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DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSEND UND EIN NÄCHTEN

VOLLSTÄNDIGE DEUTSCHE AUSGABE IN SECHS BANDEN

ZUM ERSTEN MAL NACH DEM ARABISCHEN URTEXT DER CALCUTTAER AUSGABE AUS DEM JAHRE 1839

ÜBERTRAGEN VON ENNO LITTMANN

BAND 3

IM INSEL-VERLAG


DIE GESCHICHTE VON DEM DUMMKOPF UND DEM SCHELM

Ein Dummkopf ging einmal seines Weges dahin, in der Hand ein Seil, an dem er einen Esel hinter sich herzog. Da erblickten ihn zwei Leute aus der Zunft der Schelme, und einer sprach zum andern: ,Ich will dem Kerl da den Esel abnehmen!' Jener fragte: ,Wie willst du das machen?' Der antwortete ihm: ,Folge mir nur; ich will es dir schon zeigen!' Der zweite Schelm folgte nun dem ersten, und der trat an den Esel heran, machte ihn von dem Seile los und gab das Tier seinem Genossen; dann legte er das Seil um seinen Hals und ging hinter dem Dummkopfe her, bis er wußte, daß sein Kumpan sich mit dem Esel aus dem Staube gemacht hatte. Da blieb er stehen. Der Dummkopf zog nun an dem Seil; aber weil der Schelm nicht vorwärts ging, wandte er sich nach ihm um und entdeckte nun das Seil am Kopfe eines Mannes. ,Was bist du denn' rief er aus; und der Schelm erwiderte: ,Ich bin dein Esel; aber mit mir hat sich eine seltsame Geschichte zugetragen; und die ist so: Ich habe eine alte fromme Mutter. und ich bin eines Tages trunken zu ihr gekommen. Als sie damals zu mir sagte:



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,Mein Sohn, kehre zu Allah dem Erhabenen zurück von diesem bösen Tun!' nahm ich meinen Stab und schlug sie damit. Sie aber fluchte mir, und Allah der Erhabene verwandelte mich in einen Esel und fügte es so, daß ich in deine Hände kam. So blieb ich denn bei dir diese lange Zeit hindurch. Heute jedoch hat meine Mutter sich meiner erinnert, und da ihr Herz von Sehnsucht nach mir erfüllt ist, so hat sie für mich gebetet, und Allah hat mich wieder zu einem menschlichen Wesen gemacht, so wie ich es früher war.' Da rief der Mann: ,Es gibt keine Macht und es gibt keine Majestät außer bei Allah dem Erhabenen und Allmächtigen! Um Gottes willen, mein Bruder, sprich mich von den Sünden frei, die ich an dir begangen habe durch das Reiten und alles andere!' Darauf ließ er den Schelm seiner Wege gehen, und er, der gewesene Besitzer des Esels, kehrte nach Hause zurück, wie trunken vor Traurigkeit und Herzeleid. Als seine Frau ihn fragte: ,Was hat dich betroffen, und wo ist der Esel?' gab er ihr zur Antwort: ,Du weißt nicht, was es mit diesem Esel war; ich will es dir aber sagen!' Und dann erzählte er ihr die Geschichte. Da rief sie: ,Wehe uns, um der Strafe willen von Allah dem Erhabenen! Wie konnten wir diese ganze Zeit hindurch einen Menschen uns als Tier dienen lassen!' Und sie gab Almosen und flehte zu Gott um Verzeihung. Ihr Mann aber blieb eine Weile im Hause sitzen, ohne zu arbeiten, bis die Frau zu ihm sprach: ,Wie lange willst du noch so untätig daheim bleiben? Geh doch zum Markte und kauf uns einen Esel; mit dem kannst du wieder arbeiten.' Nun ging er auf den Markt und blieb dort stehen, wo die Esel waren. Und siehe, auch sein Esel stand da zum Verkaufe. Nachdem er ihn erkannt hatte, trat er dicht an ihn heran, legte den Mund an sein Ohr und flüsterte ihm zu: ,Weh dir, Unseliger, du bist wohl wieder trunken nach Hause



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gekommen und hast deine Mutter geschlagen! Aber, bei Allah, ich kaufe dich nie wieder!' Dann verließ er ihn und ging davon.

Ferner wird erzählt


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