Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

DICHTKUNST DER KASSAIDEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1928

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



Atlantis Bd_12-0004 Flip arpa

TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT ZWEI KARTEN UND ZEHN ABBILDUNGEN

Kabundji und Kaschiama (Bassonge; Bena Ki)

Kabundji (Marder) und Kaschiama (Leopard) hatten Kameradschaft gemacht. Kaschjama kam zu Kabundji und sagte: "Ich habe im Busch eine Kautschukliane entdeckt, deren Früchte sehr gut sind. Ich kann aber nicht hinauf. Steig du doch hinauf und wirf mir die Früchte herunter."Kabundji sagte: "Wir wollen sehen." Sie kamen zu dem Baume. Kabundji stieg hinauf und begann von den Früchten zu essen. Er aß die Früchte und warf die Blätter hinab. Kaschiama rief: "Nun, warum wirfst du keine Früchte herunter?" Kabundji sagte: "Warte nur, ich komme und bringe alle mit herunter, man kann sie nicht so werfen !" Kabundji pflückte noch einen Arm voll. Er nahm sie an sich. Er schlüpfte an der Seite des Baumes, die Kaschiama nicht beachtete, herab und schnell in sein Loch. Kaschiama wollte ihn zwar noch greifen, er war aber nicht schnell genug. Kabundji war in seinem Erdloche.



Atlantis Bd_12-337 Flip arpa

Kaschiama wartete und wartete an dem Erdloch. Er suchte sich einen passenden Platz oben zwischen den Bäumen, von wo aus er gut beobachten konnte, und streckte sich zwischen den Zweigen zum Schlafen aus. Kabundji schlüpfte inzwischen an einer andern Stelle aus seinem Erdbau. Er lief dahin, wo Kaschiama schlief und rief: "Bruder, Bruder, Bruder, schliefst du gut?" Kaschiama sah herunter und sah Kabundji. Kaschiama rief: "Du bist nicht gut; du hast unten alle Früchte gegessen. Ich habe dich seitdem gesucht." Kabundji sagte: "Ach laß nur; das war ja doch nur ein ganz kleines Bäumchen. Ich kenne aber einen ganz großen, du sollst alle Früchte haben!" Kaschiama sagte: "Gut, gehen wir hin." Sie gingen hin zu dem Mimuma biandundu (Kautschukliane). Kabundji sagte: "Brich mir von dem Palmbaum einen Wedel ab. Ich will alle Früchte hineinwickeln und sie herabwerfen." Kaschiama gab den Wedel. Kabundji stieg hinauf, sammelte alle Früchte und warf sie hinab. Kaschiama nahm das Bündel und ging nach Hause.

Kabundji sagte zu Kaschiama: "Meine Frau hat mir einen Sohn geboren. Wir haben ihm den Namen Kaschiama gegeben." Kaschiama sagte: "Ihr habt eurem Sohne meinen Namen gegeben. Ich werde morgen mit meinem Bruder hierherkommen, um deinen Sohn zu sehen." Am andern Morgen kam Kaschiama mit seinem Bruder. Sein Bruder (oder Freund) war Kafumbu (der Elefant). Kabundji bekam einen gewaltigen Schreck. Kabundji sagte: "Ich bin so (Geste) klein (Erzähler zeigt es an seinem Arme). Der Kaschiama ist (schon) groß. Kafumbu ist groß, groß, groß, groß !" Kabundji schlüpfte eilig in sein Loch. Kafumbu sagte zu Kaschiama: "Du hast mich hierhergeführt, um mir Kabundjis Sohn zu zeigen. Kabundjis Sohn soll deinen Namen erhalten haben. Wo ist Kabundji und sein Sohn?" Kaschiama sagte: "Ich habe dir die Wahrheit gesagt. Ich habe dir gesagt, was Kabundji mir gesagt hat. Ich weiß nicht, wo Kabundji ist." Kaschiama und Kafumbu traten den Rückweg an.

Kabundji sah, daß sie gingen. Er rief (hinter ihnen her): "Morgen sollen alle großen Tiere kommen, dann werde ich meinen Sohn Kaschiama zeigen !" Am andern Tage kamen alle großen Tiere. Kabundji guckte aus seinem Loche heraus. Kabundji sah alle großen Tiere. Kabundji sagte: "Alle Tiere müssen zurücktreten in einen großen Kreis. Dann will ich meinen Sohn Kaschiama herumzeigen." Die Tiere traten zurück. Kabundji nahm seinen Sohn heraus und zeigte ihn umher. Er zeigte ihn ganz schnell herum. Er sagte: "Da, da, da, da !" Er zeigte ihn schnell herum. Keiner konnte den kleinen Kaschiama (recht) sehen. Er schlüpfte schnell wieder in sein Loch. Die Tiere sagten: "Wir haben nicht gesehen, zeig näher !" Kabundji sah, daß Kaschiama ganz nahe heranschlich. Kabundji



Atlantis Bd_12-338 Flip arpa

sagte: "Ich will es sagen: "Der (kleine) Kaschiama lebt nicht mehr, der (große) Kaschiama hat ihn totgebissen." Die Tiere sagten: "Wir wollen ihn sehen!" Kabundji sagte: "Ich zeige euch den toten Kaschiama." Kabundji ging in sein Loch; er machte ein Paket aus Kräutern. Es war, als ob eine Leiche darin wäre. Der kleine Kabundji war nicht darin; es war nichts darin.

Kabundji kam mit dem Kräuterpakete heraus und zeigte es herum. Kabundji sagte: "Das ist der tote kleine Kabundji." Kaschiama war dicht herangeschlichen. Kaschiama sprang auf das Paket zu. Er wollte den kleinen Kaschiama verzehren. Kabundji schlüpfte in sein Loch. Kaschiama zerriß das Paket. Es war nichts darin. Kaschiama ging davon.

Kabundji rief: "Wäre mein Sohn lebend unter euch gekommen, so hätte ihn Kaschiama gegessen. Wenn mein Sohn groß ist, werdet ihr ihn sehen. Er bleibt unter der Erde."

Die Tiere sagten (unter sich): "Kabundji ist schlau, Kaschiama wollte seinen Sohn essen."

Kabundji ging in sein Haus. Die Tiere gingen. —


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt