Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

VOLKSERZÄHLUNGEN UND VOLKSDICHTUNGEN


AUS DEM ZENTRAL-SUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



Atlantis Bd_09-0004 Flip arpa

TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 2 KARTENBEILAGEN

112. Warum der Milan Hühner raubt

Ein Milan-Schiru ging auf den Handel, verkaufte Kolanüsse und kaufte dafür einen Mond, um ihn weiter zu verhandeln. Als er ihn auf dem nächsten Markte verkaufte, kam ein Sohn des Mondes, ein Stern, und sagte: "Seht, da wird etwas verkauft, das sieht aus wie unser Vater, das muß ich ihm doch erzählen." Er erzählte es seinem Vater, dem Mond, und erhielt 24000 Kauri (= 10 Schilling), das Ding zu kaufen. Am nächsten Markttage ging der Sohn hin mit der Weisung, das Ding zu kaufen, aber nicht zu bezahlen, sondern den Verkäufer mitzubringen. Der Stern kaufte das mondähnliche Gebilde und forderte den Milan auf, ihm zu folgen. Der aber schützte Arbeit vor und sagte, er würde in zwei Tagen nachkommen. Das tat er auch, konnte aber den Platz, wo der Mond war, nicht erreichen, er war zu weit. Daher kehrte er jeden Abend auf den Markt zurück. Auf dem Wege traf er immer eine Hühnerkolonie, die fragte ihn schließlich, was er immer mache, und der Milan erzählte, daß er sein Geld holen, den Mond aber nicht erreichen könne. Da sagten die



Atlantis Bd_09-400 Flip arpa

Hühner, er könne bei ihnen schlafen; sie würden ihn morgens früh wecken, da könne er den Mond erreichen. Morgens weckten ihn die Hühner, und richtig erreichte er den Mond, der fragte: "Wer gab dir so viel Überlegung, daß du mich erreichtest ?" "Ich selbst," erwiderte Milan. "Das glaube ich nicht," meinte der Mond, "erst mußt du mir sagen, wer dich beraten hat, dann bekommst du deine Bezahlung." Da erzählte der Milan die Geschichte mit den Hühnern. Der Mond sagte: "Gut, geh hin und nimm die Hühner als Bezahlung von mir." Der Milan ging hin und sagte den Hühnern, daß sie ihm vom Mond als Bezahlung gegeben seien. Die Hühner antworteten: "Geh erst in deine Heimat und komm nach zwei Tagen wieder, deine Bezahlung zu nehmen." Nach zwei Tagen kam der Milan, und als er von den Hühnern erblickt wurde, liefen dieselben mit allen ihren Kücken in das nächste Dorf und baten dort bleiben zu dürfen, weil man sie im Busche belästige. Der Milan hörte davon, ging in die Stadt zum Könige und fragte: "Kamen gestern Fremde in deine Stadt?" "Ja," erwiderte der König, "die Fremden sind Hühner." Der Milan sagte, daß sie ihm Bezahlung schuldeten, die ihm vom Monde versprochen wäre. Da kam der älteste Hahn und bat, man möchte sie freilassen. Der König aber entschied, daß, wenn sie nicht anders bezahlen könnten, sie die Sklaven des Milan werden müßten. Seit dieser Zeit holt sich der Milan Hühner, so oft er Lust hat.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt