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Kapitel 

DICHTKUNST DER KASSAIDEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1928

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



Atlantis Bd_12-0004 Flip arpa

TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT ZWEI KARTEN UND ZEHN ABBILDUNGEN

Die Tochter Fidi Mukullus


(Bena Lulua; Baqua Ngutu; Luehlagebiet)

Ein Mann (Tschitebua mukanu) machte sich auf den Weg und wanderte weit, weit fort. Er kam (endlich) zum Himmel und zu Fidi Mukullu. Er sagte zu Fidi Mukullu: "Ich möchte deine Tochter Tschaami heiraten." Fidi Mukullu sagte: "Erst mußt du alle Angelegenheiten des Dorfes regeln. Dann mußt du zahlen: Zehn Menschen, zehn Kanu, zehn Ziegen." Der Fremde zahlte. Fidi Mukullu gab ihm seine Tochter Tschaami.

Am andern Tage ging der Mann mit Tschaami, seiner Frau, zur Erde. Er schlachtete abends ein Huhn und gab es Tschaami, und dann legte er sich zum Schlafen nieder. Am Morgen wachte er auf und sah Tschaami tot neben sich liegen. Er stand auf, ging fort und als er wiederkam, war Tschaami fort, und der Mann sagte: "Meine Frau Tschaami ist gestorben."

Nach einiger Zeit kam die Mutter Tschaamis zu Besuch. Sie wollte Tschaami sehen. Der Mann sagte: "Ich habe deiner Tochter am Abend ein Huhn gegeben, und morgens war sie tot und dann war das Lager leer. Tschaami ist verschwunden." Die Mutter machte sich auf den Weg, um Tschaami zu suchen. Sie fragte alle Leute nach Tschaami; alle Leute sagten: "Wir haben sie gesehen, wir wissen aber nicht, wo sie hingegangen ist."

Endlich kam die Mutter Tschaamis an das Wasser. Am Wasser war Kakaschi Kakullu. Kakaschi Kakullu sagte zur Mutter Tschaamis: "Deine Tochter Tschaami ist in dem Wasser bei dem Häuptling Difumu munene (Gott des Wassers). Geh zu dem Häuptling, bei dem

Häuptling mußt du singen:
Difumu munene
Difumu munene
Niengele tschigischae.
(Niengele ist eine Name; tschigischae heißt: Steißschüttelbewegungen
machen.)
Kumune fo (du weißt nicht).
Kafamba kakalo (kalebasse kalebasse).
Kafamba kamunia (kalebasse für den Tag)
necca buttuk (und eine für die Nacht)."

Die Mutter Tschaamis sagte: "Es ist gut." Sie ging in das Wasser. Sie kam zu Difumu Munene. Sie sang. (Der Erzähler wiederholt den Gesang.) Difumu Munene sagte: "Es ist gut. Nimm deine Tochter Tschaami." Die Mutter nahm Tschaami und kehrte mit ihr in den Himmel zurück.

Der Mann kam nach einiger Zeit in den Himmel und sagte zu Fidi Mukullu: "Gib mir Tschaami wieder." Fidi Mukullu sagte: "Tschaami ist hier. Du kannst sie nehmen. Ich rate dir aber, nimm



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lieber eine andere Frau. Denn Tschaami kann nichts arbeiten, sie kann nicht Wasser holen, sie kann nicht kochen, sie kann nicht Holz tragen. Tschaami kann nichts arbeiten. Ich rate dir: Nimm eine andere Frau. Suche dir hier eine andere Frau, denn du hast bezahlt und sollst das deine nicht verlieren." Der Mann sagte: "Mir ist nur Tschaami recht." Er nahm Tschaami wieder und kehrte mit ihr zur Erde zurück.

Tschitebua Mukanu nahm Tschaami wieder mit zu sich. Er hatte (aber) niemand, der ihm das Bett machte. Er hatte niemand, der ihm Holz brachte. Er hatte niemand, der Wasser besorgte, er hatte niemand, der kochte. Tschitebua mukanu machte alles selbst. Er machte das Essen selbst. Tschaami ward darüber ärgerlich, ging in den Wald, um Holz zu holen. Sie kam in den Wald und brach sich die Beine. Tschaami ging mit zerbrochenen Beinen zu Fidi Mukullu zurück. Nach drei Tagen war Tschaami geheilt.

Tschitebua Mukanu ging zu Fidi Mukullu und sagte: "Gib mir Tschaami wieder." Fidi Mukullu sagte: "Nimm lieber eine andere Frau!" Tschitebua mukanu sagte: "Ich will nur Tschaami." Er nahm Tschaami und ging zur Erde zurück.

Tschitebua Mukanu hatte niemand, der ihm das Bett machte. Er hatte niemand, der ihm Holz brachte. Er hatte niemand, der Wasser besorgte. Er hatte niemand, der kochte. Tschitebua mukanu machte alles selbst. Er machte das Feuer selbst. Tschaami ward darüber ärgerlich, ging in das Feld, um Maniok zu holen. Sie kam in das Feld und brach sich die Arme. Tschaami ging mit zerbrochenen Armen zu Fidi Mukullu zurück.

Tschitebua Mukanu ging zu Fidi Mukullu. Er war drei Tage bei Fidi Mukullu, da war Tschaami geheilt. Tschitebua Mukanu sagte: "Gib mir Tschaami wieder." Fidi Mukullu sagte: "Ich habe dir gesagt: Nimm lieber eine andere Frau! Du hast es nicht gewollt. Du hast keine andere Frau nehmen wollen. Nun bekommst du keine andere Frau mehr und bekommst Tschaami nicht wieder und dein Geld ist verloren !"

Tschitebua Mukanu kehrte zur Erde zurück.


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