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Kapitel 

VOLKSDICHTUNGEN AUS OBERGUINEA


I. BAND


FABULEIEN DREIER VÖLKER

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 4 BILDBEILAGEN

21. Spinne und die Gestirne**

Der (oder ein) Häuptling versammelte einmal alle seine Leute. Er legte acht Hackeneisen hin und fragte: "Wer von euch kann etwas Ordentliches und das, was ich meine, daraus machen?"Alle Leute sahen sich an. Jeder dachte darüber nach. Einer nach dem andern sagte: "Ich kann es nicht sagen."Alle sagten: "Wir können



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es nicht sagen." Endlich aber sagte Spinne: "Ich weiß es; man könnte die Sonne und den Mond daraus machen." Der Häuptling sagte: "Es ist gut." Spinne nahm die Hackenklingen, trug sie fort und versteckte sie auf dem Marktplatz.

Danach hüllte Spinne sich in das Kleid eines Vogels und flog auf ein hohes Dach. Die Kinder sahen ihn und schrien: "Seht den Vogel! Was ist das für ein Vogel?" Die Alten sahen den Vogel. Sie sagten: "Was ist das? Seht den Vogel! Was ist das für ein Vogel?" Der Häuptling sah den Vogel. Er sagte: "Seht! Was ist das für ein Vogel? Seht den Vogel! Was ist das für ein Vogel ?" Niemand kannte den Vogel. Einige Leute sagten: "Wir kennen den Vogel alle nicht. Wenn ihn jemand kennt, so ist es Spinne. Spinne kennt alles!" Man suchte Spinne. Man fand Spinne nicht. Der Häuptling sagte: "Spinne ist nicht da; ich weiß es, denn ich habe ihn fortgesandt, die Sonne und den Mond machen zu lassen."

Der Vogel auf dem Baume oben sagte darauf: "So will ich es euch denn sagen: Ich bin es selbst. Ich bin Spinne. Ich dachte, der Häuptling wolle mich mit seinem Auftrage nur anführen. Jetzt will ich aber machen, daß ich fortkomme und meinen Auftrag ausführe."

Spinne flog fort. Spinne legte das Vogelkleid ab. Dann langte Spinne aus dem Versteck die acht Hackeneisen hervor und begab sich auf die Wanderung zu Unumbotte (Gott). Als Spinne mit den acht Hackeneisen zu Unumbotte kam, sagte er: "Ich habe den Auftrag, aus diesen acht Hackeneisen Sonne und Mond schmieden zu lassen. Ein anderer kann es nicht. Willst du es aber tun?" Unumbotte sagte: "Zeig' die acht Hackeneisen her." Spinne gab sie hin. Unumbotte begann die Arbeit. Unumbotte fertigte aus den acht Hackeneisen Sonne und Mond. Er gab sie dann Spinne.

Spinne nahm Sonne und Mond, um sie zur Erde zu tragen. Sonne und Mond waren aber heiß. Spinnes Finger konnten die Hitze nicht lange aushalten. Spinne lief ein Stückchen, dann legte er Sonne und Mond ein wenig hin und wartete, bis die Finger sich ein wenig abgekühlt hatten. Sobald er es vermochte, nahm er Sonne und Mond wieder auf und lief damit ein Stück weiter, bis die Finger wieder zu schmerzen begannen. Da er also immer von Zeit zu Zeit anhalten mußte, kam er nicht schnell von der Stelle.

Endlich kam Spinne mit der Sonne und dem Mond auf der Erde an. Er warf den Mond zunächst in das Wasser. Da kühlte er ab. Die Sonne warf er auf die Erde, da ging sie unter. Der Mond aber



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ging auf. Nachher warf er die Sonne an den Himmel (?).Wie es aber zu heiß war, lief er in das Haus. Seitdem gehen Sonne und Mond regelmäßig auf und unter. Mittags ist die Sonne heiß. Spinne aber ist seitdem in den Häusern.


Copyright: arpa, 2015.

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