[905]
Bullinger an
[eine Ratskommission]
[Zürich,
kurz nach 24. Oktober 1536]
Autograph: Zürich StA, E I 30, 61, Nr. 5 (ohne Siegel)
UngedrucktBittet die Beauftragten des Rates, bei der Verhandlung über eine Besserstellung bedürftiger
Zürcher Pfarrer auch Dietrich [Wanner] in Horgen zu berücksichtigen; dieser hatte sich nicht
gemeldet, als [im Mai 1536]eine Eingabe an den Rat gemacht wurde.
alls vor ettlichen moneten a dises 1536. jars alle pfarrer, die nitt iro narung
gentzlich gehept, mitt gschrifftlicher b ynlegung sich c becklagt 3 und min
g[nedig] herren zum trüwlichisten gepättenn und vermanet, sy vätterlich und
nach notturfft zu betrachten, hatt sich herr Dietrych 4 , zu Horgen pfarrer, nitt
sich 1513 (vgl. Basel, Matrikel I
317, Nr. 6) — von 1515 an vorerst im
Schul-, dann im Kirchendienst in Solothurn
tätig (vgl. Schmid, Kirchensätze 33.
306). Bereits im Jahre 1521 wurde er als
Vikar dem zwinglifeindlichen Horgener
Pfarrer Ludwig Bosan beigegeben, 1524
erscheint er als Pfarrer in Witikon, und
von 1525 bis 1549 war er wieder Pfarrer
in Horgen (beide Kt. Zürich). Sein Briefwechsel
mit Bonifacius Amerbach über
die Rückzahlung eines kleinen Darlehens
veranschaulicht die dürftigen Lebensumstände,
in denen er sich bis zum Jahre
1537 befand. Die Herbstsynode 1549
beschloß, den seit längerer Zeit bettlägrigen
Wanner zu ersetzen (Zürich StA. E II
1, 356). Er wurde aus den Mitteln der
Obrigkeit unterstützt und starb zu Beginn
des Jahres 1550 in der Stadt (vgl. Zürich
Stadtarchiv, VIII C 48; Bächtold, Bullinger
vor dem Rat 177. 297). Wanner war
als guter Musiker und als Freund Leo
Juds bekannt. Er begann 1545 ein Taufbuch
zu fuhren (vgl. Zürich StA, E III 58.
1, [1]-67) und hinterließ eine siebenbändige
Nachschrift von Vorlesungen
Biblianders zum Alten Testament (Zürich
ZB, Ms Z V 823-829). — Lit.: Amerbach,
Korr. III 494-496. 507. IV 28f. 335. V
59; Else Gutknecht, Eine Nachschrift von
Biblianders Bibelvorlesungen, in: Zwa
IV/5, 1923, S. 154; Paul Kläui, Geschichte
der Gemeinde Horgen, Horgen 1952,
S. 172-174. 180f. 193f; Pfarrerbuch 596;
ercklagt. Nitt das er nitt mangel habe, sunder das er sich höuschens 5 geschempt
und minen herren nitt gernn überlägen ist 6 . Diewyl aber eerend d personen
und lüt, die sins wäsens 7 ein gut wüssen tragend, anzeygend, das er wol
hilff und besserung bedörffe, diewyl inn kind zu eerb angefallen 8 , ouch an
einer gängen 9 stras sitze und vil überfals 10 habe, bin ich durch die selben bewegt,
disen handel den verordneten über diß sachen 11 zu erscheinen 12 . Und
bitten üch, min gnädig, lieb herren, ir wöllind den frommen, redlichen man
üch befolhen haben. Dann er trüw inn allwäg und wärt ist, dem geholffen werde.
U[wer]w[yßheit]underthäniger
Heinrych
Bullinger e .
[Auf der Rückseite:] Von herr Dietrychs von Horgen wägen.
Verhältnisse (Grimm XIV/I 2 531f).