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VOLKSERZÄHLUNGEN UND VOLKSDICHTUNGEN


AUS DEM ZENTRAL-SUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



Atlantis Bd_09-0004 Flip arpa

TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 2 KARTENBEILAGEN

5. Wunden und Lügen

Egbe (Affe) und Dagbatschi (Schildkröte) schlossen zusammen Freundschaft. Eines Tages aber stritten sie sich. Egbe sagte: "Wunden (Etti) sind schlimmer als Lügen."Dagbatschi aber sagte: "Wenn Wunden da sind, kann man sie mit Medizin behandeln und die Sache heut schnell. Lügen aber bleiben nach."Egbe sagte: "Wir wollen es versuchen."Dagbatschi sagte: "Es ist mir recht." Darauf schlug Egbe mit seinem Haumesser Dagbatschi eine Wunde.



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Dagbatschi tat auf seine Wunde einige Medizin. Darauf heilte sie bald.

Als Dagbatschis Wunde geheilt war, ging er zu einem Schibutterbaum (Kotschi; in Haussa =Kadenja) und grub unter den Wurzeln nach Schini (in Joruba Irre; in Haussa Djarre, das ist eine Art Larven, die besonders die Kinder außerordentlich lieben). Nachdem er ein gut Teil beisammen hatte, kochte er sie mit Pfeffer, Salz, Öl usw., so daß es eine außerordentlich wohlschmeckende Speise war. Dann nahm er sie, stieg auf den Baum und band die einzelnen Schini, wie wenn sie Früchte wären, an die Spitzen der Zweige.

Als er damit fertig war, ging er zu Egbe und sagte zu ihm: "Ich habe einen Baum mit herrlichen Früchten gesehen. Willst du sie nicht versuchen?"Egbe sagte: "Was für ein Baum ist es?"Dagbatschi sagte: "Es ist ein Kotschi."Egbe sagte: "Gewiß will ich sie versuchen. Führe mich nur dorthin."Dagbatschi führte Egbe zu dem Kotschi, an dem er die Schini festgebunden hatte. Egbe stieg sogleich hinauf.

Dann lief Dagbatschi zu Eschi (dem Hunde; in Haussa =Karre) und sagte zu ihm: "Eschi, ich weiß einen Egbe, der sitzt auf einem Kotschi. Willst du dir den nicht holen?" Eschi sagte: "Gewiß will ich ihn gern versuchen. Führe mich nur zu dem Baume."Dagbatschi führte Eschi in die Nähe des Kotschi und sagte: "Siehst du, dort oben sitzt er und ißt vorzüglich bereitete Schini." Eschi lief hin.

Als Eschi unter den Baum kam, sprang Egbe voller Angst von einem Zweig zum anderen. Er warf bald hier, bald da von den Schini herab und Eschi fraß sie gierig auf. Eschi fand die Schini auch ausgezeichnet. Dann blieb Eschi drei Tage unter dem Baume. Egbe konnte nicht herunter. Er wurde immer magerer, denn er hatte nichts mehr zu essen und machte vor Angst alles aus, was er im Leibe hatte.

Nach drei Tagen kam Nampa, der Leopard, des Weges daher. Als Eschi Nampa sah, sprang er auf und lief von dannen. Nampa sah Egbe oben auf dem Baume. Dagbatschi kam aber herzu und sagte zu Nampa: "Sieh, Egbe hat eingefallene (tiefliegende) Augen (eje kodo); er ist fast verhungert und es ist nichts an ihm daran. Nampa sagte: "Das ist wahr."Nampa ging weiter.

Egbe kam herunter. Dagbatschi sagte zu ihm: "Siehst du, meine Wunde war bald geheilt. Was ich dir aber mit der Lüge zugefügt habe, ist jetzt noch nicht zu Ende!" (Weil der Affe so ausgehungert war)


Copyright: arpa, 2015.

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