vater dazu, daß er also an dir handelt?' Er gab ihr zur Antwort: ,Ich habe geschworen, es zu holen für Zainab die Gaunerin, auf daß ich mich mit ihr vermähle.' Doch sie fuhr fort: ,Schon andere als du haben meinem Vater Streiche gespielt, um mein Kleid zu entwenden; aber es ist ihnen nicht gelungen.' Und sie fügte hinzu: ,Drum laß ab von der Gier!' Dennoch bestand er darauf: ,Ich muß es haben, und dein Vater muß ein Muslim werden, sonst töte ich ihn.' Da sprach ihr Vater zu ihr: ,Sieh nur, meine Tochter, diesen Unseligen an, wie er sein eigenes Verderben sucht!' Und zu 'All sprach er: ,Jetzt werde ich dich in einen Hund verwandeln.' Dann nahm er eine Schale, in die Zauberworte eingegraben waren und die mit Wasser gefüllt war, sprach seine Beschwörung darüber und besprengte 'Alt, indem er sprach: .Nimm die Gestalt eines Hundes an!' Und alsbald wurde der Schelm zu einem Hunde. Der Jude aber und seine Tochter ergaben sich dem Trunke bis zum Morgen. Dann nahm er die Schale und das Kleid wieder fort, bestieg sein Maultier und beschwor den Hund, so daß er ihm folgen mußte. Und die anderen Hunde begannen ihn anzubellen; wie er aber bei dem Laden eines Trödlers vorbeikam, erhob der Mann sich und trieb die Hunde von ihm fort; da legte 'All sich vor ihm nieder. Der Jude wandte sich noch nach ihm um, sah ihn aber nicht mehr. Bald darauf räumte der Trödler seinen Laden auf und ging nach Hause, während der Hund ihm folgte. Als aber der Mann in sein Haus trat, schaute seine Tochter hin, und wie sie den Hund erblickte, verhüllte sie ihr Antlitz und sprach: ,Väterchen, bringst du einen fremden Mann und führst ihn zu mir herein?' Liebe Tochter,' entgegnete er, ,dies ist doch ein Hund!' Aber sie fuhr fort: ,Dies ist 'Alt der Kairiner, den der jude verzaubert hat.' Und sie wandte sich zu dem Hunde und fragte



1000-und-1_Vol-04-767 Flip arpa

ihn: ,Bist du nicht 'All der Kairiner?' Da gab er ihr mit dem Kopfe ein Zeichen, das Ja bedeutete. Nun fragte ihr Vater: ,Warum hat der jude ihn denn verzaubert?' Und sie erwiderte: ,Wegen des Kleides seiner Tochter Kamar; aber ich kann ihn befreien.' ,Wenn etwas Gutes geschehen soll,' sagte darauf der Trödler, ,so ist jetzt die Zeit dazu.' ,Wenn er sich mir vermählen will,' sagte die Tochter, ,so werde ich ihn befreien.' Da nickte der Hund mit seinem Kopfe ein Ja. Und sie nahm eine Schale, in die Zaubersprüche eingeritzt waren, und sprach Beschwörungen darüber. Aber da erscholl ein lauter Schrei, und die Schale entfiel ihrer Hand. Sie wandte sich um und entdeckte, daß es die Sklavin ihres Vaters war, die geschrieen hatte; und die sprach jetzt zu ihr: ,Meine Herrin, ist dies der Bund, der zwischen mir und dir besteht? Niemand hat dich diese Kunst gelehrt als ich allein, und du hast mir versprochen, du wollest nichts tun, ohne mich um Rat zu fragen; und wer sich dir vermähle, der solle sich auch mir vermählen, und eine Nacht solle mir gehören und die andere dir.' ,So ist es', sprach die Tochter des Trödlers. Doch wie der Mann diese Worte aus dem Munde der Sklavin vernahm, fragte er seine Tochter: ,Wer hat es die Sklavin gelehrt?' ,Lieber Vater,' antwortete sie, ,mich hat sie unterrichtet; frage du sie, wer sie unterrichtet hat!' Da fragte er die Sklavin, und sie erzählte ihm: ,Wisse, mein Gebieter, als ich bei dem Juden 'Adhra war, pflegte ich ihn zu belauschen, wenn er Beschwörungen sprach. Und wenn er zu seinem Laden ging, so schlug ich die Zauberbücher auf und las darin, bis ich die Geisterwissenschaft gelernt hatte. Eines Tages nun war er trunken und wollte mich zu sich aufs Lager ziehen; aber ich weigerte mich und sprach zu ihm: ,Das kann ich dir nicht gewähren, es sei denn, du werdest ein Muslim.' Dessen weigerte er sich, und so sprach ich zu ihm: ,Auf



1000-und-1_Vol-04-768 Flip arpa

zum Markte des Sultans!" Da verkaufte er mich dir, und so kam ich in dein Haus; und hier lehrte ich deine Tochter, aber ich stellte ihr die Bedingung, daß sie nichts von alledem ohne meinen Rat tun dürfe; und wer sich ihr vermähle, der solle sich auch mir vermählen, eine Nacht solle mir gehören und die andere ihr.' Darauf nahm die Sklavin eine Schale Wassers, murmelte Zaubersprüche darüber und besprengte den Hund, indem sie sprach: ,Kehre in deine menschliche Gestalt zurück!' Da ward er wieder ein Mensch, wie er es früher gewesen war. Der Trödler grüßte ihn und fragte ihn nach dem Grunde seiner Verzauberung; und 'All erzählte jenem alles, was ihm widerfahren war. — —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 718. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß 'All der Kairiner, als der Trödler ihn begrüßte und nach dem Grunde seiner Verzauberung und seinen Erlebnissen fragte, jenem alles erzählte, was ihm widerfahren war. Und der Trödler sprach zu ihm: ,Sind meine Tochter und die Sklavin nicht genug für dich?' Doch 'All erwiderte: ,Ich muß auch Zainab haben.' Plötzlich pochte es an die Tür. Da rief die Sklavin: ,Wer steht an der Tür?' Eine Stimme antwortete: ,Kamar, die Tochter des Juden! Ist 'All der Kairiner bei euch?' Die Tochter des Trödlers sprach: ,O du Judentochter! Wenn er bei uns ist, was willst du mit ihm tun? Geh, Sklavin, öffne ihr die Tür!' Die machte ihr die Tür auf, und Kamar trat ein; doch als sie 'All erblickte und er sie anschaute, rief er: ,Was hat dich hierher geführt, du Tochter eines Hundes?' Da sprach sie: ,Ich bezeuge, daß es keinen



1000-und-1_Vol-04-769 Flip arpa

Gott gibt außer Allah, und ich bezeuge, daß Mohammed der Gesandte Allahs ist.' So ward sie Muslimin. Dann fragte sie ihn: ,Geben im Glauben des Islams die Männer den Frauen die Morgengabe, oder bringen die Frauen den Männern eine Mitgift?' Er antwortete ihr: ,Die Männer geben den Frauen die Morgengabe.' ,Dann', fuhr sie fort, ,gebe ich mir selbst in deinem Namen eine Morgengabe, und zwar das Kleid, das Rohr, die Ketten und das Haupt meines Vaters, der dein Feind und der Feind Allahs war.' Mit diesen Worten warf sie das Haupt ihres Vaters vor ihn hin und sagte noch einmal: ,Dies ist das Haupt meines Vaters, der dein Feind und der Feind Allahs war.'

Der Grund aber, weshalb sie ihren Vater getötet hatte, war folgender: Als er 'All in einen Hund verzaubert hatte, sah sie im Traume eine Gestalt, die zu ihr sprach: ,Werde Muslimin!' Da nahm sieden Islam an; und als sie am nächsten Morgen aufgewacht war, bot sie ihrem Vater den islamischen Glauben dar; doch er lehnte ihn ab. Und weil er sich weigerte, den Islam anzunehmen, betäubte sie ihn mit Bendsch und tötete ihn. Nun ergriff 'All die Sachen, die Kamar gebracht hatte, und sprach zum Trödler: ,Morgen werden wir uns beim Kalifen treffen, damit ich mich mit deiner Tochter und mit der Sklavin vermähle.' Und er ging voller Freuden hinaus, um sich mit den Sachen in die Halle Ahmeds zu begeben. Unterwegs begegnete er einem Zuckerbäcker, der die Hände zusammenschlug und rief: ,Es gibt keine Macht und es gibt keine Majestät außer bei Allah, dem Erhabenen und Allmächtigen! Das Streben der Menschen ist sündhaft geworden und ergeht sich nur noch im Betrug. Ich bitte dich um Allahs willen, koste von diesem Zuckerwerk!' 'All nahm ein Stück davon und aß es; aber sieh, es war Bendsch darin. So betäubte der Zuckerbäcker



1000-und-1_Vol-04-770 Flip arpa

ihn, nahm ihm das Kleid, das Rohr und die Ketten ab und legte sie in den Kasten für das Zuckerwerk; dann lud er sich den Kasten und die Platte auf und ging seiner Wege. Gleich darauf traf er einen Kadi, und der rief ihm zu: ,Komm hierher. du Zuckerbäcker!' So trat er heran, setzte sein Gestell nieder. legte die Platte darauf und fragte: ,Was wünschest du?' Der Kadi erwiderte: ,Türkischen Honig und verzuckerte Mandeln!' Darauf nahm er ein wenig von beiden in die Hand und sagte: ,Dieser Honig und diese Zuckermandeln sind verfälscht. 'Dann nahm er etwas türkischen Honig aus seiner Brusttasche hervor und sprach zu dem Zuckerbäcker: ,Schau, wie gut dies zubereitet ist; iß davon und mache desgleichen!' Der Zuckerbäcker nahm und aß davon; weil aber Bendsch darin war, ward er betäubt. Da nahm der Kadi das Gestell und den Kasten mitsamt dem Kleid und den anderen Sachen. Den Zuckerbäcker legte er in das Gestell hinein, lud alles auf und begab sich zu der Halle. in der Ahmed ed-Danaf war.

Jener Kadi war nämlich Hasan Schumân. Und diese Geschichte trug sich folgendermaßen zu. Als 'All sich auf das Kleid verschworen hatte und fortgegangen war, um es zu holen, hatten die Genossen nichts mehr von ihm gehört. Da sprach Ahmed ed-Danaf: ,Ihr Mannen, geht und sucht nach eurem Bruder 'Alt el-Misri!' Sie zogen alsbald aus und suchten nach ihm in der Stadt. Hasan Schumân aber zog aus als Kadi verkleidet, und wie er dem Zuckerbäcker begegnete, erkannte er in ihm Ahmed el-Lakît; den betäubte er, und dann nahm er ihn mitsamt dem Kleide und brachte ilm zur Halle. Die Vierzig streiften derweilen umher und suchten in den Straßen der Stadt; 'Alî Kitf el-Dschamal trennte sich von seinen Genossen, und als er einen Volksauflauf sah, ging er zu den Leuten, die sich zusammendrängten. Da erblickte er 'All den Kairiner,



1000-und-1_Vol-04-771 Flip arpa

der betäubt in ihrer Mitte lag, und erweckte ihn aus der Betäubung. Wie der Kairiner nun erwachte, schaute er die Leute an, die sich um ilm versammelt hatten; und Kitf el-Dschamal rief ihm zu: ,Komm wieder zu dir!' ,Wo bin ich?' fragte der Kairiner; und 'All Kitf el-Dschamal und die anderen Leute sagten: ,Wir fanden dich betäubt hier liegen; aber wir wissen nicht, wer dich betäubt haben mag.' Er aber sprach: ,Mich hat ein Zuckerbäcker betäubt, und er hat mir alles abgenommen. Doch wohin ist er gegangen?' Da ward ihm gesagt: ,Wir haben niemanden gesehen; komm, wir wollen in die Halle gehen!' So begaben sie sich zur Halle, traten ein und fanden dort Ahmed ed-Danaf. Der begrüßte sie und fragte alsbald: ,Sag, 'All, hast du das Kleid mitgebracht?' ,Ich hatte es bei mir,' erwiderte 'All, ,und ich hatte auch noch anderes, darunter den Kopf des Juden. Da begegnete mir ein Zuckerbäcker; der betäubte mich und raubte mir alles.' So erzählte er ihm all seine Erlebnisse und fügte hinzu: ,Wenn ich nur den Zuckerbäcker wiedersehe, so werde ich ihn strafen!' Da trat plötzlich Hasan Schumân aus einer Kammer und fragte: ,Hast du die Sachen mitgebracht, 'All?' Und der Kairiner sagte auch zu ihm: ,Ich hatte sie bei mir, und ich hatte auch das Haupt des Juden. Da begegnete mir ein Zuckerbäcker und betäubte mich und raubte mir das Kleid und die anderen Sachen. Ich weiß nicht, wohin er gegangen ist; wenn ich nur wüßte, wo er ist, so würde ich es ihm heimzahlen! Weißt du denn, wohin jener Kerl verschwunden ist?' ,Ich weiß, wo er ist', erwiderte Hasan, öffnete die Kammer und zeigte ihm den betäubten Zuckerbäcker. Dann weckte er diesen aus der Betäubung, und als der die Augen aufschlug, sah er vor sich 'All den Kairiner und Ahmed ed-Danaf und die Vierzig. Er fuhr empor und rief: ,Wo bin ich? Wer hat Hand an mich gelegt?' Hasan Schumân sprach:



1000-und-1_Vol-04-772 Flip arpa

,Ich bin es, der dich gefaßt hat!' Und 'All el-Misri sprach: ,Du Lump, spielst du mir solche Streiche?' Und er wollte ihn totschlagen. Doch Hasan Schumân rief: ,Hebe deine Hand weg! Dieser ist jetzt mit dir verschwägert.' ,Verschwägert, wieso?' fragte 'All; und Hasan fuhr fort: ,Dieser ist Ahmed el-Lakît, der Sohn von Zainabs Schwester.' Nun sprach 'All: ,Warum hast du das getan, Lakît? 'Jener antwortete: ,Meine Großmutter, die listige Dalîla, hat es mir befohlen, und zwar nur deshalb, weil Zuraik, der Fischhändler, bei ihr war und zu ihr sagte: ,'All aus Kairo ist ein Schelm, ein abgefeimter Spitzbube; er wird sicherlich den Juden töten und das Kleid bringen.' Da ließ sie mich kommen und sprach zu mir: ,Ahmed, kennst du 'All den Kairiner?' ,Ja,' sagte ich, ,ich kenne ihn, ich habe ihm ja den Weg zur Halle von Ahmed ed-Danaf gezeigt.' Dann fuhr sie fort: ,Geh, stell dein Netz für ihn auf, und wenn er mit den Sachen kommt, so spiel ihm einen Streich und nimm ihm alles ab.' Ich zog darauf in den Straßen der Stadt umher, bis ich einen Zuckerbäcker sah; dem gab ich zehn Dinare, dafür erhielt ich sein Gewand, sein Zuckerwerk und seine Geräte, und dann geschah, was geschehen ist.' Da sagte 'All el-Misri zu Ahmed el-Lakît: ,Geh zu deiner Großmutter und zu Zuraik. dem Fischhändler, und tu ihnen beiden kund, daß ich die Sachen und den Kopf des Juden gebracht habe. Sag ihnen auch: ,Morgen werdet ihr ihn in der Staatsversammlung des Kalifen treffen; dann könnt ihr von ihm die Brautgabe für Zainab in Empfang nehmen!' Ahmed ed-Danaf aber freute sich über das alles, und er sprach: ,An dir ist die Erziehung nicht verloren gegangen, o 'All!'

Als es nun Morgen ward, nahm 'All der Kairiner das Kleid und die Schale und das Rohr und die goldene Kette und das Haupt des Juden 'Adhra, das er auf eine Lanze gespießt hatte;



1000-und-1_Vol-04-773 Flip arpa

und er zog hinauf zur Staatsversammlung mit seinem Oheim Ahmed und seinen Genossen. Dort küßten sie den Boden vor dem Herrscher. —

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 719. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß 'All der Kairiner, als er zur Staatsversammlung hinaufzog mit seinem Oheim Ahmed ed-Danaf und seinen Genossen, dort gemeinsam mit ihnen den Boden vor dem Herrscher küßte. Da blickte der Kalif sie an und sah unter ihnen einen Jüngling, den kein Mann an Tapferkeit hätte übertreffen können; er fragte die Leute nach ihm, und Ahmed ed-Danaf antwortete: ,O Beherrscher der Gläubigen, das ist 'All Zaibak el-Misri, das Oberhaupt der Genossen in Kairo; er ist der Erste meiner Jünger.' Nachdem der Kalif ihn betrachtet hatte, gewann er ihn lieb; denn er sah, wie die Tapferkeit ihm aus den Augen leuchtete und für ihn, nicht wider ihn zeugte. Da warf 'All den Kopf des Juden vor dem Herrscher nieder und sprach: ,Allen deinen Feinden ergehe es wie diesem, o Beherrscher der Gläubigen!' ,Wessen Haupt ist dies?' fragte der Kalif; und 'All erwiderte: ,Das Haupt des Juden 'Adhra!' Und als der Herrscher weiter fragte: ,Wer hat ihn getötet?' erzählte 'All der Kairiner ihm alles, was sich mit ihm zugetragen hatte, von Anfang bis zu Ende. Da sagte der Herrscher: ,Ich hätte nicht gedacht, daß du um töten könntest; denn er war ja ein Zauberer.' ,O Beherrscher der Gläubigen,' sprach 'All, ,Gott gab mir die Kraft dazu.' Darauf entsandte der Kalif den Präfekten in das Schloß des Juden, und der fand ihn dort ohne Kopf liegen. Man legte die Leiche in eine Kiste und brachte sie vor den Herrscher; und er gab den Befehl, sie zu verbrennen. Nun trat Kamar, die Tochter des Juden, hervor



1000-und-1_Vol-04-774 Flip arpa

und küßte den Boden vor dem Kalifen und tat ihm kund, daß sie die Tochter des Juden 'Adhra sei und daß sie den Islam angenommen habe. Dann erneuerte sie ihr Bekenntnis zum Islam vor dem Thron des Beherrschers der Gläubigen, und sie fügte hinzu: ,Sei mein Fürsprecher bei dem Schelm 'All Zaibak aus Kairo, auf daß er sich mit mir vermähle!' Und zugleich bat sie den Kalifen, ihr Vormund zu sein bei ihrer Vermählung mit 'All. Darauf schenkte er dem Kairiner das Schloß des Juden mit allem, was darinnen war, und sprach zu ihm: ,Erbitte dir eine Gnade von mir!' Und 'All erwiderte: ,Ich erbitte mir von dir die Gnade, daß ich auf deinem Teppich stehe und zum Essen an deine Tafel gehe!' ,Sag, 'Alt,' fuhr der Herrscher fort, ,hast du auch Leute?' ,Ich habe ihrer vierzig,' erwiderte jener, ,aber sie sind in Kairo.' Da befahl der Kalif: ,Schicke nach ihnen und laß sie aus Kairo kommen!' Dann fügte er aber hinzu: .O 'All. hast du auch eine Halle?' ,Nein', antwortete der Schelm. Da sagte Hasan Schumân: ,Ich schenke ihm meine Halle mit allem, was darin ist, o Beherrscher der Gläubigen.' Doch der Herrscher sprach: ,Deine Halle soll dein bleiben, o Hasan !'und befahl dem Schatzmeister. er solle dem Baumeister zehntausend Dinare geben, auf daß er eine Halle mit vier Estraden und mit vierzig Kammern für die Leute erbaue. Und weiter fragte der Kalif: ,O 'All, hast du noch einen Wunsch, den wir durch unseren Befehl dir erfüllen könnten?' ,O größter König unserer Zeit,' gab jener zur Antwort, ,ich möchte wünschen, daß du mein Fürsprecher seiest bei der listigen Daîla, damit sie mich mit ihrer Tochter Zainab vermähle und das Gewand der Tochter des Juden und ihre anderen Sachen als Brautpreis annehme.' Dalîla nahm die Fürsprache des Kalifen an und empfing die Schale, das Kleid, das Rohr und die Ketten aus Gold. Nun wurden die Eheurkunden niedergeschrieben,



1000-und-1_Vol-04-775 Flip arpa

die Urkunde für die Vermählung Zainabs mit 'All, ferner für die Tochter des Trödlers und für die Sklavin und für Kamar, die Tochter des Juden. Auch wies der Kalif ihm einen Sold an, gab ihm einen Platz am Tische des Mittags und des Abends, dazu Einkünfte. Gelder für Futter und besondere Geschenke. Nun begann 'All der Kairiner die Hochzeit zu rüsten, dreißig volle Tage lang. Er sandte auch einen Brief an seine Leute in Kairo, in dem er ihnen berichtete, welche Ehren ihm der Kalif erwiesen hatte; und er fügte hinzu in seinem Schreiben an sie: ,Ihr müßt gewißlich hierher kommen, um an der Hochzeitsfeier teilzunehmen; denn ich habe mich mit vier Jungfrauen vermählt.' Nach einer kurzen Weile kamen seine vierzig Genossen und waren bei der Feier zugegen. Er gab ihnen ihre Wohnung in der neuen Halle und erwies ihnen hohe Ehren; dann führteer sie vor den Kalifen, und der verlieh ihnen Ehrengewänder. Und die Kammerfrauen stellten Zainab im Gewande Kamars vor 'All el-Misri zur Schau, und er ging zu ihr ein, und da ward ihm offenbar, daß sie gleich einer undurchbohrten Perle und gleich einem noch nie gerittenen Füllen war. Danach ging er auch zu den anderen drei Jungfrauen ein und fand sie vollkommen an Schönheit und Liebreiz.

Später aber geschah es, daß 'All der Kairiner eines Nachts bei dem Kalifen auf Wache stand; und da sprach der Herrscher zu ihm: ,Ich wünsche, o 'All, daß du mir alle deine Erlebnisse erzählest von Anfang bis zu Ende!' So berichtete denn 'All ihm alles, was er erlebt hatte mit der listigen Dalîla, mit Zainab der Gaunerin und mit dem Fischhändler Zuraik. Dann befahl der Kalif, all das aufzuschreiben und das Buch in der königlichen Schatzkammer niederzulegen. Und so ward alles, was ihm begegnet war, aufgezeichnet, und man legte das Buch zu den anderen Geschichten, die von der Gemeinde des Besten der



1000-und-1_Vol-04-776 Flip arpa

Menschen berichten. Und sie lebten herrlich und in Freuden, bis Der zu ihnen kam, der die Freuden schweigen heißt, und der die Freundesbande zerreißt. Allah aber, der Hochgepriesene und Erhabene, weiß es am besten.

Ferner wird erzählt


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt