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Kapitel 

VOLKSDICHTUNGEN AUS OBERGUINEA


I. BAND


FABULEIEN DREIER VÖLKER

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 4 BILDBEILAGEN

20. Vagina, Salz und Penis

Es gab kein Essen. Nirgends im Lande gab es Essen. Niemand hatte etwas zu essen. Kurru (Vagina) und Djoa (Penis) machten sich auf den Weg. Sie gingen in das nächste Land, um Sorghum und Salz zu kaufen. Sie gingen auf dem Markt umher. Sie sahen sich dies Korn an und sahen sich jenes Korn an. Sie sahen hier nach dem Salz und sahen dort nach dem Salz. Kurru sagte: "Wir müssen vor allem das Korn kaufen!"Djoa sagte: "Wir müssen vor allem das Salz kaufen."

Kurru und Djoa kauften Korn und Salz (Bara; in Haussa =gisiri; in Nupe =essan, in Jeruba =ijo). Dann machten sie sich auf den Heimweg. Als sie ein Stück weit gegangen waren, ward es dunkel. Als sie noch ein Stück weit gegangen waren, war es schwarz am Himmel. Der Regen war ganz nahe.

Der Regen begann zu fallen. Djoa sagte zu Kurru: "Der Regen



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beginnt zu fallen. Das Salz wird naß werden und weglaufen. Mach also lieber deinen Mund auf. Ich will das Salz hineintun; so wird es nicht naß werden!" Kurru sagte: "Tu es, wie du denkst." Kurru machte also den Mund auf. Djoa steckte darauf das Salz hinein. Kurru machte den Mund wieder zu.

Am Wege stand ein Termitenhügel. Der hatte seitlich eine Tür. Kurru sagte: "Ich werde in diesem Termitenhügel untertreten. Ich werde mich in dieser Höhle vor dem Regen schützen." Kurru kroch in den Termitenhügel. Djoa wollte auch mit in den Termitenhügel. Djoa lief hinter Kurru her. Kurru sagte aber: "Geh fort, suche dir dein eigenes Haus. Ich brauche mein Haus für mich!" Kurru trieb Djoa fort und blieb allein in seinem Termitenhügel.

Djoa lief weg. Djoa sah sich nach Stöcken um. Djoa schnitt sich Stöcke und baute sich dann ein kleines Haus. Djoa blieb in dem kleinen Haus. Es regnete in das kleine Haus nicht hinein.

Der Regen war sehr stark. Der Regen spülte den Termitenhaufen weg. Nun hatte Kurru kein Haus mehr. Kurru lief umher. Kurru suchte einen Schutz. Kurru sah Djoas Haus. Kurru lief auf Djoas Haus zu. Kurru kam zu Djoa. Djoa hatte gerade sein Essen gekocht und war bereit, es zu genießen. Kurru kam in Djoas Haus. Djoa sah Kurru und sagte: "Es ist gut, daß du kommst. Mein Essen ist fertig. Nun gib mir das Salz, das ich dir vorhin in den Mund legte. Ich will es nun in das Essen tun." Kurru sagte: "Das Salz, das du mir vorhin in den Mund gelegt hast? Das Salz ist nicht mehr da."Djoa sagte: "Ich will aber mein Salz haben!" Kurru sagte: "Das Salz ist nicht mehr da." Djoa sagte: "Ich will aber mein Salz haben!" Kurru sagte: "Das Salz ist nicht mehr da. Wenn du mir nicht glaubst, kannst du selbst hereinkommen und dich danach umsehen. Du wirst aber auch nur sehen, daß das Salz nicht mehr darin ist."

Djoa sagte: "Es ist gut; ich werde selbst hineingehen." Djoa ging also selbst hinein, um nach dem Salz zu suchen. Djoa fuhr in den einen Winkel. Djoa fuhr in den andern Winkel. Kurru sagte: "Such nur! Such! Such auch in den andern Winkeln!"Djoa fuhr in diesen Winkel. Djoa fuhr in jenen Winkel. Kurru sagte: "Such nur! Such nur!" Djoa wurde wütend. Er fuhr immer schneller von einem Winkel in den andern. Endlich war er ganz zornig. Er war vom vielen Suchen müde. Er hielt ein wenig inne und spuckte dann aus.



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Hierauf kam er heraus; er war niedergeschlagen, ließ den Kopf hängen und sagte: "Es ist wahr, das Salz ist wirklich nicht darin!" Kurru sagte: "Sagte ich nicht vorher, daß es nicht darin ist? Aber mir ist es recht, wenn du wieder hereinkommst und weitersuchst. "

Seitdem sucht Djoa immer wieder Kurru auf. Er sucht immer wieder in allen Winkeln nach dem Salz. Er findet es aber nie. Wenn er dann müde ist, so spuckt er aus und kommt wieder heraus. Immer wieder kommt Djoa zu Kurru. Sooft aber Djoa auch Kurru aufsucht, das Salz wird er doch nicht mehr finden.


Copyright: arpa, 2015.

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