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VOLKSERZÄHLUNGEN UND VOLKSDICHTUNGEN


AUS DEM ZENTRAL-SUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



Atlantis Bd_09-0004 Flip arpa

TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 2 KARTENBEILAGEN

116. Frage

Es war einmal ein sehr reicher Mann, der alles ,hatte, was es gibt auf der Erde. Nur keine Kinder hatte er und das wurmte ihn jeden Tag. Schon mehrere Frauen hatte er darum fortgejagt, weil sie keine Kinder gebaren. Wieder hatte er eine andere Frau geheiratet. Endlich gebar ihm diese einen Sohn und die ganze Stadt freute sich mit ihm über den Erben. Nach sieben Tagen wurde der Knabe getauft, und der Vater ließ von allen Medizinmännern Kräuter bringen, damit der Knabe kräftig würde und nicht erkranke. Als der Sohn nun erwachsen war, wollte der Vater ihn verheiraten und brachte ihm junge Mädchen, mit ihm zu spielen. Doch da befiel den Jüngling ein böses Fieber und der Vater sandte zu allen Medizinmännern und gab ein Vermögen aus für Medizinen. Aber das Fieber wollte nicht weichen, und schließlich starb der Jüngling. Verzweifelt lief der Vater durch die ganze Stadt und fragte überall, ob keiner ein Mittel hätte, seinen Sohn wieder zu erwecken. Da kam endlich ein alter Orakelmann und sagte, er hätte ein Mittel. Der Vater versprach dem Alten alle Güter der Erde. Der Orakelmann gebot den Leuten das Graben der Gruft zu unterbrechen, fing eine Dankara (Siedleragawe, auch "Kohn"genannt), reichte sie dem Vater, dazu ein Messer und sagte: "Wenn du diese Dankara tötest, wird dein Sohn leben, du aber mußt sterben. Bist du nicht fähig für dieses Opfer, so gib beides seiner Mutter, vielleicht bringt sie das Opfer." Der Vater fragte: "Wenn ich die Dankara einem Sklaven gebe zum Töten, wird mein Sohn dann erwachen?""Nein, nur du oder seine Mutter können das Opfer bringen." Der Vater überlegte und kam schließlich zu dem Schluß, daß er doch lieber leben wolle. Vielleicht schenkte Gott ihm einen andern Sohn. Da ward die Mutter des Jünglings unwillig, ergriff die Dankara und das Messer. Doch als sie zuschneiden wollte, fehlte ihr der Mut und sie ließ beides zur Erde



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gleiten. Das ärgerte nun den Vater. Er ergriff Messer und Dankara, aber wieder konnte er sich nicht entschließen zu dem Opfer. Da drängte sich ein Mädchen aus dem Kreise der Zuschauer heran und fragte den Orakelmann: "Wird der Jüngling erwachen, wenn ich die Dankara töte?" "Wer bist du," war die Gegenfrage. "Ich bin seine Spielgefährtin, wir schliefen in einem Hause.""Er wird leben, wenn du dich opferst." Rasch entschlossen ergriff das Mädchen das Messer, schnitt der Dankara den Kopf ab und sank leblos zu Boden. Der Jüngling aber erhob sich von der Erde. Doch schon war auch der Orakelmann herzugetreten, besprengte das Mädchen mit einer Medizin, und auch sie erhob sich wieder zu neuem Leben. Und die Luft erzitterte von den Freudenschreien der Menge. Bald darauf heiratete der Bursche das Mädchen. "Wer nun", fragt der Erzähler, "hat von diesen allen das beste Werk getan?"


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