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[2618]

[Ambrosius Blarer]
an Bullinger
[Konstanz],
10. Oktober [1546]

Autograph: Zürich StA, E II 357a, 651f (Siegelabdruck und -fragment) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 518f, Nr. 1355

[1]Blarer dankt für das Schreiben Bullingers [nicht erhalten]. [2] Er hofft, dass der Zunftmeister [Hans .] von Isny die von [Konrad] Hofherr dem [in Zürich wohnenden Hans] Meefuss geschuldeten sechs Gulden überbracht hat. Hof herr hatte das Geld seinem Schwager [Fridle ...]geliehen. [3]Anbei übersendet Blarer ein am Vortag erhaltenes Schreiben [Georg] Frölichs. Der Bericht des [Konstanzer Rats] an den [Zürcher Rat]über das letzte Scharmützel, bei dem [Prinz Albrecht von Braunschweig-Grubenhagen] schwer verwundet wurde, wird mit gleicher Post [nach Zürich] geschickt und Bullinger sicher vor Augen kommen. [4] Blarer hat nur kurz den in der Vornacht [aus Füssen]zurückgekehrten Konrad Zwick aufgesucht, der den früheren Bericht [in Nr. 2610] vom unflätigen Benehmen der [eidgenössischen Söldner im schmalkaldischen Heer]bestätigt hat. Besonders die St. Galler, allen voran ihre Hauptleute Christian Vogel, [Hans] Blum und [Konrad] Glintz, haben einen schlechten Ruf Zwick meint, dass die St. Galler diese Hauptleute bestrafen und ihre erbeuteten Güter den Ständen zurückschicken sollten. Diese würden das zwar kaum annehmen, aber somit wäre der Ruf der Eidgenossen wiederhergestellt. Zwick lässt grüßen. [5]Der Konstanzer [Kaufmann] Niklaus Kröl berichtete nach seiner Rückkehr aus Venedig, dass er auf dem Heimweg an die 3'000 nach Italien zurückkehrende [kaiserliche Söldner]gezählt habe, die alle sehr froh über ihre Heimkehr sind und um keinen Preis nach Deutschland zurückkehren würden. Mögen sie mit Gottes Hilfe nie mehr wiederkommen und nun Gott erkennen! [6] [Die Eidgenossen] sollen [einen möglichen Einfall der Berner in] das Burgund mit allen Kräften abwehren, da ein solcher nur Nachteile mit sich brächte. [7] Auch Blarer steht [den Verhandlungen der Schmalkaldener mit] Frankreich und England sehr kritisch gegenüber. [8] Die Sache [der Schmalkaldener] muss wirklich anders angegangen werden, sonst wird sie erfolglos sein. Der Herr aber wird den Seinen beistehen. [9] Man soll füreinander beten. In Eile.

Gnad und frid mitt allem gutem. Sonders vertrauwter, lieber herr und bruder, ewer schreiben 2 hab ich zu grossem danck empfangen. Daruff antwurt:

Erstlich hoff ich, ir hapt die 6 fl dem Meefuß 3 gehörig von dem zunfftmaister von Ysne 4 empfangen. Curio 5 hat die seinem schwager 6 entlechnet 7 gehapt. Der hats jetz erlegt. 8

1 Das Jahr ergibt sich aus dem Briefinhalt.
2 Ein nicht erhaltener Brief, der auf Blarers Brief Nr. 2610 vom 6. Oktober antwortete.
3 Hans Meefuss aus Zürich.
4 Wohl der schon in HBBW XV 255,22-31, erwähnte Zunftmeister, der mit Blarer befreundet war und laut Nr. 2626,4-6, mit Vornamen Hans hieß. Er war Schreiner
und nahm nach dem Schmalkaldischen Krieg als Gesandter der Stadt Isny an den Aussöhnungsverhandlungen mit Kaiser Karl V. teil; s. Blarer BW II 580.
5 Konrad Hotherr.
6 Fridle [...]; s. Nr. 2610, Anm. 4.
7 geliehen.
8 Zur Sache s. schon Nr. 2610,4-8.

So schick ich euch abermals 9 ain schreiben vom Leto. Ist mir uff gestert zukommen. Was weyter mynen herren zukomen des letsten scharmutz halber, 10 darinn ouch ain hertzog von Luneburg 11 erstochen worden (wie man besorgt, er möge nitt davon kommen, schreiben sy den ewern by diser post 12 ) a , blypt euch unverhalten 13 .

So ist min lieber vetter Conrat Zwick necht 14 spat kommen. 15 Byn nun 16 ain klains wyle by im gewesen, dann er vyl zu schaffen gehapt. Hat mir aber mitt grossem laid anzöegt und bestät 17 , was ich euch nechermal 18 von den eweren anzöegt hab. Sagt, es seye nitt glöplich, wie ain groß gschray uber sy seye 19 . Sogar überuß ubel haltind sy sich und seyen uber die maß unfletig, sonderlich die Sangaller, zuvor ire hoptleut, Christa Vogel, der Blüm 20 und Glyntz 21 . Er maint, die von S. Gallen sollten sy strauffen, die hoptleut, und all ir gut und gelt, das sy erobert, den stenden widerum zuschicken, damitt man seche, das es inen nitt lieb were. Maint, man wurde das gelt danecht 22 nitt nemmen, sonder inen widerum haimschicken. Aber danecht kemend dardurch die Aidgnossen widerum usß dem geschray. Er klagt sichs gantz hoch 23 und empeut 24 euch vyl vyl dienst und grütz.

Item ain burger von hinnen, Niclauß Cröl, gar ain frommer, redlicher mann, ist uff frytag 25 von Venedig heruß kommen. Sagt, das ime überuß vyl Italiäner begegnet seyen; achtets uff 3'000. Seyen gantz unschlundig 26 und fro, das 27 sy widerum haimziechind. Sagind, die sach gefall inen dermassen , hett yeder das ain oug im Teutschland gelassen, er 28 wellte sich nitt umkeren, dasselbig widerum ze holen. Gott welle, das sy nymmermehr kommind und anhaim 29 mitt baiden ougen lernind recht sechen und gott erkennen!

a Klammern ergänzt.
9 Blarer hatte auch seinem letzten Brief an Bullinger vom [6. Oktober] ein Schreiben von Georg Frölich (Laetus, Letus) beigelegt; s. Nr. 2610,12-15. — Der hier erwähnte Brief Frölichs findet sich nicht in Blarer BW.
10 Siehe dazu den ausführlichen Bericht in der Beilage von Nr. 2616.
11 Prinz Albrecht von Braunschweig-Grubenhagen; s. Nr. 2612, Anm. 113.
12 Der Konstanzer Rat schrieb am 11. Oktober 1546 an den Zürcher Rat (Zürich StA, A 177, Nr. 78) und teilte dabei tatsächlich den Tod des Prinzen Albrecht mit.
13 nicht vorenthalten.
14 gestern Abend.
15 Zwick wurde vom Konstanzer Rat beauftragt, das schmalkaldische Lager bei Füssen zu besuchen; s. Nr. 2606,63-67.
16 nur.
17 bestätigt.
18 Im letzten Brief Blarers vom 6. Oktober; s. Nr. 2610,45-57.
19 wie ain groß gschray uber sy seye: welch einen schlechten Ruf sie haben.
20 Hans Blum; s. Nr. 2610, Anm. 45.
21 Konrad Glintz; vgl. Vadian BW VI 50. 562. 564.
22 dennoch.
23 Er klagt sichs gantz hoch: er beklagt sich sehr darüber.
24 entbietet.
25 Am 8. Oktober.
26 mürrisch, ungeduldig; vgl. Grimm XXIV 1338.
27 Zu verstehen: dermaßen schlecht, dass.
28 Subjekt ist "jeder" (der Italiener).
29 daheim.

||652 Mit Burgund b werend, als starck ir sind, dann es wurd ain böß sach und hette ain ergerlich ansechen, etc. 30 Gott verlych, uffrecht und redlich zu handlen in allem!

Mitt Franckreich und Engelland 31 hallt ichs gantz und gar mitt euch, und byn ye und allweg 32 der mainung gewesen, das wir nichts dann all plagen von disen gluckstöbern 33 haben müssind, so wir unß mitt inen inlassind.

Und warlich, es müsß die sach 34 anderst gestalt werden oder unser ding wirt nichts sein, wiewol der herr unß und alle die sinen vätterlich durch allen strüdel diser wellt erhalten wirt. Im seye preyß in ewigkait!

Bitten mitt allen truwen für unß. Thaind 35 wir auch. Datum 10. octobris, sontag, morgens frü Hab warlich nitt zyt ze schriben. Drum habend für gut

[Ohne Unterschrift.]

[Adresse auf f. [152a]v.:]Bullingero suo. Tiguri. An meister Heinrich Bullinger. Zürich.