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Kapitel 

VOLKSDICHTUNGEN AUS OBERGUINEA


I. BAND


FABULEIEN DREIER VÖLKER

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 4 BILDBEILAGEN

32. Aromo heiratet und verteidigt das spröde Mädchen

Ein Toro hatte ein Kind. Das Kind war ein Mädchen. Das Mädchen wuchs heran. Es kamen viele Leute, um das Mädchen zu heiraten. Alle Tiere des Busches kamen zu dem Mädchen und sagten: "Heirate mich!" Der Löwe kam und sagte: "Heirate mich!" Das Mädchen sagte: "Ich mag dich nicht." Der Büffel kam und sagte: "Heirate mich." Das Mädchen sagte: "Ich mag dich nicht!" Der Leopard kam und sagte: "Heirate mich." Das Mädchen sagte: "Ich mag nicht!" Alle Tiere kamen und baten das Mädchen. Das Mädchen des Toro sagte zu jedem Tiere: "Ich mag dich nicht!"

Eines Tages kam Aromo zu dem Toro. Aromo besuchte den Toro. Aromo sagte nichts. Die Tochter des Toro sah Aromo. Die Tochter des Toro ging an Aromo vorbei. Aromo sagte nichts. Die Tochter des Toro ging nochmals an Aromo vorbei. Aromo sagte nichts. Darauf fragte das Mädchen: "Ich will Aromo heiraten!" Das Mädchen ging zu seinem Vater, dem Toro, und sagte: "Ich will



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Aromos Frau werden!" Der Toro sagte: "Gut! Werde Aromos Frau!"

Der Toro rief Aroma und sagte: "Meine Tochter will deine Frau werden."Aromo sagte: "Darum bin ich gekommen!"Der Toro gab Aroma seine Tochter zur Frau. Aroma nahm das Mädchen und ging mit ihm fort. Aroma ging mit dem Mädchen weit weg, auf seinen Ort zu.

Alle Tiere sahen, daß Aroma mit seinem Mädchen fortging. Alle Tiere kamen zusammen. Die Tiere sagten: "Jedem von uns hat die Tochter des Toro gesagt: ,Ich mag dich nicht.' Nun kommt dieser kleine Aroma. Der kleine Aroma sagt nichts. Das Mädchen, das uns alle verschmäht hat, sagt zu Aroma: ,Du sollst mein Mann sein!' Wir wollen diesem Aroma das Mädchen wegnehmen. Wir wollen uns am Wege verstecken!"Die Tiere sagten: "So wollen wir es tun!"Die Tiere versteckten sich am Wege.

Aroma hatte einen großen Ballen Pfeffer in der Tasche. Er nahm davon ein wenig in den Mund. Als er ein Stück näher gekommen war, kam ihm ein Tier entgegen, das wollte ihm das Mädchen wegnehmen. Aromo ließ es herankommen. Dann bließ Aromo ihm den Pfeffer in die Augen. Das Tier konnte nicht sehen. Aromo ging mit seinem Mädchen vorbei; das Tier lief von dannen. Aroma nahm wieder ein wenig Pfeffer in den Mund.

Nach einiger Zeit kam Aroma ein anderes Tier entgegen, das wollte ihm das Mädchen wegnehmen. Aromo ließ es herankommen. Dann blies Aroma ihm den Pfeffer in die Augen. Das Tier konnte nichts sehen. Aroma ging mit seinem Mädchen vorbei; das Tier lief von dannen. Aroma nahm wieder ein wenig Pfeffer in den Mund.

So kam Aroma immer, wenn er ein wenig weiter gekommen war, ein anderes Tier entgegen, das ihm sein Mädchen wegnehmen wollte. Aromo ließ es stets herankommen. Wenn es herangekommen war, blies ihm Aroma den Pfeffer in die Augen. Das Tier konnte dann nichts sehen; Aroma ging immer mit seinem Mädchen vorbei. Das Tier lief vorüber. — So kam Aroma an allen Tieren vorbei, bis sein Pfeffer verbraucht war.

Aroma hatte all seinen Pfeffer verbraucht.

Vor Aroma lag nur noch ein Tier am Wege. Dies war Baga (der Löwe). Aroma hatte keinen Pfeffer mehr. Aber er hatte eine Kalebasse mit Wasser auf dem Rücken. Er nahm die Kalebasse. Aroma goß das Wasser aus der Kalebasse. Aroma nahm sein Mädchen, die



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Tochter des Toro, und steckte sie in die Kalebasse. Als das Mädchen darin war, kroch auch Aromo selbst noch hinein.

Als Aromo und sein Mädchen in der Kalebasse waren, rollte die Kalebasse auf dem Wege hin, auf Baga zu. Baga lag im Busch an einer Stelle, wo ein großer Strom floß, auf dem kein Boot war. Baga sagte: "Aromo wird nicht über diesen Fluß kommen. Hier werde ich ihn leicht fangen und ihm das Mädchen wegnehmen können." Baga wartete auf Aromo. Die Kalebasse, in der Aromo und sein Mädchen waren, rollte auf dem Wege auf Baga zu. Als Baga die runde Kalebasse so ankommen sah, sprang er vom Wege weg in den Busch. Die Kalebasse rollte aber auch vom Wege weit hinter Baga her in den Busch. Die Kalebasse folgte Baga. Baga sprang wieder zur Seite. Die Kalebasse folgte ihm aber wiederum nach.

Baga sagte: "Was ist das für eine Sache! Ich sitze hier am Wege und warte auf Aromo und sein Mädchen. Und da kommt diese Kalebasse und ärgert mich. Und diese Kalebasse will mir immer nachlaufen. Zuletzt werde ich darüber Aromo und sein Mädchen versäumen. Ich will diese Kalebasse lieber abtun."Baga war ärgerlich. Baga griff die Kalebasse. Baga schleuderte die Kalebasse mit starkem Schwunge. Die Kalebasse flog über den Strom hinweg. Baga sagte: "Nun kann die Kalebasse mich nicht mehr ärgern. Denn niemand kann über den Fluß schwimmen!"

Die Kalebasse fiel auf der andern Seite des Flusses auf das Ufer nieder. Die Kalebasse zersprang. Aromo und sein Mädchen kamen heraus. Baga sah Aromo und sein Mädchen. Baga sagte: "Was ist das? Also ist Aromo doch klüger als wir alle? Hm!"


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