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Kapitel 

DIE ATLANTISCHE GÖTTERLEHRE

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1926

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



Atlantis Bd_10-000.4 Flip arpa

TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT EINER FARBIGEN TAFEL, 16 KARTEN

UND 87 ZEICHNUNGEN IM TEXT

3. Kindesuntersdziebunß

E in Mann heiratete eine Frau. Aber diese erste Frau (Jale) ward nicht schwanger. Dann kaufte sich der Mann eine Sklavin. Er beschlief die Sklavin. Sie ward schwanger. Ihr Bauch ward dick. Als die Jale sah, daß die andere Frau einen dicken Bauch hatte, nahm sie eine Kalebasse, band sie sich unter und sagte: "Ich bin auch schwanger." Dann ging sie immer mit der Kalebasse umher.

Eines Tages begannen bei der Sklavin die Wehen. Die Jale sagte: "Komm mit hinter das Haus, ich will dir helfen." Sie gingen hinter das Haus. Die Jale nahm aber einen großen Stein mit. Als das Kind der Sklavin nun geboren ward, fing die Jale es auf, wickelte es in ihr Umschlagtuch und legte dafür den Stein hin. Sie wälzte den Stein im Blute hin und her und sagte: "Sieh, du hast ja kein Kind geboren, sondern einen Stein." Dann ging sie mit dem Kinde in das Haus. Am andern Morgen zeigte sie das Kind den Leuten und sagte: "Dieses Kind habe ich in dieser Nacht geboren." Das Kind war ein Junge.

Als der Junge größer war, ging er auf die Jagd. Er ging in den Busch und jagte. Er erlegte ein Etu (wildes Perihuhn). Als das Perihuhn starb, sang es: "Gib mich deiner Mutter, das ist die Sklavin deines Vaters! Gib mich nicht der Jale. Die Jale hat eine Kalebasse unter dem Lendentuch getragen. Sie schob deiner Mutter einen Stein unter. Sie hat dich deiner Mutter gestohlen." Der Knabe nahm das tote Perihuhn und ging heim.

Zu Hause legte er das Perihuhn der Sklavin hin. Der Jale aber brachte er einen Stein. Die Jale fragte ihn: "Wie kannst du das Perlhuhn der Sklavin bringen? Bin ich nicht etwa deine Mutter? Wie kannst du mir nur einen Stein geben?" Der Junge sagte: "Mein Blut sagte mir, daß die Sklavin meine Mutter ist. Mein Blut sagte mir, daß du eine Kalebasse unter dem Lendentuch getragen hast. Mein Blut sagte mir, daß du meiner Mutter einen Stein untergeschoben hast. Mein Blut sagte mir, daß du mich meiner Mutter gestohlen hast. Aber, wenn du willst, kannst du klagen!" Die Jale sagte: "Wir wollen nicht darüber sprechen."

Seitdem wagt man nicht mehr Kinder zu vertauschen, denn das Blut spricht.


Copyright: arpa, 2015.

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