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Kapitel 

DIE ATLANTISCHE GÖTTERLEHRE

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1926

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT EINER FARBIGEN TAFEL, 16 KARTEN

UND 87 ZEICHNUNGEN IM TEXT

51. Ahun wird weiterverkauft (Bruchstück)

Ein interessantes, weil ergänzendes Bruchstück zu diesem Thema erhielt ich von Ilifeleuten. Der Beginn dieser Version ist, daß in einer allgemeinen Hungersnot, in der sich sechs Männer um eine Schüssel mit Agidibrei erschlugen, Ahun den Koko genannten Jams im Busche stiehlt und dann gefangen wird. Er wird vor Gericht gebracht, von Osi verurteilt, aber auf Orisas Bitte freigegeben. Er wird Orisas Diener, schlägt wie in Nr. 50 vor, Orisas Stock zu essen, um dann als Stock selbst verwendet zu werden. Hierbei fährt dann der Erzähler fort:

Orisa nahm Ahun als Stock. Er setzte dabei immer Ahun mit dem Kopf auf den Boden. Davon bekam Ahun einen heißen Kopf. Ahun wurde krank. Ahun sagte: "Mein Herr! Verkaufe mich lieber und kaufe dir dafür einen besseren Stock. Ich fühle, daß ich nicht genug



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Kraft besitze. Verkaufe mich an die Leute, die immer Wasser im Munde haben. Sie werden viel Geld für mich bezahlen."

Darauf verkaufte Orisa Ahun an die Leute, die immer Wasser im Munde haben. Einige Zeit, nachdem Ahun das geübt hatte, bekam er solchen Durst, daß er das Wasser hinunterschlucken mußte. Die Leute sahen das und sagten: "Dieser Ahun hat das Wasser hinuntergeschluckt. Er gehört nicht zu uns. Er paßt nicht zu uns."Ahun sagte: "In der Tat habt ihr recht. Wenn ich Durst habe oder sprechen will, muß ich das Wasser hinunterschlucken. Ihr habt für mich nun bezahlt. Ich möchte euch also raten, mich wieder zu verkaufen, damit ihr wieder zu eurem Gelde kommt. Ich rate euch, mich zu den Leuten zu schicken, die alle Tage opfern!" Die Leute, die immer Wasser im Munde hatten, sagten: "Das ist recht."

Ahun wurde an die Leute verkauft, die alle Tage opfern. Bei diesen Leuten ging es Ahun recht gut. Alle Tage wurden Schafe, Hühner und Ziegen geopfert und alle Tage gab es viel zu essen. An einem Tage senkte sich einem der Leute ein Fuß. Am andern Tage war das wieder gut. Darum wurde geopfert und gegessen. Beim Essen verdarb sich einer den Magen. Das war am andern Tage wieder geheilt. Darum wurde geopfert und gegessen. Beim Opfern schnitt sich einer in den Finger. Am andern Tage war es geheilt. Darum wurde geopfert und gegessen. Dabei verbrannte sich einer die Hand. Am andern Tage war er geheilt. Darum wurde geopfert und gegessen. Dabei betrank sich einer. Am andern Tage wurde er wieder nüchtern. Darum wurde geopfert und gegessen. — Also gab es alle Tage Opfer und Festschmaus.

Eines Tages standen die Leute auf und sagten: "Wem opfern wir heute? Wofür opfern wir heute?" Niemand konnte etwas finden. Alle Leute fragten: "Wem opfern wir heute? Wofür opfern wir heute?" Niemand konnte etwas finden. Alle Leute erschraken, daß ein Tag sein könnte, an dem man nichts opfern und essen konnte. Endlich fragten sie in ihrer großen Bedrängnis Ahun: "Weißt du nicht etwas, warum wir opfern und essen müssen?" Ahun sagte: "Was, ihr wißt nicht, daß ihr heute mehr als sonst opfern und essen müßt? Was? Ihr wißt es nicht?" Die Leute sagten: "Nein, wir wissen es nicht. Sage es uns!" Ahun sagte: "Wißt ihr nicht, daß der Osi Ina (Wanzen oder Läuse) auf dem Kopfe hat ?" Die Leute sagten: "Ja, das wissen wir!" Ahun fragte: "Wißt ihr nicht, daß heute vier der Ina Ibedji (Zwillinge) zur Welt gebracht haben?" Die Leute riefen: "Nein, das wußten wir nicht! Da müssen wir opfern und essen.



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Kannst du uns sagen, was wir opfern und essen müssen?" Ahun sagte: "Es sind des Königs (Osi) Haare, in denen die Ibedji geboren sind. Ihr müßt Menschen und Ziegen opfern und essen."

Die Leute opferten Menschen und Ziegen und aßen sie. Als das aber Orisa sah, ward er böse. Denn Menschen soll man nicht für die Tiere in den Haaren eines Menschen opfern. Er sagte zu den Leuten: "Morgen müßt ihr nun Ahun töten, opfern und essen!" Die Leute taten es.


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