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DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSENDUNDEIN NÄCHTEN

VOLLSTÄNDIGE DEUTSCHE AUSGABE IN SECHS BÄNDEN

ZUM ERSTEN MAL NACH DEM ARABISCHEN URTEXT DER CALCUTTAER AUSGABE AUS DEM JAHRE 1839

ÜBERTRAGEN VON ENNO LITTMANN

BAND 4

IM INSEL-VERLAG


DIE GESCHICHTE VON DEN DREI WÜNSCHEN

Es war einmal ein Mann, der sein ganzes Leben lang wünschte, die Nacht der Allmacht' zu schauen, Wie der eines Nachts



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gen Himmel blickte, sah er die Engel und sah die Tore des Himmels offen. Auch sah er, wie alle Wesen, ein jedes an seiner Stelle, sich anbetend niederwarfen. Nachdem er das geschaut hatte, sprach er zu seiner Frau: ,Du, Allah hat mich die Nacht der Allmacht sehen lassen, und mir ist verheißen worden, bei ihrem Anblicke dürfe ich drei Wünsche tun, die mir erfüllt werden sollten. Nun frage ich dich um Rat: ,Was soll ich mir wünschen?' Da sagte die Frau: ,Sprich: O Allah, laß meine Rute größer werden!' Er sprach diesen Wunsch aus, und da wurde seine Rute so groß wie ein Kürbiskopf. Der Mann aber konnte sich nun mit ihr kaum noch erheben. Und wenn er seiner Frau nahen wollte, so lief sie vor ihm weg, von Ort zu Ort. Schließlich sprach er zu ihr: ,Was ist zu tun? Dies war doch dein Wunsch, die Folge deiner Brunst!' Sie gab ihm zur Antwort: ,Ich habe doch nicht begehrt, daß sie so groß werden sollte!' Da hob der Mann sein Haupt gen Himmel und sprach: ,0 Allah, befreie mich von dieser Plage und erlöse mich von ihr!' Nun aber wurde der Mann ganz glatt und hatte keine Rute mehr. Als seine Frau das sah, sprach sie zu ihm: ,Jetzt mag ich dich nicht mehr, dieweil du keine Mannheit hast.' Und er klagte: ,Dies kommt alles von deinem unseligen Rat und deiner törichten Art! Ich hatte drei Wünsche an Allah frei, durch die ich alle Güter der Erde und des Himmels hätte erlangen können. Jetzt sind schon zwei Wünsche dahin, und ich habe nur noch einen übrig.' Sie aber sagte: ,Bitte zu Allah dem Erhabenen, daß er dich mache, wie du früher gewesen bist!' Also betete er zu seinem Herrn und wurde, wie er gewesen war. Und all das geschah, o König, weil die Frau so töricht dachte.

Dies, o König - so schloß der sechste Wesir -, habe ich dir erzählt, auf daß du dich davon überzeugst, wie gedankenlos,



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schwachsinnig und töricht die Frauen sind. Drum hör nicht auf ihr Wort, töte nicht deinen Sohn. dein Herzblut. auf daß dein Name nach deinem Tode nicht aussterbe!' Also widerrief der König den Befehl, seinen Sohn hinzurichten. Doch als der siebente Tag anbrach, kam die Odaliske schreiend zum König herein und zündete ein großes Feuer an. Da packte man sie an Händen und Füßen und schleppte sie vor den König. ,Warum hast du das getan?' fragte der König; und sie erwiderte: ,Wenn du mir nicht mein Recht schaffest wider deinen Sohn, so werfe ich mich in dies Feuer; denn ich bin des Lebens überdrüssig. Ehe ich zu dir gekommen bin, habe ich meinen letzten Willen aufgeschrieben und meine Habe den Armen vermacht; denn ich bin zum Tode entschlossen. Du aber wirst so bittere Reue empfinden, wie der König sie empfand, weil er die Badhüterin bestraft hatte.' ,Und wie war das?' fragte der König; da erzählte die Odaliske: ,Mir ist berichtet worden, o König,


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