Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSEND UND EIN NÄCHTEN

VOLLSTÄNDIGE DEUTSCHE AUSGABE IN SECHS BANDEN

ZUM ERSTEN MAL NACH DEM ARABISCHEN URTEXT DER CALCUTTAER AUSGABE AUS DEM JAHRE 1839

ÜBERTRAGEN VON ENNO LITTMANN

BAND 3

IM INSEL-VERLAG


DIE GESCHICHTE DES WACHTHAUPTMANNES VON BULAK

Ich hatte einmal eine Schuld von vollen dreihunderttausend Dinaren. Und da mich das bedrückte, so verkaufte ich alles, was hinter mir, vor mir und in meiner Hand war aber ich brachte nicht mehr als hunderttausend Dinare zusammen.' — —«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 340. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß der Wachthauptmann von Bulak sprach: ,Ich verkaufte alles, was hinter mir und vor mir war; aber ich brachte nicht mehr als hunderttausend Dinare zusammen, und so war ich denn ganz ratlos. Während ich nun eines Nachts in diesem Zustande in meinem Hause saß, klopfte plötzlich jemand an die Tür. Ich sprach zu einem der Diener:, Sieh nach, wer an der Tür steht!' Er ging hinaus und kam zurück; aber sein Gesicht war fahl, seine Farbe war bleich, und er zitterte am ganzen Leibe. Als ich fragte: ,Was ficht dich an?' antwortete er: ,An der Tür steht ein Mann, halbnackt, nur mit einem Fell bekleidet; er hat ein Schwert, und in seinem Gurte steckt ein Messer. Bei ihm ist eine ganze Schar von seinesgleichen, und er verlangt nach dir.' Da nahm ich mein Schwert in die Hand und ging hinaus, um nachzusehen, was für Leute das wären, und richtig, sie waren so, wie der Diener gesagt hatte. Ich fragte sie: ,Was ist's mit euch?' Sie erwiderten: ,Wir sind Diebe, und wir haben heute nacht große Beute gemacht. Die haben wir für dich bestimmt, auf daß du dich mit ihrer Hilfe aus dieser Not, um die du dich



1000-und-1_Vol-03-316 Flip arpa

so sehr grämst, befreien und die Schulden, die auf dir lasten, bezahlen kannst.' Wie ich dann weiter fragte: ,Und wo ist die Beute?' brachten sie mir eine große Truhe voll von Geräten aus Gold und Silber. Über diesen Anblick freute ich mich, und ich sagte mir: ,Damit kann ich die Schulden, die auf mir lasten, abtragen, und dann behalte ich noch ebensoviel übrig.' Ich nahm also das Geschenk an und ging in mein Haus zurück, indem ich mir sagte: ,Es wäre doch unedel, wenn ich sie mit leeren Händen wieder abziehen ließe.' So holte ich denn die hunderttausend Dinare, die ich noch hatte, und gab sie ihnen, indem ich ihnen für ihr gutes Werk dankte. Sie nahmen die Goldstücke hin und gingen im Dunkel der Nacht ihrer Wege, ohne daß jemand sie bemerkte hätte. Als es aber Morgen ward, sah ich, daß der Inhalt der Truhe aus vergoldetem Kupfer und Zinn bestand und insgesamt nur fünfhundert Dirhems wert war. Und das war mir sehr schmerzlich; denn nun hatte ich auch die Dinare, die ich noch besaß, verloren, und Kummer häufte sich mir auf Kummer. Das ist das Seltsamste, was mir in meiner Amtszeit begegnet ist.'

Zuletzt hub der Wachthauptmann von Alt-Kairo an und sprach: ,O Herr Sultan, was mich angeht, so ist das Merkwürdigste, das ich in meiner Amtszeit erlebt habe, das folgende.'

Und er erzählte


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt