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Kapitel 

VOLKSDICHTUNGEN AUS OBERGUINEA


I. BAND


FABULEIEN DREIER VÖLKER

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 4 BILDBEILAGEN

5. Der mörderische Sack (Jba)

Eine Frau hatte acht Kinder. Es waren drei Knaben und fünf Mädchen. Jeder der Burschen hatte seine Jwanga (Speere), der eine acht, der andere zehn, der andere zwölf. Wenn einer der Burschen auf die Farm ging, gab er seiner Mutter die Speere, daß sie sie aufbewahre. Die Mutter bewahrte die Speere der Burschen auf.

Die Burschen waren (einmal) in der Farm. Da kam ein Jba zu der Mutter. (Jba sind die aus Bastfäden am Griffwebstuhl gewebten Beute! oder Säcke, in denen Korn und andere Feldfrucht getragen wird.) Der Jba sagte zu der Mutter: "Gib mir einen der Speere deiner Söhne!" Die Mutter sagte: "Meine Söhne haben mir ihre Speere gegeben, daß ich sie aufbewahre. Ich kann sie nicht



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geben."Jba sagte: "Wenn du mir nicht einen der Speere deiner Söhne geben willst, dann mußt du mir deinen rechten Arm geben." Die Mutter hielt den rechten Arm hin. Der Jba schnitt den Arm der Mutter ab. Der Jba nahm den Arm und aß ihn. Dann ging der Jba.

Die Burschen kamen von der Farm heim. Die Burschen fragten die Mutter: "Was hast du mit deinem Arm gemacht?" Die Mutter sagte: "Es ist nichts."

Die Burschen gingen am andern Tag in die Farm. Da kam Jba wieder zu der Mutter. Der Jba sagte zu der Mutter: "Gib mir einen der Speere deiner Söhne!" Die Mutter sagte: "Meine Söhne haben mir ihre Speere gegeben, daß ich sie aufbewahre. Ich kann sie nicht geben." Der Jba sagte: "Wenn du mir nicht einen der Speere deiner Söhne geben willst, dann mußt du mir dein rechtes Bein geben." Die Mutter hielt das rechte Bein hin. Der Jba schnitt das Bein der Mutter ab. Der Jba nahm das Bein und aß es. Dann ging der Jba.

Die Burschen kamen von der Farm heim. Die Burschen fragten die Mutter: "Was hast du mit deinem Bein gemacht?" Die Mutter sagte: "Es ist nichts!"

Die Burschen gingen am andern Tage in die Farm. Da kam Jba wieder zu der Mutter. Der Jba sagte zu der Mutter: "Gib mir einen der Speere deiner Söhne!" Die Mutter sagte: "Meine Söhne haben mir ihre Speere gegeben, daß ich sie aufbewahre. . . Ich kann sie nicht geben."Jba sagte: "Wenn du mir nicht einen der Speere deiner Söhne geben willst, so mußt du mir deinen linken Arm geben!" Die Mutter hielt den linken Arm hin. Der Jba schnitt den Arm ab. Der Jba nahm den Arm und aß ihn. Dann ging der Jba.

Die Mutter starb.

Die Burschen kamen von der Farm heim. Die Burschen sagten: "Erst fragten wir die Mutter, wer ihr den rechten Arm abgeschnitten habe. Sie sagte: ,Es ist nichts.' Dann fragten wir die Mutter, wer ihr das rechte Bein abgeschnitten habe. Sie sagte: ,Es ist nichts.' Heute ist der Mutter der linke Arm abgeschnitten. Nun ist sie gestorben. Nun wollen wir sie erst begraben." Die Burschen begruben ihre Mutter.

Die Burschen sagten: "Wir haben die Mutter begraben. Wie können wir nun erfahren, wer unserer Mutter die Arme und das Bein abgeschnitten hat!" Die Burschen sagten: "Wir wollen Bier



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(nsorom) machen und alle Tiere zusammenrufen und sie fragen, was sie davon wissen." Die Burschen sagten: "Das wird das Richtige sein."

Darauf machten die Burschen Bier und riefen alle Tiere zusammen. Alle Tiere kamen zusammen. Aber der Jba kam nicht. (Früher war nämlich Jba auch ein Tier d. h. niamotoho; in Haussa: njamataschi!) Die Brüder und alle Tiere warteten. Nach zwei Tagen sahen sie den Jba in die Farm kommen. Die Burschen sagten: "Warum kommt der Jba so spät?" Sie sprangen auf Jba zu. Sie fingen ihn. Sie sagten: "Jba hat unsere Mutter getötet!"

Sie töteten Jba und seitdem wird der Jba als Sack für Kopflasten verwendet, um Sorghum und andere Früchte darin zu tragen. Seitdem ist Jba kein Tier mehr. Vordem aber war Jba ein Tier. Jba war ein sehr schlechtes Tier.


Copyright: arpa, 2015.

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