Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[748]

Bullinger an
Martin Bucer
[Zürich],
18. Februar 1536

Autograph a : Zürich ZB, Ms F 37, 490r.-v. (Siegelspur) Ungedruckt

Dankt für die der [Zürcher]Kirche [an der Zusammenkunft in Basel]erwiesenen Dienste. Das gemeinsam abgefasste [Erste Helvetische]Bekenntnis wurde am 12. Februar von Rat und Volk von Zürich dankbar begrüsst, besonders wegen der damit eröffneten Aussicht auf Anerkennung durch Luther, Melanchthon, Osiander und andere. Bittet, [die Wittenberger] zu einer wohlwollenden Stellungnahme zu veranlassen und dafür zu sorgen, dass in Württemberg die Schmähungen aufhören. Eine Ablehnung des Bekenntnisses durch die Zürcher [Pfarrer] ist nicht zu befürchten. Erwartet von Wolfgang Capito baldigen Bescheid, ob ein Apotheker gefunden wurde, der einen Sohn von Christoph [Klauser] in die Lehre nehmen könnte.

Gratiam et pacem a domino.

Ago tibi gratias, reverende mi Bucere, frater charissime, pro ista tua singulari sollicitudine, qua te angi pro ecclesia nostra b maximis pietatis offitiis luculenter comprobasti 1 . Deus adaugeat spiritum suum in te, ut porro cum nostris tum ecclesiis aliis benefacere pergas.

Confessionem illam nostram 2 tua, Grynei, Leonis 3 et communi omnium opera conscriptam recitavimus senatui et plebi februarii 12. die. Hic vero tibi referre non possum, quanta cum gratulatione audierint illam, quantas item gratias egerint deo non tam pro sarta concordia, quam pro societate vestra oblata et pro illa amplissima spe nobis aperta, qua tu nos exhilerabas, fore videlicet, ut Lutherus, Melanchton, Osiander et reliqui viri sancti et cordatiores nihil a nobis petituri sint amplius. O me foelicem, si eum vivam diem, quo tu mihi istorum exhibeas testimonia! Verum spero dominum illum clementissimum misericorditer nos respecturum cordaque illorum mollificaturum, ut nos quoque syncera charitate complecti c incipiant, quemadmodum expectoratis omnibus suspitionibus ipsos velint nolint 4 amabimus ex animo. Hälffend d doch nun, dass sy unß ouch früntlich syennd und unß schrybind. Das wöllend

a Mit Randbemerkungen von J. H. Hottinger. Offenbar hat Bullinger den bereits versiegelten Brief nochmals geöffnet, überarbeitet und zurückbehalten; die an Bucer gesandte Ausfertigung ist nicht erhalten.
b pro ecclesia nostra am Rande nachgetragen.
c vor complecti gestrichenes nos.
d-e von Hälffend bis dienst ist am Rande nachgetragen für gestrichenes: Haec autem coram tibi exponere non potui, usqueadeo plane profiteor enim me mihi ereptum longe alia a vobis expectasse,
quam proponebatis. Nunc autem, ubi propius mecum expendo, quae utrinque a vobis proposita et disputata sunt, denique et conscripta, deo meo gratias ago et hunc oro, ut in his nos stabiliat.
1 Bullinger war an der Anfang Februar in Basel abgehaltenen Tagung mit Bucer zusammengetroffen.
2 Das in Basel beschlossene Erste Helvetische Bekenntnis, s. oben Nr. 737, Anm. 1.
3 Leo Jud.
4 Vgl. Otto 362, Nr. 1852.

wir inen ouch. Stellend die schmähen 5 ab in Wirtemberg 6 ; da gadts nun gar grob zu Inen muß 7 von den unsern ghein widerdriess 8 mee beschähen, sunder was inen lieb und dienst ist e .

Praeterea fratres nostri tam in urbe quam in agro nihil in illa desyderant confessione. Confitentur omnes, quotquot hanc vel legunt vel audiunt, nihil in hac quam puram esse simplicitatem, ut vobis non sit metuendum, ne nostri hanc repudient.

D[octor] Wolffen Capito bitt ich früntlich, wölle mir uff das beldist ein antwurt schryben vonn doctor Christoffels sun 9 , den er by üch gern zu einem appentecker hätte. Mag es sin, so schrybe ein antwurt, ee dann unser koufflüt gen Franckfurt ||490v. farind, damitt der gut man nitt verfaare 10 . Er hatts allss uff doctor Capito und mich gestellt, dorumb lasse imm den handel angelägen sin.

Vale una cum Capitone, Bedrotto, Dasypodio et reliquis.

Raptim, 18. februarii 1536.

Heinrychus Bullingerus tuus totus.

[Adresse darunter:] Praestantissimo viro d. Martino Bucero, Argentoraten[sium] antistiti venerabili et in domino charissimo fratri.

5 Schmähungen (SI IX 827).
6 Capito hatte versprochen, Schnepf, Brenz und ihre Anhänger in Württemberg von ihrer Polemik gegen die Zürcher und deren Abendmahlslehre abzubringen; vgl. HBBW V, S. 337, 15-17.
7 soll.
8 Verdruss, Benachteiligung (SI XIV 1310-1313).
9 Welcher der zahlreichen Söhne des Zürcher Stadtarztes Christoph Klauser gemeint ist, ließ sich nicht ermitteln. Der
Versuch, eine Lehrstelle bei einem Apotheker in Strassburg zu finden, stiess zunächst auf Schwierigkeiten (vgl. unten Nr. 762, 1-11. 763, 8-12. 796, 14f). Ein Lehrmeister, dem der junge Klauser schliesslich für zwei Jahre anvertraut wurde, erwies sich nachträglich als wenig geeignet, wie aus Briefen von Dasypodius und Capito an Bullinger hervorgeht (s. Zürich StA, E II 358, 119. 123; Capito, Corr. 229, Nr. 658).
10 umsonst verreise (SI I 898f).