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Kapitel 

DICHTKUNST DER KASSAIDEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1928

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



Atlantis Bd_12-0004 Flip arpa

TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT ZWEI KARTEN UND ZEHN ABBILDUNGEN

Der Schmied und Kapulukussu (Kanioka)

Ein Schmied (Mufudi) ging mit einem Kassui (Axt) in den Busch und stieg auf einen Palmbaum, um Blätter abzuschlagen. Die Kassui



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fiel herab. Der Schmied stieg herab und suchte die Kassui. Er konnte die Kassui nicht finden. Der Schmied sagte: "Wenn da jemand ist, der mir meine Kassui wiederfinden kann, so soll er mit mir Freundschaft schließen und ich will bei Tage und bei Nacht mein Essen und meinen Trank mit ihm teilen, und ich will ihn zuerst essen lassen und ich will ihn zuerst trinken lassen. Ich will nach ihm essen und trinken." Kapulukussu (Fledermaus) kam vom Baume herab und fragte: "Was gibt es?" Der Schmied wiederholte sein Versprechen (der Erzähler wörtlich). Kapulukussu fand die Kassui sogleich und gab sie dem Schmied. Der Schmied sagte: "Es ist gut." Beide gingen in das Dorf.

Im Dorfe machte die Frau Speise und setzte den Biertopf hin. Kapulukussu kam sogleich vom Dachbalken herabgeflogen und aß. Als Kapulukussu fertig war, aß der Schmied. Kapulukussu trank. Als Kapulukussu fertig war, trank der Schmied. Am andern Tage war es ebenso. Am dritten Tage war es ebenso. Da ward der Mufudi ärgerlich. Der Schmied sagte: "Kapulukussu ist ein so kleines Tier und hat meine Kassui gefunden. Kapulukussu ißt und trinkt und ißt und trinkt." Der Schmied sagte zu seiner Frau: "Mach die Speise lieber in der Nacht." Die Frau machte also den Brei in der Nacht. Als er fertig war, kam Kapulukussu angeflogen und begann zu essen. Der Schmied sagte: "Was, du kleines Tier, willst immer und nun auch bei Nacht zuerst essen, nur weil du meine Kassui gefunden hast?" Kapulukussu sagte: "Hast du nicht gesagt, ich könne bei Nacht und bei Tage immer zuerst essen?"

Der Schmied antwortete nicht. Er nahm einen Stock, um Kapulukussu totzuschlagen. Kapulukussu flog ganz dicht zum Sohne des Schmiedes und setzte sich dort hin. Der Schmied schlug. Kapulukussu flog fort. Der Schmied schlug seinen Sohn tot. Kapulukassu flog ganz dicht zur Frau des Schmiedes und setzte sich dort hin. Der Schmied schlug. Kapulukussu flog fort. Der Schmied schlug seine Frau tot. Kapulukussu rief: "Heute ist ein großer Vita (Streit), heute ist ein großer Vita."Kapulukussu flog zu den Ziegen des Schmiedes. Der Schmied schlug. Kapulukussu flog fort. Der Schmied schlug die Ziegen tot. Kapulukussu rief: "Heute ist ein großer Vita; heute ist ein großer Vita!"

Am Morgen kamen alle Leute des Dorfes und der Mukelenge (Häuptling) zusammen, um den Tschitumbu (Rechtsstreit) zu regeln. Kapulukussu trug (der Erzähler in direkter Rede alles wörtlich) die ganze Sache vor. Der Mukelenge sagte: "Kapulukussu hat Recht. Der Schmied muß ihm Strafe zahlen." Der Schmied mußte Kapulukussu viele Sachen geben. Kapulukussu gab dem Mukelenge einen guten Teil als Geschenk und kehrte in den Wald zurück. (Von einem Manne erzählt.)


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