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Kapitel 

DICHTKUNST DER KASSAIDEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1928

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT ZWEI KARTEN UND ZEHN ABBILDUNGEN


1. TYPEN


Der dumme Sohn (Kioque)

Ein Knabe traf auf der Wanderschaft zwei Frauen. Der Knabe sagte: "Ich will eine von euch heiraten." Die Frauen sagten: "Das geht nicht, wir sind Zwillinge. Du kannst uns nur beide auf einmal heiraten. Wenn du eine heiratest, mußt du auch die andere nehmen. Du bekommst uns beide, wenn du deinen Vater tötest." Der Knabe sagte: ,Es ist gut." Der Knabe ging hin und nahm sein Gewehr. Dann ging er in das Dorf seines Vaters. Der Vater sagte: "Was gibt es? Was gibt es?" Der Knabe sagte: "Ich traf zwei Frauen; die sagten: ,Du kannst uns heiraten, wenn du deinen Vater tötest.' Ich will dich töten." Der Vater sagte: "Du bist nicht klug. Ich bin klug. Ich will dir es zeigen. Leg dein Gewehr auf die Erde 1" Der Knabe legte das Gewehr fort.

Der Vater ging in das Haus. Er nahm einen Tierkopf und ein Messer. Mit dem Messer schlug er den Tierkopf in Stücke. Das Messer ward (so) blutig. Er nahm das blutige Messer und gab es seinem Sohn. Er sagte: "Geh hin und sage den Frauen: "Mit dem Messer habe ich meinen Vater erschlagen. Das Blut, das daran ist, ist das meines Vaters. Nun kommt mit in mein Dorf." Der Sohn sagte: "Es ist gut." Er nahm das Messer und ging des Weges zu den Frauen.



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Er zeigte ihnen das Messer und sagte: "Mit dem Messer habe ich meinen Vater erschlagen. Das Blut, das daran ist, ist das meines Vaters. Nun kommt mit mir in mein Dorf." Die Frauen sagten: "Ach, du hast deinen Vater erschlagen. Du bist ein Ganga (Vampyr). Dich können wir nicht heiraten."Die Frauen liefen fort. Der Sohn ging nach Hause und erzählte es seinem Vater. Der Vater sagte: "Solcher Sache wegen wolltest du mich töten. Du mußt immer klug sein, wenn du etwas anfangen willst." Der Sohn sagte: "Ich will klug sein."

Der Vater ging mit dem Sohn auf die Jagd. Der Vater legte eine Grubenfalle, der Sohn eine Mohetto (Schlingenfalle) auf einem hohen Baum an. Am andern Tage gingen sie hin um zu sehen, was gefangen sei. Der Knabe ging voraus. Er fand in der Grube seines Vaters eine Antilope, in seiner Schlingenfalle auf dem Baum einen Vogel. Er nahm die Antilope aus der Grube und trug sie auf den Baum. Er nahm den Vogel aus der Schlinge und legte ihn in die Grube. Er ging dem Vater entgegen und sagte: "In deiner Grube hat sich ein Vogel, auf meinem Schlingenbaum eine Antilope gefangen." Der Vater sagte nur: "Geh nach Hause und sage das deiner Mutter." Der Sohn ging nach Hause und sagte seiner Mutter: "In der Grubenfalle meines Vaters hat sich ein Vogel, in meiner Schlingenfalle auf dem Baum eine Antilope gefangen." Die Mutter sagte: "So etwas habe ich noch nicht gehört. Du mußt immer klug sein, wenn du etwas erlangen willst." Der Sohn sagte: "Ich war nicht klug?" Die Mutter sagte: "Nein."


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