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DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSEND UND EIN NÄCHTEN

VOLLSTÄNDIGE DEUTSCHE AUSGABE IN SECHS BANDEN

ZUM ERSTEN MAL NACH DEM ARABISCHEN URTEXT DER CALCUTTAER AUSGABE AUS DEM JAHRE 1839

ÜBERTRAGEN VON ENNO LITTMANN

BAND 3

IM INSEL-VERLAG


DIE GESCHICHTE VON DSCHA'FAR DEM BARMEKIDEN UND DEM ALTEN BEDUINEN

Der Beherrscher der Gläubigen Harûn er-Raschîd ging eines Tages mit Abu Ja'kûb dem Tischgenossen, Dscha'far dem Barmekiden und Abu Nuwâs aus; und als sie in die Steppe kamen, erblickten sie einen alten Mann, der gebückt auf seinem Esel saß. Da sprach Harûn er-Raschîd zu Dscha'far: ,Frag den Alten da, woher er kommt!' Dscha'far fragte ihn also: ,Woher kommst du?' ,Aus Basra!' erwiderte jener. — —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 395. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß der Mann, als Dscha'far ihn fragte: ,Woher kommst du?' erwiderte: ,Aus Basra!' Weiter fragte Dscha'far: ,Und wohin geht deine Reise?' ,Nach Baghdad!' antwortete der Mann. ,Was willst du dort tun?' fragte Dscha'far von neuem; und der Alte entgegnete: ,Ich will ein Heilmittel für mein Auge suchen.' Nun flüsterte Harûn er-Raschîd: ,Dscha'far, treib Scherz mit ihm !'Doch der erwiderte: ,Wenn ich Scherz mit ihm treibe, so werde ich von ihm zu hören bekommen, was mir wenig behagt.' Doch Harûn er-Raschîd bestand darauf: ,Bei meiner Macht, ich befehle dir, treib Scherz mit ihm!' Da sagte Dscha'far zu dem Alten: ,Wenn ich dir ein Heilmittel verschreibe, das dir hilft, was gibst du mir dann dafür?' ,Allah der Erhabene', versetzte der Alte, ,möge dir statt meiner einen Lohn geben, der besser ist als das, womit ich dir vergelten könnte!' Darauf hub der Minister an: ,Leih mir dein Ohr, auf daß ich dir dies Heilmittel beschreibe, das ich keinem anderen als dir verraten würde.'



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,Was ist denn das?' fragte der Alte; und Dscha'far fuhr fort: ,Nimm drei Unzen Windhauch, drei Unzen Sonnenstrahlen, drei Unzen Mondschein und drei Unzen Lampenlicht; mische das alles und leg es drei Monate lang in den Wind. Dann tu es in einen Mörser ohne Boden und zerstoße es drei Monate lang. Wenn du es zu feinem Pulver zerstoßen hast, so tu es in eine zerbrochene Schüssel. Stelle die Schüssel wiederum drei Monate lang in den Wind. Darauf nimm von diesem Heilmittel dreimal am Tage im Schlafe drei Quentchen. Wenn du das drei Monate lang getan hast, wirst du wieder gesund werden, so Gott der Erhabene will.' Als der Alte die Worte Dscha'fars gehört hatte, streckte er sich der Länge nach aufs einem Esel aus, gab einen gewaltigen Wind von sich und sprach: ,Nimm diesen Wind als Lohn dafür, daß du mir dies Heilmittel verschrieben hast! Wenn ich es gebraucht habe und Allah der Erhabene mir die Gesundheit wiedergeschenkt hat, so gebe ich dir noch eine Sklavin. die dir zu deinen Lebzeiten so dienen soll, daß Allah dadurch dein Ende rasch herbeiführt; und wenn du dann gestorben bist und Gott deine Seele schleunigst ins Höllenfeuer gejagt hat, so soll sie aus Trauer um dich dein Gesicht mit ihrem Dreck beschmieren, und sie soll jammern, ihr Gesicht zerschlagen und klagen; in ihrer Totenklage aber soll sie rufen: O Dummbart, wie dumm war dein Bart!'

Da lachte Harûn er-Raschîd, bis er auf den Rücken fiel, und befahl, jenem Manne dreitausend Dirhems zu geben.



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Ferner wird erzählt


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