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[788]

Ulrich Werdmüller an
Bullinger
Rickenbach,
8. April 1536

Autograph: Zürich StA, E II 340, 77 (Siegelspur) Ungedruckt

bezüglich Columan [Ryß], Verwalter [der Kartause Ittingen], irrt sich Bürgermeister Röist; Werdmüller hat ihm namlich Urkunden von dessen Vorgänger Jodok [Hesch], einem andern schlechten Menschen, übermittelt. Konnte wegen seiner Gichtkrankheit nicht rascher antworten.

Gratiam et pacem a domino deo per Christum etc.

Min meister Heinrich a , deß Columani 2 halb so wussend, daß m[in] h[err] Röst 3 nit b am rechten ist. Zwar vor im ist gsin ein anderer bub 4 , ouch ein schaffner, mit namen Judocus 5 , der jetz im Franckenland ein prior ist. Von

a in der Vorlage Herinch.
b nit über der Zeile nachgetragen.
1 Ulrich Werdmüller (urspr.: von Jonen), gest. 1540, von Zürich, soll zusammen mit Jakob Ceporin in Wien studiert haben. Ais Chorherr des Stiftes Embrach wurde er zum überzeugten Anhänger Zwinglis. spätestens von 1523 an war er Pfarrer in Rickenbach (Kt. Zürich). 1525 wurde er wegen seines reformatorischen Eifers vom Landvogt im Thurgau vorübergehend in Haft genommen. Im Jahr 1528 nahm er an der Berner Disputation, 1528 und 1531 an den Zürcher Synoden teil. Zwei an Zwingli gerichtete Briefe belegen sein Engagement für die Reformation (vgl. Z IX 616f und 626f). Außer dem vorliegenden ist noch ein Brief Werdmüllers an Bullinger aus dem Jahr 1539 überliefert. — Lit.: Alice Denzler, Geschichte der Gemeinde Rickenbach, Andelfingen 1961, S. 87f; Pfarrerbuch 612; 612: Z IX 616, Anm. 1; HBLS VII 491.
2 Columan Ryß, gest. nach 1542, Kartäuser, hielt sich - aus Bergzabern kommend — spätestens seit 1514 in Basel auf. 1521/22 weilte er vorübergehend in der Kartause Ittingen, wohin er 1528 als Verwalter berufen wurde. Von etwa 1532 an wirkte er in Wettingen als Pfarrer und daneben als Buchhändler; noch für 1542 ist seine Anwesenheit dort bezeugt (vgl.
RsQ I/1 3118). — Lit.: Amerbach, Korr. II 25f. II-V Reg.; Oekolampad BA II 50; Grimm, Buchführer 1404f.
3 Bürgermeister Diethelm Röist.
4 erbärmlicher Mensch (SI IV 927f).
5 Jodok (Jost) Hesch (Hesse), 1484-1539, von Ulm, war nach seinem Studium in Breslau und Tübingen, mit einem Abschluß als Dr. phil., an verschiedenen Orten als Lehrer tätig. Nach dem frühen Tode seiner Frau trat er 1510 in die Kartause Ittingen ein und wurde, nachdem eine Pestwelle 1519/20 den Mitgliederbestand stark dezimiert hatte, zu deren verwalter ernannt. Seine Kontakte zu Zwingli und Vadian brachten ihn jedoch bei den katholischen Orten in Argwohn und führten 1525 zu seiner Versetzung in die Kartause Buxheim (Kreis Memmingen, Bayern). Im Jahre 1526 wurde er Prior in Astheim (Kreis Gerolzhofen, Bayern), 1534 Prior in Erfurt. — Lit.: Die Kartäuser. Der Orden der schweigenden Mönche, hg. v. Marijan Zadnikar in Verbindung mit Adam Wienand, Köln 1983, S. 355; Friedrich Stöhlker, Die Kartause Buxheim 1402-1803, Folge 4, Buxheim 1978, S. 773-780; Albert Courtray, Catalogue des prieurs ou recteurs et des religieux de la chartreuse Saint-Laurent d'Ittingen en Thurgovie, in: Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte 13, 1919, S. 151-155; Z VIII 158, Anm. 1;

demselbigen han ich brieff 6 bracht, darvon min h. Röst redt, wyewoll ich den yetzungen Columanum woll kenn tanquam fratrum calumniatorem et vas omnis impudentiae, quam dicta et facta ipsius testantur etc.

Hand mir nit fur übel deß verzug halb; nam atrox podagra, quam leniturus termas accedam, tam molesta hactenus fuit, ut nec manus continere calamum potuerint.

Mi doctissime Heinrice, dominus tecum.

Ex Rickenbach, 8. aprilis 36.

Hul. Werdmuller servulus.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem glertten und fr[o]men c herren M. Heinr[ich]d Bullinger, pffarrherren Z[u]rich e , minem gunstigen [her]ren f und bruder.