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Kapitel 

DICHTKUNST DER KASSAIDEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1928

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT ZWEI KARTEN UND ZEHN ABBILDUNGEN

Kapinga (Baluba; Bena Piana)

Ein Mann ging zu Markte. Er traf Kapinga. Er nahm Kapinga bei der Hand und sagte: "Du bist meine Sklavin !"Kapinga sagte: "Gut, ich bin deine Sklavin !" Der Mann ging auf den Markt. Er verkaufte Kapinga für zehn Lukanu (Kupferkreuze) an einen andern Mann. Kapinga sagte zu ihrem neuen Besitzer: "Ich bin jetzt deine Sklavin !" Der Mann sagte: "Wir wollen heim in mein Dorf gehen." Der Mann brach mit Kapinga auf. Zwei andere Männer begleiteten sie.

Sie wanderten des Weges. Die Sonne stand dort. (Es war fünf Uhr.) Der Besitzer Kapingas sagte: "Die Sonne wird bald untergehen, wir kommen an kein Dorf mehr; das nächste Dorf ist sehr weit!" Kapinga sagte: "Nein, es ist nicht weit. Gleich hier nebenan ist ein großes Dorf!" Die drei Männer sahen sich erstaunt an. Sie sagten: "Wir gehen doch oft diesen Weg. Wir haben nie ein Dorf gefunden!" Sie gingen dahin, wo Kapinga angegeben hatte. Da war ein großes Dorf. Kapinga ging in das erste Haus und kam mit einer Schüssel Essen heraus. Die Männer sahen sich erstaunt an. Sie sagten: "Wo hat sie es so schnell her?" Alle aßen von der Speise, dann schliefen sie in dem Hause. Am (andern) Morgen brachen sie auf. Sie verließen das Dorf. Als sie zurücksahen, war das Dorf nicht zu sehen; es war Gras und Busch. Es war nur der Weg, die Wiese, der Busch da.

Die vier gingen ihres Weges. Sie kamen an einen Bach. Kapinga sagte: "Geht ihr Männer voran; ich will hier ein Bad nehmen !" Die Männer gingen ein wenig weiter. Sie warteten. Kapinga nahm das Bad. Sie stieg aus dem Wasser als alte Frau. Die Haut war faltig. Die Brüste hingen herab. Sie ging mühsam (nach der Geste) an einem Stocke. Sie kam zu den Männern. Die Männer sahen die alte Frau. Sie erkannten Kapinga nicht. Sie drückten sich zur Seite. Sie sagten mit Abscheu: "Geh vorbei !" Kapinga ging vorbei. Die Männer warteten. Die Männer warteten. Die schöne Kapinga kam nicht. Zwei andere Leute kamen des Weges. Die drei Männer fragten: "Habt ihr eine schöne Frau im Bache baden sehen?" Die Männer



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sagten: "Wir haben sie nicht gesehen !" Die drei Männer gingen zum Bache zurück und suchten. Sie sahen Kapinga nicht. Kapinga wartete weiter ab. Kapinga rief: "Kommt doch!" Die Männer hörten; sie gingen und fanden Kapinga. Sie sagten: "Wie bist du so alt geworden?" Die drei Männer gingen des Weges. Kapinga ging hinterher.

Der Mann, der Kapinga gekauft hatte, wandte sich (nach einiger Zeit) um. Kapinga war wieder jung und schön. Die drei Männer sahen, daß Kapinga wieder jung und schön war.

Sie kamen wieder an ein Wasser. Kapinga sagte: "Ihr Männer, geht voran, ich will ein Bad nehmen !" Die drei Männer sagten: "Es ist gut !" Die drei Männer gingen ein wenig voran und warteten. Sie warteten. Es kam vom Bach ein alter Mann des Weges mit einem Stocke. Der alte Mann sagte: "So kommt doch!" Die drei Männer sagten: "Wir warten auf Kapinga." Der alte Mann sagte: "Ich bin Kapinga!" Die Männer riefen entsetzt: "Was? Du bist Kapinga?" Die drei Männer schrien entsetzt auf und eilten in die Matiti (hohes Gras). Sie hatten große Angst. Kapinga rief ihnen nach: "So bleibt doch, ihr verliert euer Geld !" Die Männer hörten nicht. Sie flohen.

Kapinga wartete. Nach einiger Zeit war sie nicht mehr ein alter Mann, sondern die junge schöne Kapinga. Kapinga wartete. Als die drei Männer nicht kamen, kehrte sie zu ihrem Vater Tombo Mukullu zurück.

(Anmerkung. — Tombo Mukullu hatte vier Kinder, von denen der Berichterstatter nur Mutombo Katschi und Kapinga zu nennen weiß. In vorliegender Erzählung ist Kapinga eine Frau!)


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