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Kapitel 

VOLKSDICHTUNGEN AUS OBERGUINEA


I. BAND


FABULEIEN DREIER VÖLKER

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 4 BILDBEILAGEN

4. Das Mädchen und Aboninga

Ein Mann ging in ein anderes Dorf, ein Mädchen zu heiraten. Er führte das Mädchen dann in sein Dorf. Beide Dörfer waren benachbart und nicht weit voneinander entfernt.

Die jungen Mädchen sagten: "Wir wollen alle zusammen in das andere Dorf gehen und für die verheiratete Freundin und ihren Mann singen und tanzen." — Im Dorfe war auch ein junges Mädchen, das wußte schöner zu singen als alle andern. Die andern Mädchen gingen zu ihm und sagten: "Wir wollen alle zusammen in das andere Dorf gehen und für die verheiratete Freundin und ihren Mann singen und tanzen. Du kommst doch mit uns ?" Das Mädchen sagte: "Ich möchte schon mitkommen, aber ich muß für meine Mutter noch einen Topf voll Palmöl verkaufen!" Die andern Mädchen sagten: "Es ist gut. Jedes von uns wird etwas davon kaufen und dann können wir gehen!" Jede Freundin kaufte etwas Palmöl. Als das fertig war, sagten die Mädchen: "Jetzt komm; wir wollen gehen!" Das junge Mädchen aber sagte: "Nein, ich kann noch nicht gehen.



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Meine Mutter verlangt von mir, daß ich erst noch einen Sack voll Salz verkaufe!" Die andern Mädchen sagten: "Solange können wir nicht warten. Bis dahin wird es dunkel. Wir gehen voran. Verkauf dein Salz und dann komme nur nach!" Die andern Mädchen gingen.

Das junge Mädchen blieb und verkaufte das Salz. Bis das erledigt war, war es Nacht geworden. Das junge Mädchen machte sich in der Nacht auf den Weg, seinen Freundinnen zu folgen. Es war ganz dunkel geworden und nichts mehr zu sehen. Das junge Mädchen fand zuerst den Weg nicht.

Dann kamen aber die Leuchtkäferchen (Nimitusa) und zeigten dem Mädchen den Weg. So fand sie sich zurecht. Während das Mädchen ging, sang sie. Sie sang: "Die Mädchen aus unserem Dorfe singen schön. Die Mädchen aus dem andern Dorfe können nichts! Die Mädchen aus unserem Dorfe singen schön. Die Mädchen aus dem andern Dorfe können nichts!"

Aboninga hörte das. Aboninga kam auf das Mädchen zu und sagte: "Du hast schön gesungen." Dann spuckte Aboninga dem jungen Mädchen auf den Hals. Sogleich hatte das junge Mädchen den Mund voller Speichel. Als es weitersingen wollte, war es kein schöner Gesang mehr, sondern es klang sehr häßlich.

Sie kam in dem andern Dorf an. Sie wollte singen. Sie konnte aber nicht mehr singen. Alle Leute standen herum und waren darüber erstaunt, daß sie nicht singen konnte. Der junge Mann fragte sie: "Wie kommt es, daß du mit einem Male nicht mehr singen kannst!" Das junge Mädchen sagte: "Während ich durch den dunklen Wald ging und sang, kam mir ein Aboninga entgegen. Er sagte: "Du hast schön gesungen! — Dann spuckte er mir auf den Hals. Gleich hatte ich den Mund voller Speichel, und nun kann ich nicht mehr singen."

Als der junge Mann das hörte, rief er sogleich alle seine Freunde zusammen. Er sagte: "Kommt, wir wollen unsere Bogen und Pfeile und Haumesser mitnehmen und wollen den Aboninga im Walde suchen." Die jungen Männer holten sogleich alle ihre Waffen herbei und begaben sich dann mit dem jungen Ehemann in den Wald, um den Aboninga zu suchen.

Nachdem sie eine Weile gesucht hatten, fanden sie Aboninga. Sie schossen auf den Aboninga. Aboninga fiel. Die Freunde schnitten ihm alles Fleisch vom Leibe. Dann fuhr das Leben aus seinem Leibe.



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Seitdem ist der Aboninga in die Menschen gefahren und macht sie verrückt. (Der Verrückte, Tobsüchtige =diginde; der Blödsinnige, Blöde =gimmele.)


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