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Kapitel 

DICHTKUNST DER KASSAIDEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1928

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT ZWEI KARTEN UND ZEHN ABBILDUNGEN

Riesensage (Kioque)

Niauesse (ein Mensch) ging mit seinen zwei Hunden Bullausumba und Bullaumao auf die Jagd. Er legte eine Schlingenf alle und ging weiter. Die Hunde liefen hinter einer Lussumbi (Antilope) her. Niauesse tötete sie. Er erlegte eine Gulungwe (Antilope). Die Sonne ging unter. Er ging weiter. Er hatte den Weg verloren und kam endlich an eine große Hütte. Ein Schamohangi (Riese) war darin. Niauesse bat um etwas Tabak. Der Schamohangi gab ihm von seinen Haaren. Niauesse sagte: "Das rauche ich nicht. Ich rauche nur Makanja (Tabak). Der Schamohangi legte die Haare wieder auf den Kopf und gab ihm Makanja. Sie rauchten. Sie legten sich zum Schlafen nieder. Schamohangi



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sagte: "Ich weiß, wo viele Mbengefrüchte und Antilopen sind. Morgen können wir gemeinsam zur Jagd gehen. Binde über Nacht deinen einen Hund auf dieser Seite, den andern auf jener Seite des Hauses an." Niauesse sagte: "Es ist gut." Er band aber je einen Hund an je eine seiner großen Zehen.

Sie legten sich nieder. Nach einiger Zeit stand Schamohangi auf. Er nahm eine Eisenstange und machte sie im Feuer rotglühend. Er wollte Niauesse durchbohren. Die Hunde knurrten und bewegten sich. Niauesse erhob sich. Schamohangi sagte: "Binde deine Hunde wo anders an. Sie knurren, als wolle ich etwas tun."Niauesse sagte: "Laß sie da, es ist besser." Die Hunde blieben da; sie schliefen bis zum Morgen.

Als der Tag anbrach, sagte Schamohangi: "Wir wollen uns Mbengefrüchte holen." Niauesse sagte: "Es ist gut." Sie gingen zusammen fort und ließen die Hunde im Hause. Sie kamen an einen Mbengebaum. Schamohangi sagte: "Steige du hinauf." Niauesse sagte: "Es ist gut! Nimm aber meine Leibbänder."Schamohangi legte die (zwei) Bänder um Leib und Stirn. Niauesse stieg herauf. Schamohangi blieb unten und sagte: "Baum steige! Baum steige!" Der Baum wuchs sogleich mächtig in die Höhe. Niauesse sagte: "Schließe dich fest, schließe dich fest!" Die Bänder um Schamohangis Stirn und Leib zogen sich fest, ganz fest an. Schamohangi rief: "Ich sterbe. Holz hör auf, Holz hör auf!" Sogleich ward der Baum kleiner. Niauesse sagte: "Laß, laß, laß!" Die Gurte wurden schlaff.

Der Baum war herabgesunken, aber noch so stark, daß Niauesse nicht herabsteigen konnte, wenn er auch nahe am Boden war. Niauesse rief seine Hunde. Die Hunde kamen. Schamohangi floh sogleich. Die Hunde liefen hinter ihm her und töteten ihn. Dann kehrten die Hunde zu dem Baume zurück. Sie nahmen eine Stange und stellten sie an den Baum. Sie banden die Stange an dem Baume fest. Niauesse konnte an der Leiter zu Boden steigen. Die Hunde sagten zu ihm: "Sage nichts von dem, wie wir dir geholfen haben."

Niauesse kam mit seinen Hunden in sein Dorf zurück. Er gab den Hunden immer die Hälfte seiner Speisen und aus seiner Schüssel zu essen. Seine Frau fragte ihn: "Weshalb tust du dies?" Er zwinkerte der Frau mit den Augen zu. Da liefen die Hunde von dannen und kamen nicht wieder.


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