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Kapitel 

DICHTKUNST DER KASSAIDEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1928

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



Atlantis Bd_12-0004 Flip arpa

TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT ZWEI KARTEN UND ZEHN ABBILDUNGEN

Der gefangene Weg (Bakuba; Bolombo)

Ool (der Vater) und Tscheetsch (der Sohn) gingen in den Wald, um Fallen zu stellen. Sie kamen über einen Weg, den viele Menschen gegangen sein mußten. Tscheetsch sagte: "Ich will hier meine Fallen stellen." Ool sagte: "Laß, das ist der Weg der Menschen." Tscheetsch sagte: "Ich tue es doch." Der Sohn setzte seine Bilunga (Falle) doch an diesen Ort. Am andern Tage fand Tscheetsch den Bruder seiner Mutter in der Falle. Er rief: "Mein Vater, ein Tier!" Der Vater rief: "Was für ein Tier?" Tscheetsch rief: "Der Bruder meiner Mutter." Ool sagte: "Ich habe es dir ja gesagt. Nun laß den Bruder deiner Mutter frei und stelle deine Falle nicht wieder dort auf." Tscheetsch hörte nicht. Er stellte seine Falle wieder dort auf. Am andern Tage hatte er den Vater seines Vaters, am andern (dritten) Tage seine Mutter in der Falle.

Am fünften Tage hatte Tscheetsch Mbokko (den Weg) selbst gefangen. Der Vater sagte: "Laß laufen. Wenn du ihn nicht laufen läßt, finden wir nicht ins Dorf zurück." Der Sohn hörte nicht. Er nahm den Weg, rollte ihn zusammen und steckte ihn in den Sack. Den Sack nahm er auf den Rücken. Als er aber mit dem Vater nun weitergehen wollte, konnten sie nichts sehen als Büsche. Sie fanden das Dorf nicht wieder. Endlich warf der Sohn die Last auf die Erde. Sofort sprang der Weg auf und lief ins Dorf. Tscheetsch und Ool liefen hinterher. Im Dorfe erwischte Tscheetsch den Weg. Die Leute sagten: "Jetzt gehört der Weg Tscheetsch, denn Tscheetsch hat ihn gefangen." Tscheetsch sagte: "Es ist gut; das ist mein Weg und niemand darf ihn gehen." Darauf ging niemand den Weg, und der Weg ward traurig und starb endlich.


Copyright: arpa, 2015.

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