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Kapitel 

DICHTKUNST DER KASSAIDEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1928

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT ZWEI KARTEN UND ZEHN ABBILDUNGEN

Das Wundertier (Bena Lulua; Bena Kiombo, nordwesti. v. Luebo)

Der Häuptling der Bena Kiombo (heute gibt es deren viele und nicht nur einen Häuptling), sagte zu seinen Leuten: "Wenn ihr ein Stück Wild erlegt, habt ihr mir die Hälfte zu geben. Erlegt ihr zwei Stück, so gebt ihr mir eines ohne sein Fell zu verletzen. Wenn ihr hiergegen verfehlt, so nehme ich euch eure Weiber fort." Die Leute sagten: "Es ist recht." Alle Leute taten so; wer ein Stück Wild erlegte, brachte die eine Seite (Hälfte) ; wer zwei Stück Wild erlegte, brachte ein Stück.

Ein Mann ging mit seinem Sohn eines Tages zur Jagd. Sie erlegten ein Tier, das war eigenartig. Es hatte Kopf und Hals wie ein Tombolo (eine Affenart); es hatte am Körper das Fell eines Leoparden; es hatte an den Füßen zwei Hufe (wie eine Antilope). Der Vater sagte: "So etwas habe ich noch nicht gesehen." Der Sohn sagte: "Was machen wir damit?"Der Vater sagte: "Wirf es ins Feuer. Nimm die Haut nicht ab, sonst wachsen viele Häute."(In Gedanken: "Wenn du etwa abbaigst)." Der Sohn sagte: "Ich ziehe die Haut doch ab." Der Sohn zog die Haut ab. Es war eine andere gleiche Haut darunter. Der Vater sagte: "Wirf es ins Feuer. Nimm die Haut nicht ab, sonst wachsen viele Häute." Der Sohn sagte: "Es ist gut, wenn es viele Häute gibt, so kann ich meinen Brüdern abgeben." Der Sohn zog die Haut ab. Dann sagte der Vater: "Du mußt das Fell ins Feuer legen." Er legte es ins Feuer. Dann zerteilten sie das Tier. Die eine Seite brachten sie zum Häuptling. Die Felle nahm der Sohn mit ins Gehöft des Vaters. (Der Sohn wohnte mit seinen Weibern im Gehöft des Vaters.)

Ein Mann sah die vier Häute des Tieres. Er ging zum Häuptling und sagte: "Der Mann muß vier Tiere erlegt haben. Ich habe vier Häute gesehen." Der Häuptling stieg in seine Tipoja. Der Häuptling ließ sich in das Gehöft des Mannes tragen. Der Vater gab dem Häuptling



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eine Frau (als Tributgeschenk). Der Häuptling sagte: "Meine Leute wollen essen." Der Vater gab dem Häuptling (noch) eine Ziege. Der Häuptling stieg aus der Tipoja. Der Häuptling sagte: "Dein Sohn hat mir ein halbes Tier gebracht. Es hat vier Häute."Der Vater sagte: "Das ist nicht meine Sache; ich sagte zu meinem Sohne: "Wirf es ins Feuer. Nimm die Haut nicht ab sonst wachsen viele Häute."Mein Sohn hörte nicht. Es ist die Sache meines Sohnes."Der Sohn sagte: "Das Tier hatte vier Häute." Der Häuptling sagte: "Das ist nicht wahr! Er hat gegen mein Gebot gehandelt. Es hat vier Häute. Nehmt ihm drei Frauen."Die Leute des Häuptlings suchten. Der Sohn hatte vier Hütten und drei Frauen. Sie nahmen die drei Frauen. Der Häuptling stieg in die Tipoja. Er ließ sich nach Hause tragen.

Der Vater sagte zum Sohne (spöttisch): "Du kannst jetzt die drei Häute in den drei Hütten deiner Frauen aufhängen und ihnen Essen hinbringen!"


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