Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

DIE ATLANTISCHE GÖTTERLEHRE

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1926

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



Atlantis Bd_10-000.4 Flip arpa

TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT EINER FARBIGEN TAFEL, 16 KARTEN

UND 87 ZEICHNUNGEN IM TEXT

46. Tag und Nacht

Eine alte Frau hatte drei Kinder. Alle drei Kinder waren Mädchen. Die Mädchen waren sehr schön. Viele Männer kamen und wollten die Mädchen zur Frau haben. Die Mutter gab sie niemandem. Der Osi sagte: "Ich will Odedere Mamiu, Odedere Osuli und Ogdiba Ossosi (die Namen der drei Mädchen) zur Frau haben!" Die Mutter sagte: "Ich gebe diese drei Mädchen niemandem zur Frau." Die drei Mädchen hatten noch keine Männer kennen gelernt.

Eines Tages kamen die drei Mädchen zur Mutter und sagten: "Wir möchten gerne zum Markt gehen." Die Mutter sagte: "Das taugt nichts. Bleibt daheim!" Die drei Mädchen sagten: "Laß uns zum Markt gehen!" Die Mutter sagte: "Das taugt nichts. Bleibt daheim!" Die Mädchen sagten untereinander: "Wir müssen einmal auf den Markt gehen." Nachher gingen sie auf den Markt, ohne daß die Mutter es merkte. Ahun sah die drei Mädchen auf dem Markte. Er lief zum Osi und sagte: "Die drei Mädchen, die du gerne besitzen möchtest, sind auf dem Markte." Ahun war der Sklave des Osi. Der Osi (König) sagte zu Ahun: "Geh hin und bringe sie mir." Ahun ging auf den Markt. Er sah die drei Mädchen und sagte zu ihnen: "Kommt mit, der Osi will euch sprechen." Die Mädchen gingen mit Ahun zu dem Osi. Der Osi fragte sie: "Wollt ihr mit mir schlafen?" Die Mädchen sagten: "Nein, wir wollen dich nicht heiraten." Der Osi fragte: "Wollt ihr mit mir schlafen?" Die Mädchen sagten: "Nein, wir wollen dich nicht heiraten." Darauf ließ der Osi sie alle drei töten.

Als es Abend ward, suchte die Mutter ihre Töchter. Sie fragte jeden, der vom Markte kam: "Hast du meine Töchter nicht gesehen ?"Jeder sagte: "Ich weiß nicht, wo deine Töchter geblieben sind." Die Frau hatte zweihunderteine Ado (Ogukalebassen). Sie nahm die zweihunderteine Ado. Sie ging hinaus. Es waren tausend Menschen da. Die alte Frau sagte: "Odedere Mamiu, Odedere Osuli, Ogdiba Ossosi! Wer hat sie gesehen? Wo seid ihr hingekommen ?" Die tausend Menschen sagten: "Der Osi hat sie alle drei getötet."Die alte Frau nahm eine Ado, schlug sie auf die Erde, daß sie zersprang, und rief: "Mögen alle diese tausend Menschen sterben!"Die tausend Menschen starben. Die alte Frau ging zu den Bode (Wachmannschaft der Tore) der Königsstadt. Sie zerschlug eine Ado und rief: "Mögen alle Wächter sterben!" Darauf starben alle Wächter. Die Frau ging auf den Markt, zerschlug eine Ado und rief: "Mögen alle



Atlantis Bd_10-294 Flip arpa

Menschen hier sterben!" Darauf starben alle. Die Frau ging in den Königspalast, zerschlug eine Ado auf dem Boden und rief: "Mögen alle Menschen hier sterben!"Darauf starben alle Menschen und auch der Osi selbst.

Zuletzt war nur noch eine alte Frau am Leben. Diese alte Frau hatte die gleichen Ogu, wie die Mutter der drei Mädchen. Die Mutter der Mädchen konnte die andere Frau nicht töten. Wenn die eine alte Frau eine Ado (Kalebasse) zertrümmerte, ward alles hell. Wenn die andere eine Ado zertrümmerte, ward es dunkel. Sie zerwarfen abwechselnd alle ihre Adokalebassen. Als sie alle zerworfen hatten, verwandelten sie sich in zwei Sträucher im Busche.

Seit damals gibt es aber Tag und Nacht.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt