DICHTKUNST DER KASSAIDEN
HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS
1928
VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA
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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE
MIT ZWEI KARTEN UND ZEHN ABBILDUNGEN
Das Sterben (Bena Lama; Baqua Kabundu Kalambas)Fidi Mukullu machte alle Menschen, Tiere, Hunde, Ziegen, Hühner; er machte alles, alles, alles, alles. Wenn Frauen und Männer alt wurden, so starben sie. Ein Mann nahm einen Tschendo (Holzpauke) und ging in den Wald. Im Walde stand ein Baum, der war innen hohl und reichte bis zum Himmel empor. Der Mann trat in den hohlen Baum und schlug den Tschendo und sang: "Fidi Mukullu, du hast alles so recht gemacht, weshalb hast du es so gemacht, daß die Menschen sterben?" Der Mann sang das alle Nächte. Er sang es in jeder Nacht.
Fidi Mukullu hörte es und sagte: "Da singt ein Mensch alle Tage: «Fidi Mukullu du hast alles so recht gemacht! Weshalb hast du es so gemacht, daß die Menschen sterben ?> Ich weiß nicht, wo er ist, es sollen Leute hingehen und ihn suchen." Die Leute gingen hin und suchten. Die Leute fanden ihn nicht. Der Mann sang. (Sein Sang wird wiederholt.) Endlich sandte Fidi Mukullu Lufumbe (die rote arg beißende Ameise, deren Heere sich Wege machen). Die Lufumbe lief hin und fraß. Die Lufumbe lief hin und fraß. Die Lufumbe lief hin und fraß. Die Lufumbe kam an den Baum. Die Lufumbe fand den Mann. Die Lufumbe brachte den Mann zu Fidi Mukullu.
Fidi Mukullu fragte den Mann: "Wie kannst du das alle Tage so singen?" Der Mann sagte: "Du hast (doch) die Menschen so gemacht, daß sie sterben. Ich bin ein Mensch und muß sterben. Und
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nun darf ich nicht nachts (wenigstens) singen, daß ich sterben muß?" Fidi Mukullu sagte: "Du hast Recht. Du darfst so singen, denn ich lasse die Menschen sterben. Ich mache die Menschen. Die Menschen machen Zaubermittel, Krankheiten, Messer, Pfeil, Krieg. Ohne Zaubermittel, Krankheiten, Messer, Pfeil, Krieg, Sterben ist das Leben ein Essen, Trinken, Schlafen, Verdauen. Ohne Sterben ist es nicht gut."
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