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Kapitel 

DICHTKUNST DER KASSAIDEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1928

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



Atlantis Bd_12-0004 Flip arpa

TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT ZWEI KARTEN UND ZEHN ABBILDUNGEN

Nkanku (Baluba; Benda Lande am Lubilasch)

Nkanku (ein Mann, der Name bedeutet Adler) hatte eine Frau und acht Söhne. Die ältesten sechs hießen: Mpassu (Heuschrecke), der siebente hieß Mussodi (Eidechse). Der achte wurde sehr spät geboren. Er hieß Tschulle (Wasserfrosch) Kande-Tschulle (Kande ist eine Wildkatze). Die Mutter sagte eines Tages: "Wir essen alle Tage Maniok. Es gibt dort große Wasserlöcher mit vielen Fischen. Warum gehen meine Söhne und mein Mann nie fischen?" Die Mpassu sagten: "Wir werden gehen."

Die Mpassu gingen alle zu dem Wasserloch und begannen eifrig, das Wasser herauszuschöpfen. Sie schöpften und schöpften undschöpften, das Wasser nahm nicht ab. Sie schöpften. Das Wasser nahm nicht ab. Kande-Tschulle, der kleinste, kam (des Weges). Die Mpassu sagten: "Hilf uns, wir können den Teich nicht leeren."Kande sagte: "Ich tue es."Kande schöpfte. Er hatte es bald vollendet. Sie fingen viele Fische. Kande sagte: "Wartet, ich will schnell noch ein Bad nehmen."Die Mpassu liefen nach Hause. Sie nahmen die Fische und sagten: "Wir haben alle Arbeit allein verrichtet. Kande hat am Ufer so (der Erzähler stellt sich in abwartender Stellung mit gekreuzten Armen hin) gestanden und nicht gearbeitet." Nkanku sagte: "Ihr habt gut gearbeitet." Kande nahm sein Bad; er kam (später) nach Hause. Nkanku schlug Kande (weil er nicht mit gearbeitet hatte). Kande floh in den Busch. Er blieb zwei Tage im Busche.

Die Mutter sagte (nach zwei Tagen): "Die Fische sind zu Ende; geht Fische fangen." Die Mpassu sagten: "Wir gehen." Sie gingen zu einem (andern) Wasserloche. Sie schöpften. Sie schöpften. Das Wasserloch ward nicht leer. Kande-Tschulle kam (des Weges). Er stand so (Kopf auf eine Hand gestüzt) am Ufer. Die Mpassu sagten: "Hilf uns!" Kande-Tschulle sagte: "Was habt ihr dem Vater gesagt?" Die Mpassu sagten: "Wir haben nichts Schlechtes gesagt." Kande-Tschulle schöpfte. Er arbeitete allein. Er war bald fertig. Sie fingen viele Fische. Kande sagte: "Wartet, ich will ein Bad nehmen." Die Brüder nahmen die Fische und gingen nach Hause. Sie sagten: "Wir haben alle Arbeit allein verrichtet. Kande hat am Ufer gestanden." Nkanku sagte: "Ihr habt gut gearbeitet." Kande nahm sein Bad. Er kam nach Hause. Nkanku schlug Kande. Kande floh in den Busch. Im Busche war das Longonjenje (Chamäleon).

Longonjenje kam ins Dorf Nkankus. Nkanku, seine Frau und die Mpassu waren da. Longonjenje sagte zu Nkanku und seiner Frau: "Schneidet mir hier (im Nacken) ein Stück Haut ab. Eßt es 1" Die Eltern der Mpassu taten es. Longonjenje sagte: "Ihr seid nun Vögel. Fliegt auf den Baum neben dem Wasserloche." Die Eltern waren Vögel. Sie setzten sich auf den Baum.

Die Mpassu kamen. Sie schöpften und schöpften und schöpften.



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Der Teich ward nicht leer. Kande kam (des Weges). Er stand am Ufer. Die Brüder baten: "Hilf uns!" Kande sagte: "Was habt ihr den Eltern gesagt?" Die Mpassus sagten: "Wir haben nichts Schlechtes gesagt." Kande begann zu schöpfen. Kande schöpfte schnell. Kande war fertig. Sie fingen viele Fische. Kande sagte: "Wartet, ich will ein Bad nehmen." Kande nahm ein Bad. Die Brüder nahmen die Fische und eilten heim. Die Eltern saßen auf dem Baum und sahen alles. Die Eltern flogen (auch) heim.

Die Mpassu kamen. Sie hatten viele Fische. Die Mpassu sagten zum Vater: "Wir haben alle Arbeit allein verrichtet. Kande stand am Ufer." Der Vater sagte: "Ihr lügt, wir haben alles gesehen. Wo ist Kande?" Die Mpassu sagten zum Vater: "Er kommt nach uns." Kande kam. Nkanku nahm einen Stock und schlug alle Mpassu und Mussodi (Mussodi hatte zu den Mpassu gehalten). Die Mpassu und Mussodi liefen in den Busch und wurden Tiere. Kande blieb bei seinen Eltern.


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