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Erstes Buch. Klio.
Sonnenfinsternis, von Thales vorher gesagt); Kampf mit den Persern und Flucht der Lydier nach Sardes Belagerung der Stadt

I 75-80

Diesen Astyages nun, seinen Großvater mütterlicherseits, hatte Cyrus sich unterworfen aus einer Ursache, die ich später in meiner Erzählung angeben werde. Darüber machte Krösus dem Cyrus Vorwürfe, und darum ließ er die Orakel befragen, ob er gegen die Perser zu Felde ziehen solle, und unternahm dann, selbst als ihm ein trügerischer Orakelspruch zugekommen war, im Vertrauen, derselbe sei zu seinen Gunsten, den Feldzug in das Gebiet der Perser. Als aber Krösus an den Fluß Halys kam, führte er, wie ich behaupte, über die dort befindlichen Brücken sein Heer; wie aber die meisten Hellenen behaupten, so hat Thales von Milet es ihm hinübergeführt. [1] Denn als Krösus in Verlegenheit war, wie sein Heer über den Fluß kommen solle, über welchen zu dieser Zeit noch keine Brücken vorhanden waren, so wäre, sagt man, Thales im Lager erschienen und hätte es dahin gebracht, daß der Fluß, der zur linken Seite des Heeres floh, nun zu dessen rechter Seite feinen Lauf nahm. Dies habe er auf folgende Weise veranstaltet: einen tiefen Graben ließ er, oberhalb des Lagers anfangend, graben und mondförmig weiter fortführen, damit das Lager ganz in seinen Rücken käme, der Fluß aber, der aus dem alten Bette in diesen Kanal geleitet war, an dem Lager vorbeiflösse und hernach wieder in sein altes Bett gelange, so daß man, nachdem der Fluß geteilt war, auf beiden Seiten über denselben setzen konnte. Einige behaupten auch, es sei das alte Bett gänzlich vertrocknet. Ich kann das aber nicht annehmen: denn wie hätten sie sonst bei dem Rückzuge über denselben kommen können?


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76.

Nachdem Krösus mit seinem Heere über den Fluß gesetzt war, kam er nach der Gegend des kappadocischen Landes, welche

Pteria [1] heißt; dieses Pteria ist aber der stärkste Punkt dieses Landes und liegt ungefähr bei der Stadt Sinope am Pontus Euxinus; hier schlug er sein Lager auf und verheerte die Ländereien der Syrer; auch die Stadt der Pterier eroberte er und machte die Bewohner derselben zu Sklaven, ebenso nahm er auch alle die umliegenden Städte und schleppte die Syrer weg, die ohne Schuld waren. Cyrus, der sein eigenes Heer gesammelt und alle, welche zwischen ihm und Krösus wohnten, mitgenommen hatte, zog dem Krösus entgegen; ehe er jedoch sein Heer zum Streite hinausführte, sendete er Herolde zu den Ioniern und suchte sie zum Abfall von Krösus zu bewegen. Die Jonier aber gaben ihm kein Gehör. Als demnach Cyrus angekommen war und dem Krösus gegenüber sein Lager aufgeschlagen hatte, stießen sie in dem pterischen Lande aufeinander mit aller Kraft. Nach einem heftigen Kampfe, in welchem auf beiden Seiten viele gefallen waren und keiner von beiden den Sieg gewonnen hatte, trennten sie sich, als die Nacht hereingebrochen war. Also hatten beide Heere miteinander gestritten.


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77.

Krösus warf die Schuld dieses Ausganges auf die Zahl seines Heeres, denn sein Heer, welches gestritten, war weit geringer als das des Cyrus; weil er also darauf die Schuld warf und Cyrus am anderen Tage keinen Versuch zum Angriff machte, so zog er heim

gen Sardes, in der Absicht, an die Ägypter gemäß des Bundesvertrages eine Aufforderung ergehen zu lassen (denn er hatte mit dem Amasis, welcher König von Ägypten war, schon früher als mit den Lakedämoniern [1] ein Bündnis abgeschlossen), dann aber auch zu den Babyloniern zu schicken (denn auch mit diesen hatte er einen Waffenbund eingegangen; es herrschte aber zu dieser Zeit Labynetus [2] über die Babylonier); ebenso auch den Lakedämoniern zu entbieten, auf die bestimmte Zeit zu erscheinen; wenn er diese nun zusammengebracht und sein eigenes Heer gesammelt hätte, so gedachte er, nach Ablauf des Winters mit dem Beginn des Frühlings gegen die Perser zu Felde zu ziehen. In dieser Gesinnung nun sendete er, als er nach Sardes gekommen war, Herolde an die Bundesgenossenschaften mit der Aufforderung, auf den fünften Monat nach Sardes zusammenzukommen. Das Heer aber, das er bei sich hatte und das mit den Persern gestritten hatte, ließ er, soweit es aus Fremden bestand, ganz auseinandergehen und sich zerstreuen, weil er gar nicht dachte, es werde dem Cyrus nach einem so unentschiedenen Kampfe je einfallen, gegen Sardes zu ziehen.


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78.

Während Krösus mit diesen Gedanken umging, wurde die ganze Vorstadt mit Schlangen erfüllt, und wie sie erschienen waren, verließen die Pferde ihre Weiden, kamen herbei und fraßen dieselben auf. Als Krösus dies sah, dünkte es ihm ein Wunderzeichen zu sein, wie es denn auch ein solches war, und alsbald schickte er zu den Zeichendeutern in Telmessus [3] Gesandte. Diese jedoch konnten, als sie dort angekommen waren und von den Telmessern in Erfahrung gebracht hatten, was das Zeichen zu bedeuten habe, dem Krösus davon keine Meldung mehr machen; denn bevor sie nach Sardes zurückgeschifft waren, war Krösus gefangen.

Es hatten aber die Telmesser die Erscheinung dahin gedeutet, daß Krösus in seinem Lande ein fremdes Heer zu erwarten habe, welches nach seiner Ankunft die Einheimischen unterjochen werde; die Schlange nämlich, behaupteten sie, sei ein Kind der Erde, das Pferd aber ein Feind und Fremdling. Diese Antwort gaben die Telmesser dem Krösus, der bereits in Gefangenschaft geraten war, ohne daß sie etwas von dem wußten, was mit Sardes und mit ihm selbst vorgegangen war.


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79.

Cyrus hatte, sowie Krösus nach der in der Landschaft Pteria vorgefallenen Schlacht sich zurückzog, in Erfahrung gebracht, daß Krösus nach dem Rückzuge sein Heer auseinandergehen lassen wolle, und als er sich die Sache überlegte, fand er es von seiner Seite am zuträglichsten, so schnell wie möglich gegen Sardes zu ziehen, ehe noch zum zweitenmal die Macht der Lyder dort gesammelt wäre. Und wie er dies beschlossen hatte, so führte er es auch mit Schnelligkeit aus; denn er führte sein Heer nach Lydien so, daß er selbst dem Krösus die Kunde davon zubrachte. Da geriet-Krösus in gieße Verlegenheit, weil die Sachen ganz anders gekommen waren, als er es erwartete; demungeachtet führte er die Lyder hinaus zum Kampfe. Es war aber zu dieser Zeit in Asien [1] kein Volk männlicher und tapferer, als das lydische; sie führten den Kampf zu Roß, trugen große Speere und waren gute Reiter.


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80.

So trafen beide zusammen in der Ebene, welche vor der Stadt Sardes sich befindet und groß und kahl ist [2] ; durch dieselbe fließen verschiedene Flüsse, darunter auch der Hyllus, der sich mit dem größten derselben vereinigt, welcher Hermus heißt und von dem heiligen Berge der Dindymenischen Mutter [3] kommt, dann aber sich in das Meer bei der Stadt Phokäa ergießt. Wie nun Cyrus hier die Lyder zur Schlacht gerüstet erblickte, veranstaltete er, weil er sich vor

der Reiterei (der Lyder) fürchtete, auf den Rat des Harpagus, eines Meders, folgendes: alle Kamele, welche dem Heere folgten. um Getreide oder Gepäck zu tragen, brachte er zusammen, nahm ihnen die Lasten ab und setzte Männer auf dieselben, welche als Reiter gekleidet waren. In diesem Anzuge befahl er ihnen vor dem übrigen Heere gegen die Reiterei des Krösus zu rücken; dann sollte das ganze Fußvolk hinter den Kamelen folgen; hinter das Fußvolk stellte er seine ganze Reiterei auf. Wie er nun das ganze Heer geordnet hatte, ließ er den Befehl ergehen, in keiner Weise der übrigen Lyder zu schonen, sondern jeden zu töten, der ihnen in den Weg komme; den Krösus selbst aber sollten sie nicht töten, auch dann nicht, wenn er sich bei der Gefangennehmung zur Wehr setze. Diese Anordnungen traf er; die Kamele stellte er der Reiterei gegenüber aus folgendem Grunde: das Pferd fürchtet sich vor dem Kamel und vermag weder den Anblick, noch den Geruch desselben zu ertragen. [1] Deswegen aber hatte er diesen Plan ersonnen, damit Krösus von seiner Reiterei keinen Gebrauch machen könne, durch welche gerade der Lyder den Sieg zu erringen vermeinte. Als sie nun zum Kampfe zusammentrafen, da kehrten die Pferde sogleich, wie sie die Kamele zu riechen bekamen und dieselben erblickten, um, und des Krösus Hoffnung war vernichtet. Es zeigten sich zwar die Lyder darauf hin nicht feige, sondern sowie sie den Vorfall wahrnahmen, sprangen sie von den Pferden herab und kämpften zu Fuß mit den Persern. Nach einiger Zeit aber. als von beiden Seiten viele gefallen waren, ergriffen die Lyder die Flucht und wurden in die Stadt getrieben, wo sie von den Persern belagert wurden.