Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Guillaume du Bellay an
Konrad Pellikan und
Bullinger
Paris,
31. Oktober 1534

Autograph: Zürich StA, E II 368, 514 (Siegelspur) Gedruckt: Corr. des réformateurs III 207, Anm. 7

Welches die Absicht des französischen Königs in bezug auf die Situation der Kirche ist, hat Bullinger früher schon von du Bellay erfahren. Es gibt Hoffnung, daß in der Religionsangelegenheit Einigkeit erreicht wird. Du Bellay scheint es gut, Ulrich Chelius nach Zürich zu entsenden, der weitere Ratschläge übermitteln wird.

S. D. quae sit regis mei 1 circa statum ecclesiae componendum mens, sensus, animus et cogitatio, antea quidem ex me audivistis 2 . Res ipsa etiam brevi fidem est factura, neque non haud a parvus illi stimulus est additus aut spes potius iniecta conficiendi ex bonorum sententia negocii, quod ex verbis vestris 3 illum docuerim multa tempus, multa vestrum aliquot consilium mollivisse, quae ut duriora nostris videbantur, ita sarciendae unitati moram afferebant. Interim mihi et re ipsa fore visum est, si hunc ad vos D. Ulricum Chaelium 5 dimitterem 5 , qui et nonnullorum super eo negocio consilia et cogitationes

a haud übergeschrieben.
1 König Franz I. von Frankreich.
2 Wohl anläßlich von du Bellays Besuch in Zürich im Mai 1534, s. Bullingers Bericht an Myconius, oben S. 179f, 27-53, und an Vadian, oben S. 183, 2-17. Der Sondergesandte des französischen Königs propagierte in Zürich die Idee einer Vereinigung der deutschen Protestanten mit Frankreich, wobei er an einem Ausgleich zwischen Lutheranern und Zwinglianern interessiert war, sowie den Gedanken der Einberufung eines allgemeinen Konzils zur Überwindung der kirchlichen Spaltung, s. noch Zürcher 57.
3 Zu Bullingers und Pellikans zurückhaltender Antwort auf du Bellays Vorschläge s. oben S. 179f, 33-45 und 183, 10-17.
4 Ulrich Chelius (Geiger), gest. 1561, stammte aus Pforzheim, studierte in Wittenberg und war Famulus des Paracelsus. Seit 1529 ist er als Stadtarzt in Solothurn nachweisbar, wo er auch als Leibarzt des französischen Gesandten de Boisrigaut wirkte. Als Anhänger des evangelischen Glaubens verließ er Solothurn offenbar nach dem Scheitern der Reformation im Herbst 1533 und ging nach Straßburg.
Von dort aus war er als Agent der beiden Brüder Jean und Guillaume du Bellay tätig. Im Auftrag von Straßburg unternahm er wiederholt diplomatische Missionen, war 1539 als Gesandter am kaiserlichen Hof in Spanien, 1541 am Reichstag in Regensburg, 1542 an jenem in Speyer. Dabei brachte ihn seine fortgesetzte Tatigkeit für die Interessen Frankreichs immer wieder in Konflikt mit den Parteigängern des Kaisers. 1555 wurde er Leibarzt des Kurfürsten Friedrich von der Pfalz. Unter dem Pseudonym «Petermann» korrespondierte er mit Basels Bürgermeister Bernhard Meyer. - Lit.: ASchweizerRef II 1854; PC IV/I 37. 165. 229f. 712. 719 und Reg.; Oekolampad BA II 1006, Anm. 3; Handschriftenproben des sechzehnten Jahrhunderts nach Straßburger Originalen, hg. v. Johannes Ficker und Otto Winckelmann, Bd. I, Straßburg 1902, S. 25; Z XI 220, Anm. 11; Felix Platter, Tagebuch (Lebensbeschreibung) 1536-1567, hg. v. Valentin Lötscher, Basel-Stuttgart 1976. - Basler Chroniken 10, S. 218, Anm. 552.
5 Der hier angekündigte Besuch von Chelius in Zürich fand am 17. Januar 1535 statt, s. Seidel 78f.


Briefe_Vol_04_0388arpa

vobis communicet et ad eandem vos adhortetur curam, quae maxime omnium, etiam omnium esse debet.

Valete.

Ex Lutaecia Parisiorum, pridie calendas novembris 1534.

Vobis ex animo deditissimus

Gulielmus Bellaius.

[Adresse auf der Rückseite:] Eruditissimis viris d. d. Corrado[!] Pellicano et Henrico Bullingero b .