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Kapitel 

DICHTKUNST DER KASSAIDEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1928

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT ZWEI KARTEN UND ZEHN ABBILDUNGEN

Gabuluku und die Tiere (Bassonge; Bena Ki; Zappu-Zapp)

Gabuluku (Antilope) sagte: "Ich bin der Mukullu (der Älteste) von allen Tieren." Kaphumbu (Elefant) lachte: "Schau mich an. Ich bin groß und stark. Ich bin (eher) der Mukullu der Tiere." Bou (Büffel) lachte: "Schau mich an, ich bin stark, ich bin (eher) der Mukullu der Tiere." Nge (Leopard) lachte: "Schaut mich an." Alle großen Tiere lachten. Gabuluku sagte: "Paßt auf, ihr werdet mir noch alle euren Gruß entbieten."

Gabuluku tat sich mit dem Dikangalle (Perlhuhn) zusammen. Gabuluku sagte: "Ich will mir ein Haus bauen und brauche Matiti (Gräser). Dikangalle sagte: "Ich werde morgen früh Matiti schneiden und dir bringen." Gabuluku sagte: "Nicht doch, ich brauche deine Federn als Matiti. Wenn ich mein Haus fertig haben werde,



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werde ich zu den großen Tieren gehen und sagen: ,Zeigt mir euer Haus, !" Dikangalle gab ihre Federn. Das Haus war soweit fertig. Gabuluku sagte: "Der Kaphumbu ist schlecht. Er beschmutzt alles, was du ißt. Ich werde den Kaphumbu essen." Dikangalle sagte: "Wenn du ihn tot machst, bist du ein großer Chef. Alle meine Kinder gehören dir dann in Zukunft." Gabuluku traf den Elefant. Er entbot Kaphumbu seinen Gruß und sprach: "Mukullu, ich brauche einen langen, aufgerichteten Balken." Gabuluku war sehr höflich. Kaphumbu lachte und riß einen Baum aus. Gabuluku sagte: "Nicht doch, er muß länger und stärker sein !"Kaphumbu riß einen andern Baum aus. Gabuluku sagte: "Nicht doch, er muß länger und stärker sein !"Kaphumbu riß einen ganz langen und ganz starken Baum aus und richtete ihn auf. Gabuluku sagte: "So ist es recht. Komm morgen hierher, so sollst du Früchte als Dank erhalten. Alle sollen für dich Früchte sammeln." Gabuluku ging hin und sammelte einen Sack voll Früchte. Gabuluku ging hin und sammelte einen Sack voll Steine. Gabuluku trug beide Säcke auf den Baum hinauf, den Kaphumbu aufgerichtet hatte. Gabuluku befestigte beide Säcke an der Spitze. Es war die Dikangalle, die die beiden Säcke an der Spitze der hohen Stange festhielt. Gabuluku rief nach und nach alle Tiere zu dem Baume.

Gabuluku rief: "Wo ist mein Mukullu?" Kaphumbu rief: "Hier bin ich." Gabuluku rief: "Paß auf, eine Frucht." Er warf eine Frucht herab. Kaphumbu rief: "Das ist gut, wirf noch eine Frucht!" Gabuluku warf einen Stein herab. Der Stein fiel Kaphumbu in den Rachen. Kaphumbu starb. Gabuluku fragte die andern: "Ist Kaphumbu stark?" Die andern sagten: "Er ist nicht stark."

Gabuluku rief Bou. Bou rief: "Hier bin ich." Gabuluku rief: "Paß auf, eine Frucht 1" Er warf eine Frucht herab. Dann warf er einen Stein herab. Der Stein fiel Bou in den Rachen. Bou starb. Gabuluku fragte: "Ist Bou stark?" Die andern sagten: "Er ist nicht stark." Früher ging Nge wie ein Mensch aufrecht. Nge kam und verlangte eine Frucht. Gabuluku warf einen Stein herab. Nge drückte sich zur Seite. Der Stein fiel ihm auf den Nacken. Deshalb ist der Nge heute wohl stark, er geht aber auf allen Vieren.

Gabuluku aß Freundschaft mit Ntundu (eine Antilope). Gabuluku sagte zu Ntundu: "Es waren alles schlechte Tiere, die ich tötete, wir wollen es nun so machen, daß ihr alle in Zukunft im Walde bleibt, während ich in der Ebene wohnen werde." Gabuluku und Ntundu waren seitdem Freunde.

Ntundu sagte: "Brauchst du etwas, so sage es." Gabuluku hatte seine Mutter in einem Termitenhaufen versteckt. Gabuluku sagte: "Hast du noch eine Mutter?" Ntundu sagte: "Ja, ich habe noch eine Mutter. Hast du keine Mutter mehr?" Gabuluku sagte: "Nein,



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meine Mutter ist gestorben. So wollen wir denn zu deiner Mutter gehen, um Essen zu holen." Ntundu sagte: "Gut, gehen wir zu meiner Mutter !" Sie kamen in das Dorf der Mutter Ntundus. Gabuluku sagte: "Höre, es ist nicht gut, wie du es machst. Mit deinen großen Füßen machst du Spuren; die sind viel zu stark. Nge wird deine Spuren sehen; er wird den Weg in das Dorf deiner Mutter finden, er wird kommen und deine Mutter töten. Geh du lieber nicht in das Dorf deiner Mutter. Ich habe kleine Hufe. Meine Spuren findet Nge nicht. Ich kann für dich die Speisen holen." Ntundu sagte: "Es ist gut."

Gabuluku und Ntundu nahmen das Essen und gingen von dannen, um es an einem entfernten Orte zu verzehren. Sie gingen. Gabuluku schlüpfte unterwegs heimlich in den Busch. Er lief schnell zurück zum Hause der Mutter Ntundus. Er kannte den Namen der Frau. Er stellte sich mit einem Messer hinter die Tür und rief die Mutter Ntundus bei Namen. Die Frau sah heraus. Gabuluku schnitt ihr schnell den Kopf ab. Er hängte den Kopf am Hausgiebel auf. Gabuluku nahm eiligst alles aus dem Hause und rannte damit in den Wald. Er versteckte alles im Wald. Er lief schnell wieder zu Ntundu. Unterwegs traf Gabuluku die Spur Nges. Gabuluku kam zu Ntundu und tat, als sei nichts geschehen. Er sagte (nachher): "Mir ahnt, daß heute noch ein Unglück passiert."

Gabuluku und Ntundu aßen. Sie machten sich auf den Heimweg. Sie trennten sich. Ntundu ging auf das Dorf seiner Mutter zu. Gabuluku kehrte plötzlich um. Gabuluku rief: "Ntundu, eben sehe ich die Spur Nges, das kommt von deinen großen Füßen! Nge sucht deine Mutter !" Sie gingen wieder auseinander. Jeder ging seines Weges. Ntundu kam heim. Ntundu sah das Blut seiner Mutter. Ntundu lief zurück. Ntundu sagte: "Meine Mutter ist getötet, ihr Kopf ist an den Giebel des Hauses gehängt. Alles ist fortgetragen." Gabuluku sagte: "Siehst du, das kommt von deinen großen Füßen. Wir können in Zukunft zusammen leben."

Die Leute sagen: "Es ist schlecht, mit einem Gabuluku Freundschaft zu schließen."


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