Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[267]

Johannes Bullinger an
Bullinger
[Ottenbach,
Spätsommer oder Herbst 1533?]

Autograph: Zürich StA, E II 441, 80. Siegel. -Ungedruckt

Hat gemäß der Empfehlung Bullingers und ihrer Mutter [in der Erbangelegenheit]gehandelt. Die strittigen Ansprüche von [Hans]Hedinger und Jakob [Bullinger]wurden mit Hilfe der Schiedleute Werner [Schodoler?]und Jakob [?]geregelt. Bittet Bullinger, früher oder später einen Erben zu bestimmen.

Salus a Christo etc.

Lieber bruder, nach dinem anpfelch 2 und unser mutter 5 han ich mit fliß und zum trulichsten ghandlat, doch wo ich nit mit hilff der schidlüttan 4 , hett ich mit dem Hediger 5 nütt mögen schaffan, nit von sinet wegen (als er spricht) sundar Jacobs 6 , der

e Die Bedeutung der Abkürzung bleibt unklar.
80 wenn nur (SI I 82f).
81 Geizhälse (SI VI 1172).
82 keine Kosten sparen wollen (SI XIII 1304).
83 Anstoß, Antrieb (SI XI 1580).
84 Absicht.
1 Der im Brief behandelte Erbschaftsstreit steht höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Erbe des am 8. April 1533 gestorbenen Vaters von Heinrich und Johannes Bullinger. Dieses Todesdatum (dazu s. HBD 22, 23-25) wäre demnach als terminus post quem anzunehmen. Der Tod des erwähnten Onkels Jakob Bullinger im Herbst 1534 (s. unten Anm. 6) steht als terminus ante quem fest. Vergleicht man die folgenden, aller Wahrscheinlichkeit nach mit der selben Angelegenheit zusammenhängenden Briefe (y. a. Nr. 269), so scheint die Annahme möglich zu sein, der Brief sei in Ottenbach (Kt. Zürich), dem Wirkungsort Johannes Bullingers, im Spätsommer oder Herbst 1533 abgefaßt worden. -Zu der angesprochenen Erbschaftsfrage
und den in den anderen Briefen Johannes Bullingers erwähnten Kaufangelegenheiten sind in den Archiven von Zürich, Aarau, Bremgarten und Brugg keine weiteren Dokumente erhalten, die näheren Aufschluß geben könnten.
2 Rat, Anweisung.
3 Anna Bullinger, geb. Wiederkehr.
4 Hätte ich nicht die Hilfe der Schiedleute gehabt. - Die Schiedleute waren offenbar die Z. 10f erwähnten Werner und Jakob (s. unten Anm. 14).
5 Hans Hedinger, gest. 1541, Schultheiß von Bremgarten, der mit Anna Bullinger, der Tante Johanns und Heinrichs, verheiratet war. Als Anhänger der Reformation wurde er nach 1531 als Schultheiß abgesetzt. - Lit.: HBD 18, Anm. 2; Verzeichnis 1 110f; HBLS IV 100.
6 Jakob Bullinger, Onkel Johanns und Heinrichs, Sattler in Brugg, ermordet im Herbst 1534, s. Brief des Johannes Bullinger an Heinrich Bullinger, [vor dem 11. November 1534], Zürich StA, E II 441, 86; Verzeichnis 1 108.

doch in synem abscheidt 7 von Ottenbach hat wellen han 125 gl., uns fon fruntschafft wegen wellen schencken 25 gl. Aber der Hediger nit wellen mit uns rechten 8 und geforderat das syn, als von den vertruwten und den synen, des er verhofft, sölichs im nit a vorzuhan 9 , 10 syt und wir die warheit predigent und erkennent etc. Und geforderet nach aller inredt 11 und von fruntschaff wegen, mit uns eins zu bliben (gott geb, was Jacob 12 thüy) hundart rinsch gl. an sin schencky 13 etc. Des sich Wernnen und Jacob 14 syn und min gwalt 15 handt angnan nach verwilgetter 16 sach zu Ottenbach und gsprochen 17 80 gl. beden an 18 die schencke mit dem librock dem Jacob, und darum uns quit, fry, ledig b sagen fur 19 alle ansprach 20 . An 21 hat er vorbhaltan ein friegen, ledigan erbfal 22 , des ich mich han müssen bgen 23 . Nun ist min meinig und hit an dich, du wellest dester fröer und spetter machan erhan 24 , das inan 25 nütt werd. Wil ich ouch min best thun. Inan muß da nütt werden.

Vale et amantem ama.

So ichs kan rechnen mit allam, trifft es 103 gl. Ist weger 26 , dan noch vil verrechtet 27 , und so wir mögendt, wendt wir der schidtlüyttan ein schencki 28 thun, dan ich huit han gspurt, das sy uff unsar sittan sind gsynt.

Ioannes tuus.

[Adresse auf der Rückseite:] An M. Heinrichen Bullinger, sinen lieben bruder zu Zürich.

a nit in der Vorlage wiederholt.
b in der Vorlage ledid.
7 schriftliche Abmachung (SI VIII 199f).
8 streiten (SI VI 309).
9 vorzuenthalten (SI II 1234).
10 da ja, weil (SI VII 1447).
11 Einsprache (SI VI 533f).
12 Jakob Bullinger.
13 Vergabung (SI VIII 967f); gemeint ist wohl: 100 Rheinische Gulden zusätzlich zu dem ihm (Hedinger) zustehenden Erbanteil.
14 Die oben Z. 3 erwähnten Schiedleute. Bei Werner handelt es sich wohl um Werner Schodoler, Schultheiß von Bremgarten (s. unten S. 198, 7). Jakob ließ sich nicht nachweisen. Denkbar wäre vielleicht Jakob Hoffmann aus Bremgarten, der z. B. in ASchweizerRef IV 1291 zusammen mit Schodoler genannt wird.
15 Auftrag, Vollmacht (Grimm IV/I 3 4959-4963).
16 beschlossener, angenommener (Grimm XII/I 2275-2277).
17 zugesprochen (SI X 756f).
18 Die Bedeutung bleibt unklar; entweder: an, zusätzlich zu, oder: ohne.
19 vor.
20 (weiterer) Forderung (vgl. SI X 722-724).
21 Außerdem (SI I 262).
22 Erbnachfolge; gemeint ist wohl: Hans Hedinger behält sich vor, seine Erben frei zu bestimmen, somit unter Umständen die Mitglieder der Familie Bullinger von der Erbschaft auszuschließen.
23 sich fügen (SI II 92).
24 die Erben bestimmen, einen Erben einsetzen.
25 Gemeint ist wohl die Familie Hedinger.
26 besser; hier: mehr wert (Grimm XIII 339f).
27 durch Prozessieren verbraucht; verloren gegangen (SI VI 310).
28 Geschenk (SI VIII 959-964).