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VOLKSERZÄHLUNGEN UND VOLKSDICHTUNGEN


AUS DEM ZENTRAL-SUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 2 KARTENBEILAGEN

93. Hyäne (Gura) und Husarenaffe (Bin)

Die Hyäne sagte zum Affen: "Komm, wir wollen uns einmal die Welt ansehen!" Nachts gingen sie los. Der Affe sagte: "Ich gehe voraus und du folgst mir." Erst wollte die Hyäne nicht, dann willigte sie ein, und der Affe ging voran. Da fanden sie am Wege einen alten Baum, der Honig barg. Die Hyäne meinte: "Wir müssen den Honig mitnehmen, als Geschenk für einen König." Der Affe stieg hinauf, holte den Honig, und jeder bekam die Hälfte. Außerdem hatten sie noch genug, um sich satt zu essen. Sie gingen in die nächste Stadt, gaben die zwei Töpfe Honig dem König und erhielten dafür ein Haus zum Schlafen, mit dem Befehl, am nächsten Tage zur Audienz zu kommen. Am nächsten Tage ließ der König einen Ochsen und ein Schaf holen, machte dem Ochsen einen dünnen Strick ums Bein, dem Schaf einen dicken, und barg sie hinter einer Sanamatte, so daß nur die Stricke zu sehen waren. Dann rief er Hyäne und Affe und forderte die beiden auf, einen der Stricke zu nehmen. Die Hyäne sagte, sie wolle zuerst wählen und nahm den dicken Strick. "Gut,"sagte der König, "so muß der Affe den dünnen Strick nehmen." Da zerrte die Hyäne das Schaf und der Affe den



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Ochsen hervor. Als die Hyäne den Ochsen bei dem Affen sah, wollte sie ihn haben, aber der König sagte: "Du hast selbst gewählt, du mußt das Schaf behalten." Die Hyäne mußte sich fügen. Sie bedankten sich und gingen. Als sie außer der Stadt ankamen, sagte die Hyäne: "Mein Schaf kann nicht gehen, ich will es schlachten." "Das kannst du machen wie du willst, es ist ja deines," erwiderte der Affe. "Aber", fügte er hinzu, "das sage ich dir, daß ich dir nicht erlaube, meinen Ochsen zu reiten, ich reite selbst nicht darauf." "Wie lange willst du denn noch laufen mit deinem Ochsen ?"fragte die Hyäne. "Nun, solange ich Lust habe." "Gut, warte, bis ich mein Schaf gefressen habe, dann wollen wir zusammen weitergehen." Die Hyäne tötete ihr Schaf, fraß es auf und gab nur die Leber dem Affen. Dann gingen sie in den Busch. Da fragte die Hyäne: "Willst du deinen Ochsen noch nicht schlachten ?""Noch nicht."Gegen Nachmittag sagte der Affe: "Jetzt wollen wir den Ochsen schlachten." Das taten sie gemeinschaftlich. Es wurde dunkel und Regen fiel. Da sagte die Hyäne: "Geh und hole Feuer, daß wir das Fleisch rösten.""Wie käme ich dazu," antwortete der Affe. "Ich habe dich auch nicht weggeschickt, als du dein Schaf tötetest.""Wenn du nicht gleich gehst, schlage ich dich tot," drohte die Hyäne, "dann hast du gar nichts von deinem Fleisch." Der Affe bekam Angst und lief fort, Feuer zu holen, währenddessen verbarg die Hyäne das Fleisch auf einem hohen Baum. Als der Affe mit dem Feuer zurückkam, konnte er wegen der Dunkelheit nichts sehen und rief nach der Hyäne. Die antwortete von dem Baum. "Wo ist denn all das Fleisch ?" fragte der Affe. "Das ist hier oben", gab die Hyäne zur Antwort. "Dann wirf etwas herunter, damit ich es rösten kann." "Fällt mir gar nicht ein", sagte die Hyäne. "Dann muß ich heraufkommen und mir etwas holen!" "Wenn du heraufkommst, schlage ich dich tot."So blieb der Affe ratlos unter dem Baume. Als es dämmerte, lief der Affe und holte zehn Strauße und zehn Spinnen und beklagte sich beim Ältesten der Strauße und bat, ihm zu helfen. Sie gingen zu dem Baume und sahen die Hyäne und das Fleisch auf dem Baume. Der Älteste der Strauße gab einem anderen den Befehl, das Fleisch herabzuholen. Der sprang hoch und holte eine Keule herab; beim zweiten Male aber warf die Hyäne dem Strauß eine Schlinge um den Hals und erwürgte ihn. Da flohen die Strauße davon. —Der gefangene Strauß konnte sich losmachen und ließ seine Wut an den Spinnen aus, die gelacht hatten, als er baumelte. Fünf Spinnen konnten entfliehen, drei tötete er, zwei jagte er vor sich her



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in den Busch. Die flüchteten in einen Brunnen und der Strauß folgte ihnen nach, stürzte hinunter, und die beiden Spinnen krochen schleunigst wieder heraus und schütteten den Brunnen zu. Dann liefen sie in den Busch und fanden einen Marder (kuregi) und eine Ratte (gafia). Die riefen sie, den Strauß zu töten. Ratte und Marder ließen sich die Stelle zeigen, wo der Strauß seinen Kopf hatte, machten ein Loch, und die Ratte arbeitete zuerst, der Marder hinten. Als die Ratte auf den Kopf des Straußes traf, bekam sie einen Schreck und sprang zurück. Der Marder arbeitete weiter, und der Strauß sagte zu ihm: "Wenn du mich befreist, schenke ich dir, was du willst." Da machte der Marder das Loch größer, und als der Strauß frei wurde, schlug er den Marder zur Seite und floh. Als der Marder sich erholt hatte und auch herauskam, war der Strauß lange weg. Der Marder beklagte sich bei der Spinne über dies Mißgeschick und es kam zu einem großen Streite. Gisu, die Spinne, wollte nicht mehr im Busch leben bei den Tieren und zog in die Stadt zu den Menschen. Die Ratte folgte ihr. Der Marder aber lebte im Busch weiter.


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