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Kapitel 

DICHTKUNST DER KASSAIDEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1928

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT ZWEI KARTEN UND ZEHN ABBILDUNGEN

Der Nachäffer (Baluba; Bena Kaloschi;Bena Kassasse)

Kabemba (ein kleiner Tagvogel) und Tschipungulu (die Nachteule) schlossen Freundschaft. Kabemba kam mit Weib und Kind zu Tschipungulu und war in Tschipungulus Dorfe Gast. Tschipungulu sagte zu seinen Leuten: "Ich werde nicht sprechen. Wenn ich meinen Kopf so herumdrehe, so sollen die Frauen Essen bereiten. Wenn ich meinen Kopf so herumdrehe, sollen die Männer Malafu (Palmwein) bereiten."

Kabemba und seine Leute kamen. Tschipungulu sprach nicht. Tschipungulu wandte den Kopf (rechts herum). Die Frauen machten Essen und brachten es. Tschipungulu wandte den Kopf (links herum). Die Männer brachten den Malafu. Kabemba und seine Leute wunderten sich. Es war fast alles gegessen. Nur die Nkunde (Bohnen) waren noch am Feuer. Tschipungulu redete. Tschipungulu sagte zu Kabemba und seinen Leuten: "Dies Haus ist für euch.



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Wenn die Nkunde fertig sind, werde ich sie euch bringen lassen." Kabemba und seine Leute gingen in das Haus.

Tschipungulu sagte zu seinen Leuten: "Ich werde mich in einen kleinen Topf setzen, den stülpt in einen großen. Darüber tut kalte Nkunde. Über die kalten Nkunde mit dem Topfe darunter schüttet die warmen Nkunde. Dann bringt das Essen hinein. Ich kann so hören, was die Kabemba reden. Ich glaube, sie machen sich über mich lustig." Die Leute machten es so.

Die Nkunde kamen hinein. Die Leute Kabembas aßen. Kabemba sagte: "Welch wunderlicher Vogel, der Tschipungulu! Statt zu reden, winkt er mit dem Kopfe zur einen Seite und die Frauen bringen Essen. Er winkt mit dem Kopfe zur andern Seite, die Männer bringen Malafu. So sitzt er da (der Erzähler ahmt die kauernde Hockstellung des Schuhus mit dem eingezogenen Kopfe nach). Einen so dicken großen Kopf hat er." Die Leute Kabembas aßen die Nkunde auf. Sie waren fast fertig; da ging es: "Tääääää!" Tschipungulu flog empor und oben zum Dache heraus. Kabemba sagte: "Er hat alles gehört, das war Tschipungulu !"

Am andern Tage gingen Kabemba und seine Leute aus der Hütte. Sie bekamen noch ein Geschenk an Ziegen und Hühnern. Sie kamen heim. Tschipungulu sagte: "Ich komme in zehn Tagen zu Besuch."

Tschipungulu kam mit Weib und Kind zu Kabembas Dorfe. Kabemba saß schweigend da. Er wollte es ebenso machen wie Tschipungulu. Er wandte den Kopf nach der einen Seite. Es brachte niemand Essen. Er wandte den Kopf zur andern Seite. Es brachte kein Mann Malafu. Tschipungulu sagte: "Wir haben Hunger." Kabemba sagte: "Frauen, macht Essen und bringt es. Männer, bringt Malafu." Er sagte so. Die Männer brachten Malafu. Die Frauen machten Essen und brachten es.

Es waren nun noch die Nkunde zu essen. Die Nkunde standen am Feuer. Kabemba sagte zu Tschipungulu und seinen Leuten: "Geht in jenes Haus, ich schicke die Nkunde." Kabemba wollte es ebenso machen wie Tschipungulu. Kabemba sagte: "Tut mich in einen kleinen Korb, setzt mich in einen großen Topf und schüttet die Nkunde darüber. Wenn die Bohnen gar sind, bringt sie hinein, ich höre dann, was Tschipungulu und seine Leute von mir sagen und fliege, wenn sie die Nkunde gegessen haben, zum Dache hinaus!"

Die Leute Kabembas setzten ihn in einen Korb. Sie setzten den Korb in einen großen Topf, sie taten aber nicht kalten Nkunde darüber, sondern schütteten alle Nkunde darüber und setzten den Topf mit dem Korb und den Bohnen ans Feuer (aus Dummheit!). Sie wollten wissen, wie es Kabemba aushielte. Sie hoben die Bohnen empor. Unten lag Kabemba, schwarz, mit verbrannten Federn. Die Leute Kabembas begannen zu weinen und zu klagen. Kabemba war tot.



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Tschipungulu hörte das Weinen und Klagen. Er kam heraus. Die Leute sagten: "Kabemba ist über dem Feuer gestorben." Tschipungulu sah alles. Er sagte: "Ich war schlau, Kabemba wollte auch schlau sein. Er konnte es nicht."

Tschipungulu machte mit dem Sohne Kabembas Freundschaft.


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