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Gustav Schwab -

Sagen des Klassischen Alterthums



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König Ödipus zeigt sich seinem Volke


me Entstehung der Götter und des Menschengeschlechts

Nachrichten über die griechischen Götter verdanken wir den griechischen Dichtern, besonders dem Hesiod und Homer. Nach ihnen war im Anfang das Chaos. der unermeßliche, leere Raum, ein gähnender Abgrund. Drei urzeitliche Göttergewalten bewohnten das Chaos: Gäa, die Erde, Tartaros, der Abgrund unter der Erde. und Eros, die Lies. Gäa brachte Uranos, den Himmel, Pontos, das Meer, und die Gebirge hervor. Mit Uranos vermählt, wurde Gäa die Mutter der Titanen (Kronos, Rhea u. a.), der Kyklopen und der Giganten (hundertarmigen Riesen). Uranos haßte seine Kinder und verbarg sie, daß sie nicht ans Tageslicht kommen konnten. Da entflammte die Mutter Erde ihren Sohn Kronos zur Rache gegen den unbarmherzigen Vater; Uranos wurde von dem eigenen Sohne verstümmelt und der Weltherrschaft beraubt. Kronos nahm seine Schwester Rhea zur Gemahlin. Von ihnen stammen drei Söhne: Hades, Poseidon und Zeus, und drei Töchter: Hestia, Demeter und Hera. Um vor dem Geschick seines Vaters bewahrt zu bleiben, verschlang Kronos seine Kinder sofort nach der Geburt; weil sie aber unsterbliches Leben besaßen, blieben sie trotzdem erhalten. Nach der Geburt des jüngsten Sohnes Zeus täuschte Rhea den argwöhnischen Gatten, indem sie ihm einen in eine Windel gewickelten Stein zum Verschlingen gab. Der Knabe Zeus aber wuchs auf der Insel Kreta zum Manne heran, der mit gewaltiger Kraft den Vater Kronos stürzte und ihn zwang, die verschlungenen Kinder wieder dem Lichte zurückzugeben.

Zeus trat nun mit seinen Geschwistern die Weltherrschaft an. Die Titanen aber wollten sich ihm nicht unterwerfen. Da bezwang er sie mit Hilfe der Kyklopen und Giganten und warf sie



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gefesselt in den Tartaros. Hier wurden sie von ehernen Schranken und dreifacher Nacht umschlossen und von den Giganten bewacht. Die Kyklopen schenkten Zeus den verderblichen Blitz und den Donner; einige der Titanen hatten sich freiwillig unterworfen, z. B. Okeanos, der große Weltstrom, und Themis, ferner die Titanensprossen Helios, Styx u. a.

Nach der griechischen Götterlehre thronte dieses dritte, neue Göttergeschlecht auf dem Olympos, einem hoch in die Wolken hineinragenden Berge an der Grenze zwischen Thessalien und Makedonien. Die Götter bildeten eine große Familie. Das Oberhaupt war Zeus, der Herrscher der Welt. Sein Bruder Poseidon beherrschte das Meer, der zweite Bruder Hades die Unterwelt, welche selbst auch Hades genannt wird. Die Erde war gemeinschaftlicher Besitz aller Götter. Zeus vermählte sich mit seiner Schwester Hera; die Kinder des Zeus nahmen ebenfalls als Götter und Göttinnen an der Weltherrschaft teil, z. B. Pallas Athene, die aus dem Haupte des Zeus entsprang, Hephästos, Ares und Hebe; Apollon, Artemis, Aphrodite, Hermes und Persephone. Die Götter sind in ihrem Aussehen wie in ihrem Leben nach dem Vorbild der Menschen geschaffen, nur daß sowohl ihre äußere Erscheinung als auch ihre Macht und Stärke über menschliches Maß hinausgeht. Wie die Menschen bedürfen sie des Tranks und der Speise sowie des Schlafes. Nektar und Ambrosia, den ihnen Hebe und der liebliche, vom Adler des Zeus entführte Knabe Ganymedes darreichen, sind den Göttern Speise und Trank und verleihen ihnen Unsterblichkeit und ewige Jugendfrische. Dies ist ihr wesentlichster Vorzug vor den Menschen; denn vor Sorge und Angst, Not und Schmerz sind sie nicht geschützt. Allmacht und Allwissenheit kommt den griechischen Göttern nicht zu, über ihnen waltet das unabänderliche Schicksal, dem sie selbst so wenig entgehen wie die Menschen. Weil die Götter einen Körper haben, sind sie an Ort und Zeit gebunden; doch sind ihre Sinne schärfer, so daß sie in weite Fernen sehen und hören und große Räume in kürzester Zeit durcheilen können. Durch guten Rat, weise Voraussicht und Vorbereitung der Ereignisse, zweckmäßige Einrichtung der Dinge, manchmal auch durch gewaltsames Eingreifen, bestimmen sie die Geschicke der Menschen. Die Vorstellung, daß die Götter die Menschen lieben, steht den Griechen fern; eine Belohnung des Guten findet nicht statt, dagegen wird das Böse von ihnen bestraft.



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über die Entstehung des Menschengeschlechts hatten die Griechen keine übereinstimmende Vorstellung. Teilweise herrschte die Ansicht, daß die Götter die Menschen geschaffen haben; anderseits wurde angenommen, daß Götter und Menschen aus der gemeinsamen Mutter, der Erde, hervorgegangen seien. Gott Zeus verlangte von den Menschen Dienste und Verehrung. Die Griechen hegten große Scheu und Ehrfurcht vor ihren Göttern, brachten ihnen willig Opfer dar und suchten den Willen der Götter zu erforschen, um nicht gegen ihren Ratschluß zu handeln. Neben den Opfern gehörten Gebete und Gelübde, Darbringung von Geschenken. Reinigung des Körpers, der Kleider, der heiligen Geräte zu den gottesdienstlichen Handlungen. Ursprünglich wurden die Götter auf Bergen und in heiligen Hainen verehrt; später errichtete man ihnen Tempel mit Altären, Säulen, Standbildern. Die Priester bildeten keinen besonderen Stand, doch genossen sie hohes Ansehen und gewannen großen Einfluß durch die Orakel, von denen dasjenige zu Delphi das berühmteste war.


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