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Gustav Schwab -

Sagen des Klassischen Alterthums



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König Ödipus zeigt sich seinem Volke


Untergeordnete Götter

Helios (bei den Römern Sol) war der Sonnengott der Griechen und Führer des von Hephästos verfertigten Sonnenwagens. Früh am Morgen steigt er fern im Osten aus dem Meere auf und führt seinen Wagen mit den vier Rossen die Sonnenbahn dahin, bis er sich zum Meere des Westens herabsenkt. Auf goldnem Nachen fährt er dann zu seinem Wohnsitze, badet seine Rosse im Sonnenteich und ruht bei der Mutter, der Nacht. Nach späteren Sagen hat Helios am Ende der Erde ein Haus mit Ställen für seine Rosse, ferner glänzende Gärten unter der Obhut der Hesperiden und schöne Rinderherden, deren Zahl den Tagen des Mondjahres entspricht (350). Helios sieht alles, er ist der Allwissende und wurde daher bei Eiden zum Zeugen angerufen. Der Koloß von Rhodos war sein berühmtes Standbild.

Eos (Aurora) und Selene (Luna) sind die Schwestern des Helios. Die erstere, Göttin der Morgenröte, öffnet dem Bruder die Tore; die letztere, Mondgöttin, löst den Bruder ab, indem sie in ihrem von zwei weißen Rindern gezogenen Wagen mit mildem Licht am nächtlichen Himmel dahinzieht. Dieser ist auch sonst noch mit zahlreichen Sterngottheiten bevölkert worden. Die Hyaden (die Regenbringenden) waren ursprünglich Nymphen, wurden aber von Zeus als Sterne an den Himmel versetzt, wo sie mit ihren Schwestern, den Plejaden, ein Sternbild von zwölf Sternen bilden. Der Aufgang der Hyaden bedeutete für Griechenland den Eintritt der Regenzeit; die Plejaden (auch Siebengestirn genannt) waren die Sterne der Schiffahrt, weil mit ihrem Aufgang die ruhige, mit ihrem Niedergang die stürmische Zeit auf den Gewässern begann. Auch das Sternbild des Orion stammt aus der griechischen Mythologie. Orion war ein gewaltiger Riese, der die Plejaden verfolgte und ihnen selbst noch als Stern Furcht einjagte; sein Nebenstern Sirius wird als



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sein Hund bezeichnet. Der Regenbogen galt den Griechen als Wahrzeichen der Götterbotin Iris, die, von Zeus und Hera entsandt, rasch wie der Sturmwind von einem Ende der Welt zum andern, ja bis in die Tiefen des Meeres dringt.

Von den Windgöttern nennen wir Zephyros, den Westwind, sein Vater ist Aolos, der Herr der Winde; Boreas ist der wilde Nordwind, der stärkste der Windgötter.

Die Chariten (las Grazien) haben ihren Namen von Charis, der Gemahlin des Hephästos; sie sind die Göttinnen der Anmut, ohne sie entbehrt auch die Schönheit ihres Reizes; deshalb hat die Sage sie der Aphrodite als ständige Begleiterinnen beigesellt. Ihre Namen sind Aglaia, die Glänzende, Euphrosyne, die Erfreuende, und Thalia, die Blühende; sie werden gewöhnlich in einer Gruppe dargestellt, wie sie sich die Hände reichen oder sich umschlungen halten.

Mit ihnen verbunden erscheinen auch die musen, die Göttinnen des Gesangs, der Dichtkunst und der Kunst und Wissenschaften überhaupt. ES sind neun Musen, nämlich:

Alia, die Verkünderin der ruhmwürdigen Taten der Vergangenheit, Muse der Geschichte; sie wird dargestellt lorbeerbekränzt, mit Rolle und Griffel in der Hand.

Euterpe, die "Ergötzende", Muse der Tonkunst und der liedartigen Dichtung, dargestellt mit einer Doppelflöte.

Thalia, die "Blühende", Muse des Lustspiels, bei uns des Theaters überhaupt, durch komische Maske, Efeukranz und Krummstab bezeichnet.

Melpomene, die "Singende", Vertreterin des Trauerspiels, mit der Heroenmaske in der Hand dargestellt.

Terpsicore, die "Tanzfrohe", die Muse der Tanzkunst und des Chorgesangs, dargestellt mit der Lyra.

Erato, die Muse des Liebesliedes, abgebildet mit der Zither (Kithara) in der Linken, spielend, singend und tanzend.

Polvmnia (Polyhymnia), die "Hymnenreiche", Vertreterin der ernsten, gottesdienstlichen Gesänge, sie wird ohne Abzeichen, in einen Mantel gehüllt, dargestellt.

Urania, die "Himmlische", Muse der Sternkunde, daher gewöhnlich mit einer Himmelskugel in der Hand abgebildet.

Kalliope, die "Schönstimmige", Muse der erzählenden Dichtkunst und der Wissenschaft überhaupt, mit Tafel oder Rolle dargestellt.



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Die mören (latein. Parzen), die Schicksalsgöttinnen, die jedem sein Geschick zuteilen, sind ihrer drei: Klotho, die "Spinnerin", spinnt den Lebensfaden, Lachesis, die Losbestimmerin, bestimmt seine Länge, und Atropos, die Unabwendbare, schneidet ihn ab. Mehr oder weniger Schicksalsgöttinnen sind auch Tyche (latein. Fortuna), die Göttin, die Glück und Unglück bringt, die ihre Gaben wahllos über die Menschen ausschüttet und nach blindem Zufall den einen beglückt, an dem andern vorübergeht, ferner Nemesis, eigentlich die Göttin des gerechten Gleichmaßes, erst später gilt sie als Rächerin von menschlichem Frevel und ist dadurch mit den Erinnyen verwandt. Sie wird mit Steuerrad oder Wage oder mit Schwert und Geißel auf einem von Greifen gezogenen Wagen dargestellt.

Die Horen, die Göttinnen der Jahreszeiten, öffnen und schließen als Dienerinnen des Zeus den Olymp, führen die Wolken herauf und zerstreuen sie; der Erde verleihen sie Gedeihen und Fruchtbarkeit, auch den Menschen bringen sie Jugendschönheit und Glück. Daher erscheinen sie in Gesellschaft der Aphrodite, die sie mit Blumen schmücken. Je nachdem die Griechen zwei oder drei Jahreszeiten für ihr Land annahmen, schwankt ihre Zahl. Die Hore Dike (Gerechtigkeit) wird von den Dichtern viel besungen.

Die Nymphen galten als niedere Gottheiten und wohltätige Geister von Bergen, Bäumen, Wiesen, Grotten usw. Sie leben und weben in Flur und Wald, führen Tänze auf, jagen das Wild, pflanzen Bäume und erweisen sich den Menschen auf verschiedene Weise hilfreich. Man unterschied Najaden (Wassernymphen, Dryaden (Baumnymphen), Oreaden (Bergnymphen) und Nereiden oder Okeaniden (Meernymphen). Bei den Römern erscheinen in ihrer Gesellschaft oft Faune, wilde Naturgeister, halb in Menschen-, halb in Bockgestalt, welche das lustige Völklein der Nymphen schrecken (siehe auch Pan S. 256).

Die Harpyien sind die Göttinnen des rasenden Sturmes; sie erscheinen den Menschen zur Plage, blitzschnell wie der Wind sind sie da, zu schrecken und zu verderben. Die spätere Kunst stellt sie halb als Jungfrauen, halb als Raubvögel dar; in dieser Gestalt sind sie auch auf Wappen verwendet.


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