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VOLKSDICHTUNGEN AUS OBERGUINEA


I. BAND


FABULEIEN DREIER VÖLKER

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 4 BILDBEILAGEN

h) Schamane. Subachen. Zaubermittel

Wir haben nun schon gar mancherlei von den Schamanenpriestern, den Teu der Tim gehört. Wir haben gesehen, daß diese Priester hier in mancherlei Lebenslagen zu Rate gezogen werden. Sie treten bei den Tim häufig mit manistischen Anschauungen und Kultussitten in Beziehung, was bei den Diabastämmen nicht so der Fall war. — Es wird Zeit, ihren Werdegang und ihr Wesen zu betrachten.

Wenn ein Kind ganz mager und dünn geboren wird, so daß es als ein fast hoffnungsloses Wesen erscheint, so wendet sich der Vater mit der Frage an einen alten Teu, was mit dem Kinde zu tun sei, damit es am Leben bleibe, und wie dieser traurige und unschöne Zustand eigentlich zu deuten sei. Der alte Schamane pflegt zu antworten, daß dies Kind offensichtlich zum Teu prädestiniert sei und daß man es demgemäß sogleich mit der nur den Teu bekannten Teumedizin behandeln müsse. — Also, daß wir die kleinen Scha



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manen bei den Tim sich ebenso einbürgern sehen wie bei den benachbarten Bassariten.

Wächst das Knäblein heran, so beginnen sich prophetische Träume einzustellen. Er spricht über sie wohl zu den Eltern, nicht aber zu dem alten Teu, dem sein Vater ihn einst vorstellte und der ihm einst die Medizin verabfolgte. Dieser alte Herr erfährt von solchen inneren Erlebnissen seines heransprossenden Schützlings nur ganz im allgemeinen. Solche Kenntnisnahme genügt ihm aber, seine Ansicht als bestätigt zu betrachten. Er beginnt auf dieser Grundlage den Burschen wieder einen Schritt weiter in seine Prophetenlaufbahn einzuführen, indem er ihm abermals ein Elixier verabfolgt. Das macht den Jüngling hellseherisch. Hie und da kann er gelegentlich von dieser Eigenschaft Zeugnis ablegen. Man spricht davon, man erkennt ihn an, beginnt ihn als aufgehende geistige Größe zu betrachten. Es finden sich Leute, die ein Geschenk von 20 bis 100 Kauri wagen, womit sie ihn bestimmen wollen, in irgendeiner Angelegenheit seine Hellsichtigkeit in ihren Dienst zu stellen. Solche Experimente mögen einige Male von Erfolg gekrönt sein, und somit breitet sich sein Ruf aus und er wächst nach außen unmerklich, aber sicher, als kommender Teu in die Volksüberzeugung hinein.

Wenn der junge Mann das Alter erreicht hat, in dem andere heiraten, so erfolgt die eigentliche Einführungszeremonie, die im Lisassi-Dang, im Heiligtume oder Tempel des alten Teu stattfindet. Hierin treffen wir alle Religionssymbole der Tim.

Da steht zunächst ein kleiner runder Sessel, der den Namen Lisassi-dequule hat, daneben ein paar Holzfiguren, die Lisassi oder Lesassi (Singular: Lisa oder Leso). Diese Figuren sind stets paarweise vorhanden, und zwar führt die weibliche den Namen Tjettere, die männliche den Namen Djere oder Tjeri. Die Ausdeutung dieser Figuren hat mir viel Mühe gemacht, ohne daß ich ein ausschlaggebendes Resultat erzielt hätte. Ich will das negativ abgrenzende in den Vordergrund stellen. Die Haussadolmetscher übersetzten mir diese Bedeutung mit iblis =Teufel, böser Geist, in Haussa. Wir hörten das mehrfach, ich kann aber nach gründlicher Erkundung feststellen, daß das eine irrtümliche Erklärung ist. Weiterhin stellen diese Holzfiguren auf keinen Fall Ahnenbilder dar. Die Tim erklären selbst: "Wir sind keine Kabreleute, die sich einen Großvater aus Lehm machen." Diese Figuren repräsentieren keine Ahnen, haben keine Namen und scheinen niemals vererbt zu werden. Sie repräsentieren überhaupt keine Menschen.

Mehrere Tatsachen bieten dagegen doch einige Anhaltspunkte für Schlußfolgerungen im positiven Sinne. Wir hören mehrfach, daß im Falle des Ausbleibens von Kindersegen und im Falle von Krank-



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heiten Profane und Priester sich solche Gestalten aus Holz und Lehm hinstellten, denen man dann reichlich Hühnerblut und anderes opfere. Also nicht nur im Priestertempel, sondern auch in privaten Verehrungstätten treffen wir diese Figuren. —Zum zweiten ist hoch bemerkenswert, daß stets Mann und Weib, also zwei Figuren hergestellt und derart verehrt werden. Genau das gleiche finden wir bei den Habe. Auch da immer zwei, männlich und weiblich. Auch da so unklare Mitteilung über die Gobuna (die Mann und Weib darstellt) und über die Hamba oder Amba (vgl. Atlantis Band VI). Auch dort werden die Holzfiguren ebenso leicht fortgegeben wie bei den Tim. Auch dort die energische Ablehnung eines Ahnenfigurenbegriffes. Damit kommen wir aber zu der Eigentümlichkeit, die ich so häufig bei Bammana, Tombo-Habe, Senufo usw. sah und auf die ich zuerst in Kumi aufmerksam wurde, daß nämlich von zwei tragenden Pfeilern in den Torgebäuden der Vornehmen, den Privatgebäuden der Priester und in den Männerklubhäusern, der eine mit einer weiblichen Figur (oder zwei Busen) und der andere mit einer männlichen (oder auch einem Phallus) geschmückt war. Immer war das ein Hinweis auf die Geschlechtstätigkeit im Sinne der Fruchtbarkeit.

Noch eins sei dazwischengeworfen. Das Wort lisa erinnert ungemein stark an Orissa =Gott bei den Joroubastämmen. Lisa, Risa, Resa usw. wird als Gott ziemlich weit nach Süden zu verfolgen sein. Und auch das Amba der Tombo wurde mir, was ich damals für falsch hielt, als Gott übersetzt.

Wenn diese göttliche Kraft der Fruchtbarkeit hierin schon geboten ist, so weist eine andere Beziehung in der gleichen Richtung. In Dako erwarb Dr. Hugershoff ein ähnliches Paar Figuren, welches hier als su (Plural: sea) bezeichnet wurde. Die männliche trägt vorn eine Eidechse, hinten ein Kind oder eine weibliche Gestalt, eine Frau (??). Dazu gehörte eine eiserne Opferschlange, die ebenfalls su genannt wurde. Diese Figuren und Eisenschlangen scheinen aber einen sehr engen Zusammenhang zu haben. Am Ogonghause im Kani Kombole war die Schlange mit den beiden in eifriger Begattung begriffenen Figuren abgebildet. Und die Sage von Adam und Eva, der sehr wohl noch ein anderer als der biblische Sinn zugrunde liegen kann, die sogar, soviel können wir heute mit Bestimmtheit sagen, sicherlich einen tiefen kosmogonischen Sinn hatte -ist auch den Sudanvölkern bekannt. Siehe Bassaritenlegenden.

Und so finden wir denn im Lisassi-Dang, im Tempel der Teu neben den Lisassi stets zwei eiserne Schlangen, gar deutlich erkennbar. Sie heißen beide Songori (Plural: Songoiwa) und eine von ihnen gilt als ein Mann, die andere als Weib. Ich muß daran erinnern, daß bei den Bassariten die Kinder, die die Frau nicht nach



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gewöhnlichem Beischlaf, sondern nach längerer Zeremonie geboren hat, ebenfalls den Namen Songoi führen, daß in Dako Holzfiguren und Eisenschlangen gleichnamig als su bezeichnet wurden. Die Idee der Fruchtbarkeitsförderung, die hier auch ausgesprochen wird, führt dazu, daß die eiserne Schlange dann und wann auf Veranlassung der Teu für Privatgehöfte angefertigt wird. Begründet wird das damit, daß die Schlange selbst, die im Wasser lebt, nicht mit ins Haus genommen werden kann. Man pflegt den Eisenschlangen, wenn die Ernte eingebracht ist, etwas vom jungen Reichtum zu geben, ehe man selbst davon genießt. Versäumt man das, so bekommt einem das erste Gericht nicht oder aber die nächste Ernte fällt schlecht aus. — Die Gestalt der Schlange ist hier genau die gleiche wie auf den eisernen hohen "Fetischbäumen", deren einen ich aus Atakpama erhielt, und die auch unter den Beninwerken an Größe auffallen. Somit schließt sich diese Erscheinung bequem der tönernen und lebendigen Schlange an, die an und in den Speichern der Mossi, Transkarajer, Bobostämme usw. verzeichnet wurde und leitet unsere Aufmerksamkeit anderseits zu dem Dienst, der sich nach dem alten Bosmann und anderen Schriftstellern früher im Schlangentempel zu Wida abspielte.

Außer diesen Schlangen gehört zum Lisafigurenpaar noch das T-Eisen, das hier fälschlich Lisa und richtig Dasongi genannt wird. Über dies Eisen, das Agema der Bassari, habe ich schon oben gesprochen. Bei den Tim schneidet man auf dem dasongi den Hühnern den Hals durch, die man den Aboninga opfert, gewissen, in den Legenden mehrfach erwähnten Waldkobolden (vgl. die Volkserzählungen), die zwergartig, mit langen Haaren versehen sind, und die den sie erblickenden Menschen den Tod bringen. Auch sie sind nicht nur im Teutempel, sondern auch anderweitig als in heiligen Häusern zu finden. In Bafilo befindet sich auch eine Kangara-Einrichtung (über die weiter unten mehr zu sprechen sein wird) vor dem Häuptlingsgehöft. Sie bestand aus einem 15 cm hohen Holzblock, der in den Boden eingelassen war. In seiner Mitte war das Dasongieisen eingelassen. Als Erklärung ward angegeben, daß, wenn ein Hund an diesem Gehöft vorbeilaufe, er dann halt mache und den Platz verunreinige, daß dann der Häuptling das Recht habe, den unsauberen Gast einzufangen, ihn auf dem Eisen zu schlachten und ihn zu verspeisen. Dies Eisen nimmt hier also angeblich nur die Stelle einer Unterlage beim Opfer ein. Daß diese Erklärung nicht erschöpfend ist, beweist die Verwendung bei den Bassariten. Aber nicht nur bei diesen, sondern auch im Süden und Südosten bei den Dahome-Fung Atakpames und den Joruba kehrt das Gerät wieder, und zwar abermals bei den Bassari und in den Tempelschnitzereien und Metallembiemen der Joruba-Beninkultur. Bald



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hat es die Gestalt eines Rasiermessers, bald die eines Angelhakens.

Dann finden wir im gleichen Tempel das Tjaburru oder Djaburru, das ist ein mehr oder weniger hohes und phallusartiges Lehmaltärchen, das mit Warzen aus Ton bedeckt ist. Damit werden wir zurückgeführt zu den Ideen der Seelenwanderung, die 5. 167 (oben) behandelt wurden. Es wurde dort von der Diaburrunda gesprochen, die im Adeleland geglaubt wird. Hier treffen wir nun den gleichen Namen und dürfen somit wohl annehmen, daß dies der Ort ist, an dem der Teu mit den Seelen der Verstorbenen spricht, daß also nicht nur die Diallama eine Beziehung zu dieser Sache haben.

Fernerhin ist in dem Tempelchen Tjorru, das Horn einer Pferdeantilope, in das Gewürzbaumblätter und Opferblut der Hühner geschmiert ist. Dann steht da eine Kalebasse mit Quoba, den Blitzsteinen, über die Wasser gegossen ist. Darein ist Kaff a (Mehlspeise) gemischt, und die Küchlein, Donu und Fura, Milch, eine Hausmaus und allerhand Medizinkräuter sind hineingeworfen. Es ist eine wunderliche Brühe. Auch heilige Töpfe finden sich wohl hier doch scheinen die Mehrzahl derselben in Privathäusern Aufstellung zu finden.

In das derart ausgestattete Tempelchen wird der Novize nun zur letzten Zeremonie von seinem Lehrmeister, dem alten Teu, eingeführt. Zunächst erhält er eine Speise, die von den Weibern des Alten in besonderer Weise hergerichtet wird. Nach deren Vertilgung spritzt ihm der Priester noch eine besondere Medizin in die Nase und danach endlich setzt er ihn auf den Lisassi-Dequule-Stuhl. — Er hat die beiden Aguangama(Sing.: Duquengede)-Glocken von der Uboa-Djilam-Form in Händen. Er schellt. Er beginnt am ganzen Leibe zu zittern. Danach steht er auf. Der Geist des Lisassi ist offenbar in ihn übergegangen.

Ist der Zustand der Exstase erreicht, so opfert der alte Teu noch fünf Hühner über dem Lisassistuhl und führt den jungen Schamanen in die Geheimnisse des Sandorakels ein. Weiterhin wird über der oben erwähnten Kalebasse, die die Blitzsteine enthält, geopfert. Das Blut der Opfertiere läßt man darauf tropfen und die Federchen klebt man dann an die Außenseite. Anscheinend ist das der Abschluß der Einführungszeremonie.

Der so eingeweihte junge Teu macht sich nun ein Lisassi-Dang, ein Tempelchen ganz nach der Art, die er bei seinem Lehrherrn kennen gelernt hat. Da er noch nicht sachkundig und ohne Erfahrung ist, geht er oftmals zu dem alten Teu, sieht dessen Manipulationen zu, hilft ihm auch als echter Zauberlehrling und jüngerer Genosse und lernt derart so emsig wie nur möglich. Im übrigen bleibt er aber das, was alle Tim sind: ein Bauer.



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Bei den Tim gilt "Teu-sein" nicht als ein alles ausfüllender Beruf. Der Teu ist von den Lisassi berufen. Er ist ein Prophet. Aber das hindert ihn absolut nicht an der Ausführung sonst von ihm geübten Gewerbes. Wie die alten Propheten und die Jünger "Des Nazareners", so sind die Priester dieser Art einfache Landleute, die nur eben durch eine Veranlagung ausgezeichnet sind, die übersinnlicher Natur ist. Ihre absolute Spezialität ist das Weissagen aus dem Sande und außerdem ist diese Wahrsagetätigkeit noch gegen die Vampire oder Subachen im speziellen gerichtet -hier, wie bei Bassariten und wie bei vielen andern Völkern.

Der Vampir heißt bei den Tim Ivellu oder Fellu resp. Fello (Plural: ifella). Er speist die Seelen der Lebenden, und zwar nachts. Bevorzugt als Objekte sind entschieden wohigekleidete und angesehene, während auf die Fetten hier weniger Gewicht gelegt wird. Angefressene sterben sogleich. Es scheint hier eine Anschauungsweise vorzuliegen, die gegenüber allem, was wir früher hörten, abweicht. Ich hörte zunächst auch hier, daß die Ivellu als Feuerfunken durch die Luft fliegen, wenn sie auf Raub ausgehen. Dann wurde mir später folgende Ansicht mehrfach bestätigt: Die Ivellu ziehen nachts als Hyänen verwandelt umher. Daß diese Hyänen keine gewöhnlichen sind, kann man daran erkennen, daß, wenn man im Busch eine solche Subachenhyäne erschlägt, im Dorf gleichzeitig der zugehörige Mensch stirbt. Dann weiß man, daß der gestorbene Mann ein Ivellu war. Von den Ivelluhyänen sagt man, daß sie besonders gern kleine Kinder fressen. Also der Werwolf! —Auch sonst hört man, daß die fliegenden Ivellu zwei Augen im Hinterkopf hätten, daß sie auf allen vieren durch den Busch zögen, mit Feuerbränden, die aus den Achselhöhlen und aus dem Hinterteil herausströmen. Somit ist wohl sicher, daß die bei den Bamana noch getrennten Typen von Subache und Werwolf bei den Tim durcheinanderfljeßen.

Oben schon ward gesagt, daß nach plötzlichem oder irgendwie ungewöhnlichem Tode ein Teu gefragt werde, welches die Ursache sei und daß er dann zuweilen auf einen Vampirmord hinweise. Man ist in solchem Falle bei den Kotokolli ungemein vorsichtig und läßt sich den Verdacht mehrseitig bestätigen, ehe man zu ernsten Maßnahmen greift. Die Familie eines unter solchen Verdachtmomenten verstorbenen Menschen sendet einen Bruder oder sonstigen Verwandetn bei drei Teu herum und läßt ihn überall fragen, wer der Mörder sei. Im klaren Falle sagen alle drei Schamanen nach Orakelbefragung einstimmig aus. Der Sendling kehrt dann heim und meldet seinen Befund nicht nur der Familie, sondern auch dem Häuptling.

Früher wurde daraufhin im Dorf Sada dem Angeklagten der



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Trank Tchalanu direkt gereicht. Nur wenn er das Gift erbrach, ward er als unschuldig freigesagt, sonst richtete ihn der Orakeltod. Daran starben aber dann sehr viele Menschen, und deshalb wurde die gleich zu erwähnende Sittenänderung eingeführt. Vorher nur eines. In Sokode schrieb ich den Namen Tchalanu für den Gifttrank auf. Jetzt fällt mir auf, daß Tchalanu (Plural: Tchalama) auch die aus dem Adeleland eingewanderten Vermittler heißen, die die Beziehung zum Djaburunda aufrechterhalten (siehe oben S. 167). Da nun Nu (Plural: ma) =Person, Leute aus bedeutet, so steigen mir Bedenken diesen Namens betreffend auf.

Die Orakeifrage geschieht heute so, daß man den Gifttrank nicht dem Angeklagten, sondern einem Hahn vorsetzt, der in einen Korb gesperrt ist. Man bevorzugt dazu die Tjanqualle genannte Hühnerart, die schwarz und weiß gesprenkelt ist. Fernerhin ist in den Korb Sorghum gestreut. Man beobachtet das Tier. Stirbt der Hahn direkt, so ist die Schuld des Angeklagten erwiesen. Wenn der Hahn aber durch den Gifttrank gar nicht geschädigt wird und gleich zum Aufpicken des Kornes übergeht, so ist des Mannes Unschuld erwiesen. — Der solcher Weise überwiesene Mörder wird heute seines gesamten Besitzes beraubt und aus dem Lande vertrieben oder als Sklave verkauft.

Zu dem Ordal habe ich zu bemerken, daß hier der wichtige Beweis einer Beziehung zu einem südöstlichen Kulturkreise vorliegt. — Ich habe die vorkommenden Literaturangaben in einer kleinen Abhandlung: "Hühner im Kult" seiner Zeit in den Mitteilungen aus den Deutschen Schutzgebieten veröffentlicht - z. B. das Baenge der Sande usw.

Nun noch einige Worte über verschiedene Zaubermittel.

Zunächst sind da allerhand heilige Töpfe höherer oder niederer Heiligkeit zu verzeichnen. Sie interessieren insofern als sie die gleichen "Warzen"buckel haben, die wir bei den Bosso und nachher verschiedentlich bei Bobo und Djabavölkern sahen. — Ein "Esso-bru" ist z. B. ein Gottestopf dieser Art mit Deckel der unter einem alten Baum steht. Wenn Krankheiten in benachbarten Dörfern auftreten, wird unter den Gemeinden eine gemeinsame Sammlung veranstaltet und für das Ergebnis eine Reihe von Hühnern gekauft, die dann über dem Esso-bru geopfert werden - "Idja-bru" sind dagegen Großvatertöpfe, die bei Geburt eines Kindes angeschafft und über denen dann von Zeit zu Zeit geopfert wird, damit das Kind gesund und kräftig aufwachse. — Ich greife nun auf die Stelle zurück, an der wir das Altärchen Dja-burru erwähnten, das dem Ahnendienst gewidmet ist. — Hier haben wir eine linguistische Erklärung.

Im allgemeinen erhält man bei den Tim die geistigen Angriffs-



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und Verteidigungswaffen durch den Fate-do oder Fade-do (Plural: Fate-dinna) genannten Medizinmann, der gar nichts mit dem Teu zu tun hat, sondern nur allerhand Art Zaubermittel herstellt. Man nennt ein solches Instrument Fadin (Plural: Fadinoa) und unterscheidet zum Beispiel:

Mare-fadin gegen Kriegsverwundung und Kriegertod.
Equam-fadin für Jagdglück.
Masolei-fadin für Liebeseroberung.
Duma-fadin gegen Schlangenbiß.
Koasuto-fadin für Gesundheit im allgemeinen.
Lotu-fadin gegen Bauchkrankheiten.
Busu-fadin gegen Haisleiden.
Kudju-fadin gegen Kopfleiden usw.

Viele von diesen sind einfache Medikamente, Arzneimittel, andere Amulette. Es gibt eine Unmenge von ihnen. Viele sind aus Kaurimuscheln zusammengesetzt und werden auf den Körperteilen getragen, die geschützt werden sollen.

Unter den den Jägerhäusern vorgebauten Veranden sieht man häufig große Lehmfiguren, große Tiergestalten, die als Femandokutjun (Singular: Feman-kutjo) bezeichnet werden. Die einen sagen, das seien nur Embleme großen Jägertums. Andere behaupten, diese Bildnisse sollten Glück bringen. — Vor den Torhäusern der Häuptlingsgehöfte stehen oft Holzfiguren: Kangara (Plural: Kangaraba). Man sagt, sie sollen den Zweck haben, diejenigen, die hineingegangen sind, davon abzuhalten, Streit und Schwierigkeiten zu bereiten.


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