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Kapitel 

DICHTKUNST DER KASSAIDEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1928

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT ZWEI KARTEN UND ZEHN ABBILDUNGEN

Kabundji und Gulungwe (Baluba; Bena Kalosch)

Gulungwe (Antilope) und Kabundji (Marder) gingen einmal aus, Essen zu suchen. Sie kamen in ein Haus, da fanden sie sehr viel, so viel, daß Kabundji sogleich seinen Sack ganz vollstopfen und ihn draußen bergen konnte; so viel, daß Gulungwe sich den Magen ganz vollfraß und nicht mehr aus der Türe des Hauses herauskam. "Was soll ich nun machen?" rief Gulungwe. Kabundji war mit seinem Sacke schon zur Türe hinaus und rief: "So krieche doch in die Erde 1" Das tat Gulungwe. Gulungwe machte ein Loch in den Boden und verkroch sich so, daß nur ein Auge hervorsah.

Die Leute kamen nun herein und die Frau sagte zu ihrer Tochter: "Nimm einen Palmwedel und fege den Boden rein." Die Tochter nahm also den Palmwedel und begann zu fegen und reinzumachen, und so fand sie das hervorragende Auge Gulungwes. Sie war fast



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erschrocken vor Freude und rief: "Sieh, Mutter, die schöne Perle!" Die Tochter griff nach der Perle. Gulungwe schrie aber: "Ach, mein Auge, ach mein Auge !" Gulungwe mußte so herauskommen, und die Leute wollten den Dieb töten. Gulungwe bat sich jedoch aus, noch einmal vor seinem Tode tanzen zu dürfen. "Warum soll sie nicht tanzen?" Darauf nahm Gulungwe die Tanzfelle um und begann zu tanzen. Das verstand Gulungwe so gut, daß der Häuptling sagte: "Sie tanzt besser als meine erste Frau."Gulungwe tanzte und tanzte, und dann machte Gulungwe einen Satz und war in den Büschen.

Nach einiger Zeit trafen sich Gulungwe und Kabundji wieder, und Kabundji sagte: "Höre, ich weiß, wo es viel zu essen gibt." Sie gingen wieder in das Dorf, und es ereignete sich just ebenso. Diesmal ließ Gulungwe an Stelle des Auges ein Hörnchen heraussehen. Das sahen die Leute. Sie fanden Gulungwe und töteten sie. — Kabundji kam nun vorbei und rief: "Ei, ihr habt den Dieb? Das ist sehr gut. Soll ich euch das Fleisch abwaschen?" Die Leute waren einverstanden. Kabundji ging hin an das Wasser und nahm die Leiche Gulungwes mit. Er schnitt ein Bein ab und steckte es in den Schlamm. Dann zog er es empor und rief: "Das stinkt ja, ist euch das gut?" "Nein", riefen die Leute. Da legte er es für sich zur Seite. Da nahm er ein weniger gutes Stück und wusch es rein, und das nahmen dann die Leute. So bekamen die Leute alles weniger Gute, und das Ausgezeichnete machte Kabundji schmutzig und legte es für sich zur Seite. Endlich jedoch merkten das die Leute und riefen: "Das ist ja auch ein Dieb !" Und alles sprang auf und stürzte auf Kabundji zu. Der aber hatte schnell sein Fleisch ergriffen, war in den Wald gerannt und hatte sich im Walde versteckt, so daß alles Suchen umsonst war.


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