Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[3040]

Ambrosius Blarer
an Bullinger
[Konstanz],
13. Oktober 1547

Autograph: Zürich StA, E II 357, 254-256 (Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Ubersetzung: Blarer BW II 663f, Nr. 1483

[]]Ani Dienstag [11. Oktober]empfing Blarer drei Briefe [nicht erhalten] von Bullinger. Am gleichen Tag reiste Johannes Haller durch Konstanz, doch konnte Blarer diesem damals keinen Brief mitgeben. -[2] Kurz darauf traf die Nachricht ein, dass Ravensburg aufgefordert wird, spanische Soldaten aufzunehmen oder eine bestimmte Summe zu erlegen. Genau wie es

104 Vgl. Lk 24, 13-43; Job 20, 14. 20. 27-29.
105 Heinrich Summerer (gest. 1566), zwischen 1546 und 1549 Pfarrer in Burgdorf; s. Pf-Bern 387. - Zu diesem s. ferner aaO, S. 351. 407. 412. 445. 515. 525. 529. 587. 590; Pf-Aargau 100, Nr. 630.
106 Johann (Hans) Knechtenhofer, der kurz zuvor, einige Monate in Zürich verbracht hatte, um sein in Straßburg begonnenes
Studium zu beenden; s. HBBW XIX Reg.; Nr. 2937, Anm. 8.
107 Vgl. nämlich Nr. 3024,9-13.
108 Vgl. Mt 5, 9.
109 Vgl. 1Kor 14, 1-5. 12; 2Kor 12, 19; 1Thess 5, 11; Jud 18-20.
110 Vgl. Gal 5, 19-22; 1Tim 6, 3-5; 2Tim 2, 14.
111 Vgl. 1Joh 4, 7. 12.

schon bei Hosea steht, saugen die Fremden ailes bis aufs Letzte aus. Gott helfe! -[3]Blarer lieh die erste Abbildung [der Glarner Himmelserscheinung]jemandem [.. .], der diese ohne Blarers Wissen weiterschickte. Es war ihm also nicht mehr möglich, sie an Vadian zu übermitteln, als ein Bote [...] zur Verfügung stand. Dafür entschuldigte er sich bei Vadian. Bullinger sei Dank für seinen treuen Briefverkehr und für die [neue]Abbildung. Die Vision ist, wie Bullinger es richtig beurteilt, als Warnung Gottes aufzufassen. Gott erbarme sich der blinden und tauben Welt! -[4]Das an Bullinger gerichtete Schreiben von Hans Schöner wird Blarer noch heute an dessen Schwester Sabina weiterleiten, ihr dabei den Dank von Bullingers Gattin Anna [geb. Adlischwyler]ausrichten und ein baldiges Schreiben Bullingers ankündigen. Blarer wird ihr auch eine Abschrift des an ihn und Bullinger gerichteten Briefs der Augsburger Obrigkeit beilegen. Möge Schöner in der kurzen Zeit, die ihm noch bleibt, in geduldiger Erwartung des Himmelreichs sein Leid ertragen! -[5] Haller kann berichten, dass Kaiser Karl V. gar nicht so krank ist. wie behauptet. liber die 10'000 [Todesopfer der Schlacht von Pinkie Cleugh] war nichts Näheres zu erfahren. Die Nachrichten aus England stimmen mit dem überein, was bei Bullinger zu lesen ist. Wenn nur das Reich Gottes anbrechen würde! Die von Bullinger und den Konstanzern erhaltenen Nachrichten zu den Hansestädten sind auch gleichlautend. Gott dämme die Fluten dieser schlimmen Zeitläufte ein! Zu Recht haben die Eidgenossen vor, sich gegen den Kaiser und König Ferdinand zur Wehr zu setzen. Alles deutet nämlich auf eine [militärische Auseinandersetzung] hin, und ohne Gottes Hilfe ist alles verloren, denn von den untereinander zerstrittenen Deutschen ist nichts zu erwarten. -[6] Der Bote [...]bringt soeben Bullingers letzten Brief [nicht erhalten]. Wie Blarer es schon früher [mit Nr. 3021] schrieb, stimmen die Gerüchte über Philipp Melanchthons [Abschwörung] nicht. Dieser hat keine bösen Absichten. Beim alten [gefangenen]Kurfürsten Johann Friedrich I. von Sachsen konnte er niemandem von Nutzen sein. Nach Leipzig wollte er nicht. Also will er noch in Wittenberg bleiben. Er stellte sich jedoch dem alten und dem jungen Fürsten, Herzog Johann Friedrich II. dem Mittleren, zur Verfügung, falls es in Weimar oder anderswo zur Gründung einer Schule käme. -[7]Bullinger wird wohl wissen, was der Gesandte König Heinrichs II. von Frankreich [Louis Daugerant, Seigneur de Boisrigaut], bei den Eidgenossen bewirken wollte, auch wenn er nicht nach Zürich kam. Möge Gott alle diese Monarchen dazu bringen, Christus zu dienen! -[8] Sollte Blarer verbürgte Nachrichten erhalten, wird er sie mitteilen. Derzeit aber werden so viele Lügen verbreitet, dass ihm die Nachrichtenübermittlung verleidet ist. Sogar seriöse Personen lassen sich verleiten, erdichtete Fabeln zu verbreiten! -[9]Beiliegend ein Dokument bezüglich eines Konzils. Daraus wird deutlich, dass man davon nichts erwarten darf! Doch der Herr wird siegen. Er gebe die Geduld abzuwarten. -[10] Wenn nur die Menschen auf Gott vertrauten, wie es auch Bullinger wünscht! Dann wäre allen geholfen, und man könnte wie Könige oder Kaiser der Welt und ihren Fürsten trotzen. Gott mehre unseren Glauben! -[11] Blarer hofft immer noch, dass [Konstanz dem Kaiser] keinen unchristlichen, und [vor Gott] nicht zu verantwortenden [Frieden]zugestehen wird, zumal man ja die grausamen Beispiele [anderer Städte]noch lebhaft vor Augen hat! Bullinger möge ernsthaft für die Konstanzer beten. Was kann man anderes tun? -[12]Letztens übermittelte Bullinger 4 Florin des in Burgdorf oder Aarau wirkenden Schulmeisters Kaspar Seidensticker. Allerdings hatten Blarer und Jakob Funcklin diesem je 2 Goldkronen, also insgesamt 4, die 6 Florin entsprechen, geliehen. Der Schuldner wird dies wohl noch wissen! Bullinger soll ihn anhalten, die restlichen 2 Florin unverzüglich zu bezahlen, und diesem keinen Aufschub gönnen, damit noch anderen Bedürftigen geholfen werden kann. Bullinger verzeihe die damit verbundene Belästigung, doch da Seidensticker ihm diese 4 Florin zur Übermittlung gesandt hat, muss er nun den Rest einfordern. -[13]Gruße, auch von Thomas Blarer und Konrad Zwick. Sebastian Schertlin und Marcell Dietrich von Schankwitz, die beide an einem Fieber erkrankt sind, lassen ebenfalls grüßen. - [14] [P.S.:] Hier kommen die beiden, neulich schon [in Brief Nr. 3021] erwähnten Jugendlichen [Josua und Joseph Boschar]. Sie seien Bullinger und Johannes Wolf wärmstens empfohlen! Der Ältere, Josua, wird schon seit seiner Kindheit wegen seiner Frömmigkeit und seines Lerneifers von allen geschätzt. Vor kurzem wurden wie üblich die in Straßburg im Collegium [praedicatorum] studierenden Stipendiaten der vier Städte [Biberach, Isny, Konstanz und Lindau] von einem

Abgeordneten [...]jener Städte inspiziert. Sowohl den Lehrern als auch dein Schulpfleger [Crispinus Pithopoeus] war klar, dass dein Josua im Vergleich zu allen anderen Schülern ein außergewöhnliches Schicksal bevorsteht. Den jüngeren Bruder, Joseph, kann man keineswegs mit dem. älteren vergleichen. Doch ist er nicht schlecht (nur weniger begabt) und zudem umgänglich. Beide dürften Wolf keine Mühe bereiten. Sie bringen diesem etwas Geld mit, wie Bullinger es wünschte. Möge der Herr ihre Studien zum Ruhm seines Namens und zur Erbauung seiner Kirche befördern! -[15]Der Kaiser soll den Eidgenossen viel Geld als Geschenk nach Luzern geschickt haben. Falls das stimmt, wird Bullinger darüber schon Bescheid wissen. - [16] Man bete zu Gott, damit er sich uns und seiner Kirche erbarme, günstigere Verhältnisse schenke und vor allein uns bessere; denn dann kann uns die Welt nichts mehr antun, und ailes wird uns zum Guten gereichen.

Furgeliepter, sonders vertrauwter herr und brüder, ewer drey brieff 1 hab ich auff zinstag 2 wol empfangen und aber nichts gehapt domals, das ich euch by dem frommen, theuren Hallero 3 , der dann denselbigen tag hieher und widerum von hinnen weg geraiset, empieten köndt.

Kam doch gleych bottschafft, 4 wie man wellsch 5 volck auff die von Ravenspurg legen oder ain summa gehts darfür nemmen weht, 6 das allso alles ausgesogen und die frömbden unser krafft und sterck, wie der Oseas 7 7 sagt, fressen müssend. Gott hellf allen!

Ich hab die ersten pictur ainem 8 gelichen gehapt, der mirs on myn willen verschickt hat, das ichs Vadiano nitt schicken können, da 9 ich bottschafft 10 hett. Habs gegen im entschuldigt. 11 Bedanck mich zum hochsten ewers

1 Diese drei nicht mehr erhaltenen Briefe Bullingers müssen zwischen Ende September (vgl. Nr. 3023, Anm. 31) und dem 11. Oktober (s. unten Anm. 36) verfasst worden sein.
2 Am 11. Oktober.
3 Johannes Haller, der am 11. Oktober auf dem Heimweg nach Zürich durch Konstanz gereist war; s. Nr. 3017, Anm. 38.
4 Nämlich am 11. Oktober gegen zwei Uhr nachmittags, als die Konstanzer von den Ravensburgern benachrichtigt wurden, dass am Sonntag zuvor (9. Oktober) der spanische Oberst Alfonso de Vives ihnen einen Brief des Fernando Alvarez de Toledo, Herzog von Alba, übermittelt hatte; s. dazu den Brief des Konstanzer Rats an den Zürcher Rat vom 11. Oktober 1547 (Zürich StA, A 205.2, Nr. 20a).
5 spanisches. - Zu diesen Truppenverlegungen im süddeutschen Raum s. auch Nr. 3003,10-14.
6 Ravensburg wurde vom Herzog von Alba vor die Entscheidung gestellt, 30'000 fl Entschädigung zu zahlen oder spanische Truppen aufzunehmen. Die Stadt ent
schied sich für Letzteres. Am 4. November zogen die Spanier aus Biberach ab (s. Gerwig Blarer BA II 72f, Nr. 968; 83, Nr. 981) und kamen nach Ravensburg, wo 500 Spanier über 15 Wochen einquartiert wurden; s. Johann Georg Eben, Versuch einer Geschichte der Stadt Ravensburg von Anbeginn bis auf die heutigen Tage, Fünftes Heft, Ravensburg 1832, S. 257f (wo das angeführte Datum ihrer Ankunft vom 8. Oktober auf den 8. November zu korrigieren ist).
7 Hos7,9.
8 Unbekannt. - Die Abbildung der Glarner Himmelserscheinung; s. Nr. 2984, Anm. 33; Nr. 3023, Anm. 34; Nr. 303 1,9-14. - Die Angabe "erste" wie auch die Aussage unten Z. 11f lässt vermuten, dass Bullinger mit einem der oben in Anm. 1 erwähnten Briefe Blarer ein zweites Exemplar dieser Abbildung zukommen ließ.
9 als.
10 Bote. - Unbekannt.
11 Ein entsprechender Brief Blarers an Vadian ist nicht erhalten.

hertzlichen, christlichen zuschreibends 12 , ouch der pictur, deren best ausslegung ist, wie ir davon schreibt, 13 das uns gott bey zeyt desshalb habe warnen wellen. Er verlich gnad, das man es globe. Dann diser argen wellt wills ouch am sensu communi manglen; ist mitt offnen ougen und oren toub und blynd. 14 Gott erbarm sich ir!

Des Schöners handschrifft 15 an euch schicke ich hüt seiner schwöster 16 , damitt sy ouch etwas von mir hör. Schreib ir darby ewer lieben hausfrauwen 17 danck mitt anzögung, das ir selbs in kurtz schriben werdt. 18 Schick ir ouch ain abschrifft deren von A[ugspurg] schreiben 19 an unß baid Gott well den güten mann in seinem creutz 20 erhalten die kurtzen zeyt seines uberigen lebens mitt gedult in das ewig vatterland 21 .

Das der c[aesar]22 noch nitt so kranck, bapt ir sampt anderm von dem Hallero zu vernemmen. Der 10'000 halber 23 kan ich noch gar kam grund 24 erfaren, etc. Von Engelland laut die sag ouch mitt 25 ewerm schreiben 26 . Ach gott, das doch etwan 27 dein reych recht und mitt ernst auffgienge! 28 Der Seestett 29 halber laut unser kuntschafft ouch der ewern gleich. Der starck gott wurt disem mehr 30 auch seinen tammen und wur 31 setzen. Das ir c[aesari] und r[egi]32 trauwend 33 , wie ir schreibt, daran vernetzend ir nichts 34 . Der augenschein lehrt ye mehr und mehr, wahin es alls 35 gericht ist. Wehrt gott

12 Briefverkehrs.
13 Bullinger hatte also auf Blarers Bemerkung in Nr. 3031,12f, geantwortet.
14 Vgl. Jes 6, 9f; Mt 13, 14f; Joh 12, 40f; Röm 11, 8.
15 Vermutlich ein an Bullinger gerichteter und nicht mehr erhaltener Brief Hans Schöners. Letzterer war seit etwa Ende September aus Zürich verschwunden; vgl. Nr. 3021,86f.
16 Sabina Schöner; s. Nr. 3031, Anm. 10.
17 Anna, geb. Adlischwyler. - Sie hatte von Sabina eine Goldmünze bekommen; s. Nr. 3031,15-17. Bullinger wird in einem der oben in Anm. 1 erwähnten Briefe Blarer gebeten haben, Sabina seinen Dank auszurichten.
18 Nicht erhalten. - Siehe dazu Nr. 3066,37f.
19 Das Schreiben der Augsburger betreffend Hans Schöner, welches Bullinger an Blarer gemäß dessen Bitte zurückgesandt hatte; vgl. Nr. 3031,17-19.
20 Vgl. z.B. Mt 16, 24 par.
21 Gemeint ist: bis er das Vaterland (Himmelreich) erreicht.
22 Karl V. - Seine Gesundheit war angeschlagen (s. Nr. 2983, Anm. 3). Aller-
dings begab er sich Ende September trotzdem zur Jagd; s. Nr. 3017, Anm. 16. Siehe ferner Nr. 3025,9-11.
23 Blarer bezieht sich hier auf seine frühere Mitteilung in Nr. 3031,26, zur Schlacht von Pinkie Cleugh. - Siehe dazu Nr. 3030, Anm. 54; Nr. 3064.
24 begründete (bestätigte) Mitteilung.
25 laut die sag mitt: stimmt das, was man sagt, überein mit.
26 Einer der oben in Anm. 1 erwähnten Briefe.
27 endlich.
28 Vgl. Mt 6, 10 par.
29 Die Hansestädte. -Siehe dazu zuletzt Nr. 3017,42-44.
30 Meer. - Hier als Metapher unter Bezug auf Ex 14, 13-31 und Ps 78 (VuIg. 77), 13, für die schwierigen Zeiten, denen auch die Hansestädte ausgesetzt waren. Blarer benutzte diese Metapher bereits früher; s. HBBW XIX 248,43-46.
31 tammen und wur: Damm und Wehr.
32 Ferdinand I.
33 droht. -Vgl. Nr. 3035,20-28.
34 vernetzend ir nichts: macht ihr nichts falsch.
35 alles.

nitt, so ists alles nach menschlicher rechnung überlistet und veruntreüwet. Wir Teutschen sind all verathen und verkoufft, namlich dieweyl wir selbs an ainander all falsch und untrüw sind.

Yetzund empfach ich ewer letst schreiben 36 by unserem botten 37 . Es ist ja nichts mitt Philippo, 38 wie ich euch vor geschriben, 39 aber Philippus hat meines erachtens nitt ain böß consilium vor im 40 . Bey seinem alten churfursten 41 hett er nieman können nutz sein. 42 Zu Lypsig hat er um kam sach 43 sein wellen. Zu Wittenberg blypt er, so lang im liept 44 . Hat dem alten und jungen fürsten 45 versprochen, wa 46 sy wurden zu Wymmar oder anderschwa 47 am schul anrichten, welle er inen fur alle 48 menschen dienen, etc.

Galli 49 legatus 50 , was sein werbung anderschwa gewesen, ob er gleich 51 nitt zu euch keme, werdt ir nunmehr wol wissen. Deus illos omnes monarchas ad sui cognitionem, utque filium suum osculentur, 52 sancto suo spiritu propicius et tempestiviter permoveat!

||255 Was ich von newem gloubhafftigs yeder zeyt vernymm, soll euch gewisß und aigentlich unverhalten belyben 53 . Es ist des lügens so uber die maasß vyl, das mir schier alles schreiben zeytung halber erlaidet 54 . So gar fälend 55 auch die warhafftigen, qui, quamquam nunquam mentiuntur, mendacia tamen saepe magnifica et picturatissima scribunt.

Hiemitt empfacht ir den anlaß 56 ains conciliums halber, welchs dermassen angezettellt wirt, das der warhait halber kam gewynnens daruff ist. Aber der

36 Nicht erhalten. - In Anbetracht der darauf folgenden Aussagen über Philipp Melanchthon wird Bullingers Brief die von Blarer in Nr. 3037,8-11, am 10. Oktober übermittelten Nachrichten zu Melanchthon kommentiert haben, was angesichts des Datums des vorliegenden Briefes den Schluss erlaubt, dass Bullingers Brief vom 11. Oktober war.
37 Unbekannt.
38 Nämlich, dass er seinem Glauben abgeschworen hätte.
39 In Nr. 3021,56f.
40 nitt ain böß consilium vor im: keinerlei böse Absicht.
41 Johann Friedrich I. von Sachsen.
42 Die geplante Hochschule im ernestinischen Sachsen musste erst gegründet werden; s. Nr. 3037, Anm. 18.
43 um kam sach: keinesfalls; vgl. Fischer V 514.
44 beliebt.
45 Gemeint sind der gefangene Kurfürst von Sachsen und dessen Sohn Herzog Johann Friedrich II. der Mittlere (geb. 1529).
46 wenn.
47 andernorts.
48 für alle: lieber als allen.
49 König Heinrich II. von Frankreich.
50 Louis Daugerant, Seigneur de Boisrigaut, der anstatt von Guillaume Du Plessis, sieur de Lyancourt, als Gesandter Frankreichs in die Eidgenossenschaft abgeordnet worden war; s. Nr. 3037, Anm. 25.
51 ob er gleich: obgleich er.
52 Vgl. Ps 2, 12 (in der masoretischen Textüberlieferung).
53 unverhalten belyben: nicht vorenthalten bleiben.
54 alles schreiben zeytung halber erlaidet: jegliche briefliche Übermittlung von Nachrichten verleidet (ist). - Vgl. Nr. 2891,1-11.
55 irren.
56 Veranlassung; s. SI III 1390f. - Dieses unbekannte Dokument wird die Abhaltung eines vom Kaiser befürworteten künftigen Konzils thematisiert haben, dank dem einige sich damals noch eine Einigung in der Religionsfrage erhofften.

herr wirts noch alles zu seiner zeyt recht schicken und entlich mitt seiner sach obsigen. Er gebs mitt geduldt und langmütikait zu erwarten!

Es ist, wie ir schreibt, allain uff gott ze sechen. Thäten wir das, so were a unß geholffen. Ach, ach, wie herrlich, fürstlich leut und grosmechtigist künig und kaiser weren wir, köndten wir unß disem obersten herren recht vertrauwen und gelassen darstellen 57 , trutz aller wellt und iren fürsten! Wie bald solltend sy den kopff an uns zerstossen und den spieß an unß brechen 58 ! Ach, min gott, mehr 59 unß den glouben! 60

Unser halb byn ich noch ymmer getroster hoffnung, mann werde nichts unchristlichs und vor 61 aller erbarkait unveran[t]wurthichs b bewilligen, 62 dann die exempel 63 sind fryß grün 64 und grausam gnug vor augen. Will sonst etwas an unß helffen? Darum wellt unß den truwen gott mitt allem ernst bitten helffen, dann usserhalb des waiß ich nichts zu getrosten 65 in allem.

Ir bapt mir verruckter zeyt 4 fl zügeschickt 66 von dem herren Caspar Sidensticker, yetz schulmaister zu Burchtolff 57 oder Arow. Nun ist er unß aber 6 schuldig, wie ich euch vormals bericht, 68 dann wir ime 4 goldcronen gelichen habend, wie er billich 69 wol wissen sollt, und das 4 fl myntz sich nitt in cronen begriffen 70 lassend: Es gab allweg 71 myntz darzu. Ist min pitt, ir wellt inn manen, das er die uberigen 2 fl ouch zuschick 72 und sich danckbar beweyß. Im ist mehr güts von unß beschechen. Das gellt alles gehört

a in der Vorlage weren. -
b Wort teils im engen Einband verdeckt.
57 gelassen darstellen: vertrauensvoll zur Verfügung stellen; s. Fischer III 259; SI XI 195.
58 Vgl. Ps 46 (Vulg. 45), 9f. 59 (ver)mehre.
60 Vgl. Lk 17, 5.
61 gegen; s. SI I 929.
62 In Bezug auf die Konstanzer Bestrebungen, vorteilhafte Friedensbedingungen mit dem Kaiser auszuhandeln; s. dazu Nr. 3017, Anm. 35.
63 Geliefert von den Reichsstädten, die sich dem Kaiser unterworfen hatten.
64 fryß (= frisch) grün: ganz gegenwärtig (im Gedächtnis).
65 nichts zu getrosten: keine Hilfe.
66 Dieser Betrag wurde Blarer von Bullinger am 27. Januar 1547 übermittelt. Da er nicht ausreichend war, musste Blarer beim Schuldner den restlichen Betrag mit einem von Bullinger am 2. Februar weitergeleiteten Brief einfordern; s. HBBW XIX 204f, Anm. 53; 241, Anm. 67.
67 Burgdorf. - Kaspar Seidensticker hatte Burgdorf bereits verlassen und wirkte als Prediger in Thunstetten, 33 km südwest-
lich von Aarau Pf-Bern 648. - Das von ihm geliehene Geld schuldete er Ambrosius Blarer und Jakob Funcklin; s. unten Z. 71f. Weiteres zur Angelegenheit erfährt man in Nr. 3056,69-72. 79-84.
68 In einem nicht erhaltenen Brief Blarers von Ende Januar oder der ersten Februarhälfte 1547.
69 freilich.
70 umfassen; subsumieren. - Eine Goldkrone oder Krone entsprach damals etwa 2 Pfund; s. Gast. Tagebuch 447 (zum genauen Kurs s. unten Anm. 72). Da zudem (s. Nr. 3061, Anm. 33) ein Florin (oder Gulden) 1,25 Pfund entsprach, folgt daraus, dass eine Goldkrone etwa 1,6 Florin wert war. - Blarers Aussage bedeutet demzufolge, dass der Florin nicht aus Kronen besteht, sondern dass die Krone einen höheren Wert als ein Florin hat.
71 stets.
72 Für Blarer entsprachen also 6 Florin 4 Goldkronen. Demzufolge war für ihn eine Goldkrone 1,5 Florin, d.h. 1,875 Pfund wert.

halb dem Jacob Funckely: Der lych 73 2 cronen und ich zwo. Sagt er "Bald 74 im gott hulff", das er uffgezogen were 75 , wellt er unß unverzogelich 76 bezalen! Das begeren wir, das ers this. So kann man andern armen leuten auch helffen, etc. Verzicht mir, das ich euch damitt müh soll machen; dann diewyl er euch 4 fl zugeschickt hat, must ir allso um die andern zwen hinwider auch bemüt sein.

Wellt den ewern allen vyl, vyl dienst, gfitz und grütz sagen. Min lieber brüder 77 77 und vetter 78 empieten euch sampt dem S. Schärtel 79 und Marcell Dietrichen 80 , die baid quartanam 81 hefftig habend, vyl fruntlichs diensts mitt allem guten von gott. Datum 13. octobris 1547.

Tuus A. Bl.

||256 En hic tibi adulescentes hosce nostros 82 , de quibus ad te scripsi. Eos sic tibi ac per te Wolphio nostro commendo, ut magis nequeam. Alter, cui Iosuah nomen, qui et maior natu, iam inde a puero insigniter Pius ac studiosus fuit, ac proinde mihi ac bonis omnibus charissimus. Praeterea, quum iam novissime Argentorati collegium 83 a misso in hoc ex quatuor urbibus 84 legato solito more inspiceretur ac de singulorum adulescentum 85 moribus et studiis testimonia a praeceptoribus 86 pariter et oeconomo 87 colligerentur, ad unum omnes hunc Iosuah extra communem caeterorum omnium aleam collocarunt. Dominus illi spiritum suum benignissime, quo magis atque magis

c Über der Zeile nachgetragen.
73 lieh.
74 sobald.
75 das er uffgezogen were: damit man ihm eine zusätzliche Frist gewähre (zur Bedeutung des Wortes uffziehen vgl. auch dessen Gebrauch in Nr. 3005,28-31).
76 unverzüglich.
77 Thomas Blarer.
78 Konrad Zwick.
79 Sebastian Schertlin.
80 Marcell Dietrich von Schankwitz.
81 Fieber.
82 Josua Boschar und sein jüngerer Bruder Joseph, die Blarer bereits mit Nr. 3021,96-99, Bullinger und Johannes Wolf, dem Pfarrer der Predigerkirche in Zürich, angekündigt hatte.
83 Das in Juni 1534 gegründete Collegium praedicatorum: s. BucerDS VII 536-538.
84 Biberach, Isny, Konstanz und Lindau, deren Schüler dank einer von den Isnyer Brüdern Peter und Jost Buffler auf Martin Bucers und Blarers Anregung 1533/34 gegründeten Stiftung in Straßburg studieren konnten. - Wer 1547 von
diesen Städten nach Straßburg abgeordnet wurde, ist unbekannt.
85 = adulescentium.
86 Gemeint sind die Schullehrer.
87 Das Collegium praedicatorum wurde von einem "gmain Preceptor" (s. BucerDS VII 543f), der als "Pfleger" oder "Schaffner" (oeconomus) fungierte, geleitet. Mit dem "oeconomus" ist hier Crispinus Pithopoeus (Krüger, Töpfer?) gemeint. Wegen seiner Strenge hatte er sich unbeliebt gemacht und war spätestens im August 1547 von Johannes Schwebel als "Erzieher und Verwalter" des Collegiums abgelöst worden; s. Blarer BW II 629, Nr. 1444; 631, Nr. 1447; 647, Nr. 1465.
88 Gemeint ist: Alle (die Präzeptoren und der Schaffner) waren der Meinung, dass Josua ein außergewöhnliches Schicksal im Vergleich zu allen anderen haben würde. -Collocare ad: zuweisen; s. Niermeyer I 264. Zur Lokution: "extra communem caeterorum omnium aleam" vgl. z.B. Blarer an Bullinger, ca. 20. Juni 1549 (Zürich StA, E II 357a, 784): "Est

c in pietate ac literis promoveat, propicius largiatur! Alter, quamquam nulla re fratrem aequat, tamen et ipse non malus, sed mediocriter ingeniatus et tractabilis est, ut credamus Wolphio nihil incommodaturos. Adferunt secum aliquantam pecuniam Wolphio, quemadmodum petebas 89 . Dominus studia illorum ad gloriam nominis sui et ecclesia aedificationem bene fortunet!

Es wirt her geschriben, der kaiser solle vyl kronen gen Lucern geschickt haben, die Aidgnossen damitt zu begaben 90 Ich achten aber, so etwas daran, es were euch nitt verborgen.

Precemur dominum, ut nostri et ecclesia suae misertus meliora largiatur, quam iam diu vidimus et sumus perpessi, utque inprimis nos ipsos meliores reddat. Tum enim nihil nobis pessimus iste mundus offecerit, sed omnia caedent in lucrum 91

Tuus, et totus.

[Adresse auf der Rückseite:]Egregio valde Jesu Christi servo, d. Heinricho Bullingero, observando suo et charissimo fratri. 92