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VOLKSERZÄHLUNGEN UND VOLKSDICHTUNGEN


AUS DEM ZENTRAL-SUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



Atlantis Bd_09-0004 Flip arpa

TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 2 KARTENBEILAGEN

15. Bestrafte Ausnutzung

Gakung (der Kronenkranich; Haussa =Kumare) machte mit Tschellu (dem wilden Perihuhn; Haussa =Sabi) Freundschaft. Gakung sagte eines Tages zu Tschellu: "Wir wollen zusammen in das Haussaland gehen." Tschellu sagte: "Es ist mir recht; ich werde dich begleiten."

Gakung machte nun seine Last zurecht, packte viele Stoffe und anderes zusammen und sagte zu Tschellu: "Trage sie!" Tschellu sagte: "Ich bin dein Freund, aber nicht dein Träger."Gakung sagte: "Du bist aber ein schlechter Freund, wenn du mir nicht einmal diesen Gefallen erweisen kannst." Da nahm Tschellu die Last auf seinen Kopf und trug sie fort.

Nachdem sie ein Stück gekommen waren, kamen sie an einen Baum. Tschellu stützte die Last auf und beide ruhten aus. Als sie wieder aufstanden, sagte Tschellu: "Ich habe weit genug getragen, nun kannst du die Last ein Stück weit nehmen."Gakung sagte: "Ich fühle mich nicht recht. Du bist aber ein schlechter Freund, wenn du mir nicht die Last tragen kannst." Da nahm Tschellu die Last wieder auf und trug sie weiter.

So ging es alle Tage. Endlich kamen sie an die große Haussastadt. Tschellu ging mit der Last voraus und Gakung folgte ihm ohne Last. Als sie in der Stadt angekommen waren, sagte Tschellu: "Nun gehört die Last mir."Gakung sagte: "Wieso gehört die Last dir?" Tschellu sagte: "Du bist ein schlechter Freund, wenn du mir nicht einmal die Last schenken kannst, die ich dir immer getragen habe." Gakung sagte: "Wir wollen den Richter fragen."

Sie gingen zu dem Richter. Gakung sagte: "Dieser Tschellu hier will mir meine Last fortnehmen!" Tschellu sagte: "Es sind viele Leute mit uns des Weges gekommen, die bezeugen können, daß nie Gakung, sondern immer ich die Last getragen habe." Der Richter ließ die Leute kommen. Die Leute sagten: "Die Last hat immer Tschellu getragen." Der Richter sagte: "Dann gehört die Last Tschellu." Beide gingen zurück. Gakung sagte zu Tschellu: "Wir wollen den König in unserer Heimatstadt fragen, wem die Last gehört." Tschellu sagte: "Das ist mir ganz recht." Sie gingen zurück. Sie kamen wieder daheim an. Sie kamen zu dem König. Gakung sagte: "Tschellu will mir diese Last wegnehmen, es ist meine Last." Tschellu sagte: "Es ist nicht seine Last; es ist meine Last, denn ich habe sie auf meinem Kopfe in das Haussaland und zurückgetragen."



Atlantis Bd_09-129 Flip arpa

Der Etsu sagte: "Nehmt beide die Mützen ab!" Beide nahmen die Mützen ab. Tschellu hatte einen ganz nackten Kopf, Gakung aber hatte lange, schöne Haare. Der Etsu sagte: "Alle Welt sieht hier ja wohl, wie es ist. Vom Tragen deiner Last hat Gakung sicher nicht so schöne Haare; Tschellu hat sie aber dadurch verloren. Die Last gehört Tschellu."

Seitdem schreit Tschellu immer: "Eti na lakara usoa!" Das soll darauf hinweisen, daß einer, wenn er eine Last trägt, seine Haare verliert. Gakung aber ruft immer: "Utschealla, utschealla, utschealla!" Das soll heißen: "Wir haben uns entzweit, wir haben uns entzweit!"


Copyright: arpa, 2015.

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