Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[332]

Bullinger an
Johannes Stumpf
[Zürich],
1. März [1534]

Autograph: Zürich ZB, Ms A 70, 635 (Siegel) Ungedruckt

Hat Stumpfs Brief erhalten, kann aber aus Zeitmangel nicht handeln. Der Pfleger [Hans Kilchrat] wollte wohl etwas unternehmen, doch mißlang es ihm. Die Tat der Mönche [von Rüti]ist schlimm. Will mit dem Bürgermeister verhandeln.

1 Johannes Stumpf, 1500-1577/78, Pfarrer und Chronist, stammte aus Bruchsal. Er erhielt seine Ausbildung u. a. in Straßburg und 15 19/20 in Heidelberg, wo er wohl zum erstenmal mit reformatorischem Gedankengut in Berührung kam. Im Dienst des bischöflichen Konsistoriums in Speyer wurde er vom Speyrer Weihbischof Anton Engelbrecht weiter im Sinn der Reformation beeinflußt. Trotzdem trat Stumpf 1521 dem Johanniterorden bei, wurde 1522 zum Priester geweiht und im selben Jahr als Prior im Ordenshaus Bubikon (Kt. Zürich) eingesetzt. Als solcher übernahm er auch die Aufgabe des Dorfpfarrers. Nun entschied sich Stumpf endgültig für die Reformation, begann in seinen Predigten das Evangelium auszulegen und schloß sich an Komtur Konrad Schmid in Küsnacht (Kt. Zürich) und an Zwingli an. Er war eine der wichtigsten Stützen der Reformation im Zürcher Oberland, wo sich täuferische und katholische Regungen immer stark bemerkbar machten. 1528 nahm Stumpf an der Berner Disputation teil, 1529 heiratete er Regula Brennwald, die Tochter des Chronisten Heinrich Brennwald. Nach der Schlacht von Kappel wurde er Dekan des Kapitels Wetzikon. 1543 wechselte er als Pfarrer nach Stammheim (Kt. Zürich) und war Dekan des Steiner Kapitels. 1562 wegen Altersbeschwerden aus dem Pfarramt entlassen, verbrachte er seinen Lebensabend in Zürich, wo ihm das Bürgerrecht geschenkt worden war. Zu Stumpfs wichtigsten historiographischen Werken zählen seine Schweizerund Reformationschronik, 1535 als Fortsetzung der Chronik Heinrich Brennwalds abgeschlossen, die eine Biographie Zwinglis enthält und aus der Bullinger für seine eigene Reformationsgeschichte schöpfte (gedruckt 1952/55); sein 1548 bei Froschauer gedrucktes Hauptwerk, «Gemeiner loblicher Eydgnoschaft Stetten,
Landen und Völckeren Chronikwirdiger thaaten beschreybung», an dem u. a. auch Bullinger nach Kräften mitgewirkt hatte; eine Darstellung des Abendmahlsstreites zwischen Zwingli und Luther (gedruckt 1960). Das gemeinsame Interesse an der Geschichte und die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet verbanden Stumpf und Bullinger freundschaftlich. Bullinger besuchte Stumpf wiederholt in Stammheim. Mehrere Stücke ihres Briefwechsels sind erhalten. - Lit.: Johann Stumpf, Chronica vom Leben und Wirken des Ulrich Zwingli, [hg. v. Leo Weisz], Zürich 1932 2 - . Quellen und Studien zur Geschichte der helvetischen Kirche I; Johannes Stumpfs Schweizer- und Reformationschronik, hg. v. Ernst Gagliardi, Hans Müller und Fritz Büsser, 2 Bde, Basel 1952/55. -QSG, NF, I. Abt.: Chroniken, Bd. V und VI; Beschreibung des Abendmahlsstreites von Johann Stumpf, auf Grund einer unbekannt gebliebenen Handschrift cd. v. Fritz Büsser, Zürich 1960. -Veröffentlichungen der Rosa Ritter-Zweifel-Stiftung, hg. v. Robert Ritter-Zweifel. Historische Reihe; AZürcherRef 1389. 1391. 1439. 1556. 1705; HBRG I 429. III 169; Attilio Bonomo, Johannes Stumpf, der Reformator und Geschichtsschreiber, Diss. phil. Zürich, [Genua 1923]; Attilio Bonomo, Johannes Stumpf, der Reformator und Geschichtsschreiber. Materialsammlung zur Dissertation, in Maschinenschrift, 2 Bde., Zentralbibliothek Zürich; Feller-Bonjour I 144-153 (mit weiterer Lit.); Pfarrerbuch 554; HBLS VI 591f.
2 Der vorliegende Brief steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit den Vorgängen im Kloster Rüti, die Gegenstand von Stumpfs Brief an Bullinger vom 31. März 1534 (unten Nr. 346) sowie der Anklageschrift des Wetzikoner Kapitels zu Handen der Synode Anfang Mai sind (unten Nr. 371).

Gnad und frid von gott.

Üwer schryben 3 hab ich empfangen und verstanden 4 . Ist mir nitt müglich unmussen 5 jetzund ützid 6 zu handlen. Ich muß zweymal predgen. Der pfläger 7 hat nüt uffgäben. Ist wol willens xin, ettwas zu thun. Ist imm mißradten. Der münchen 8 thaat ist arg gnug 9 . Aber der tüfel schyst allwäg uff die großen huffen 10 . Doch wil ich lugen, was und wie ich handle mitt dem burgermeister 11 . Wyter kan ich nitt. Hiemitt sind gott befollen. Dem büchlin 12 wil ich nachvragen.

Reminiscere.

Der uwer H. Bullinger.

[Adresse auf der Rückseite:]Stumpfio suo, decano, Bubikon.