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[2608]

Francisco de Enzinas
an Bullinger
Basel,
5. Oktober 1546

Autograph: Zürich StA, E II 366, 51 (ohne Siegel) a Druck: Francisci Dryandri, Hispani, epistolae quinquaginta, hg. y. Eduard Boehmer, in: Zeitschrift für die historische Theologie 40, 1870, 389-391, Nr. 4;

Druck und spanische Übersetzung: Enzinas BW 112-116, Nr. 6

[1] Um die [Ende August] eingegangene Freundschaft 1 nicht zu vernachlässigen, schreibt Enzinas lieber einen unwichtigen Brief als gar nicht. Er wird [Bullinger] bestimmt erneut Anlass geben, ihm zu antworten, zumal die gegenwärtigen Unruhen oft Gelegenheit zum -Schreiben-bieten Über den Krieg erzählt man zwar vieles, doch handelt es-sich--um ungewisse

b-b
a am Rande nachgetragen. Mit Schnittspuren. Neben der Adresse, von Bullingers Hand: Franciscus Dryander, Hispanus.
von Ochinos in Augsburg anonym gedrucktem Dialog "Ein Gesprech des Teütschen Lands und der Hoffnung"; s. HBBW XVII 372, Anm. 46; Judith Steiniger, Eine unbekannte Schrift von Bernardino Ochino, in: Zwa XLIII, 2016, 125-159.
42 Neuburg a.d. Donau.
43 Zu verstehen: keines der ihnen gemachten Versprechen, als die Stadt sich am 19. September dem Kaiser ergab; s. zuletzt Nr. 2605, Anm. 4. — Die Nachricht geht auf den zweiten (A 177, Nr. 53) oben in Anm. 1 angeführten Brief Thomanns vom 29. September zurück. Aus dem Brief Konstanz' vom 4. Oktober wird Bullinger ferner erfahren haben, dass in Neuburg die Truppen des Kaisers die Frauen weiterhin misshandelten und die
Häuser des Statthalters [Hans Kraft von Vestenberg] und des Rentmeisters [Gabriel Arnold] abgerissen hatten. Die Namensermittlung geht auf Weissmann 1 151 zurück, wo (S. 119) nur über die Plünderung (und vielleicht auch über den Abbruch) der Häuser des Rentmeisters und seines Bruders Christoph berichtet wird.
44 vergelten; vgl. SI I 848.
45 Zu verstehen: dem Johannes Gast soll der Inhalt des vorliegenden Schreibens mitgeteilt werden.
46 Blarers Briefe an Bullinger vom 22. und 30. September (HBBW XVII, Nr. 2595 und 2602); s. HBBW XVII 490, Anm. b; 514, Anm. b.
47 Unbekannt.
1 Siehe HBBW XVII 361, Anm. 2.

Gerüchte, die von den Menschen ohne Zurückhaltung in der Öffentlichkeit verbreitet werden. [2] Über die vergangene Tagsatzung in Baden 2 konnte Enzinas nichts Sicheres erfahren, doch scheint leider der Zwiespalt zwischen den Eidgenossen fortzubestehen. Was sich abspielt, ist traurig. Man kann aber daran nichts ändern. Umso mehr sollte man bis zum Ende Gott treu und unerschrocken dienen. [3] Bullinger (und wer sonst?), der durch seine Tugenden gänzlich dafür geeignet ist, soll für das allgemeine Wohl und für die Nachwelt seine Meinung und seine Glaubensansichten kundtun und die bei ihm liegende Abhandlung über die Lehrpunkte der Kirche 3 mit allen teilen, wie er es versprochen hat. Nur wenn er dies getan hat, wird Enzinas Ruhe geben. [4]Grüße an [Konrad] Pellikan und an den bei diesem wohnenden Johannes [Jan Maczynski]4 . Den Brief des Letzteren hat Enzinas an [Martin] Bucer weitergeleitet, die Antwort darauf aber noch nicht erhalten. Beiliegend ein Orakel ("vaticinium"), 5 das er von Bucer empfing. Enzinas wartet immer noch auf das Papier, das der

2 Vom 19./20. bis zum 25. September; s. EA IV/1d 680-688, Nr. 314; HBBW XVII 503,1.
3 Vermutlich sah Enzinas bei Bullinger eine handschriftliche Fassung folgender Schrift: "Underscheid des Altten und Nüwen gloubens, der Altten und Nüwen leer, darus man ring [= leicht] verstan mag, wenn [= wann] man die leer recht oder unrecht fürt. Zur warnung geschriben". Von dieser Schrift hat sich eine wohl von einem Studenten erstellte, schöne Abschrift in Zürich ZB, Ms S 133, 139, erhalten, auf deren Titelseite das Jahr 1546 und auf der Schlussseite die Angabe 1549 verzeichnet wurden. Auf der Titelseite brachte Bullinger ferner eine eigenhändige, für seinen Kollegen Johannes Fries bestimmte Widmung an. Die Schrift wird also 1546 fertig verfasst und 1549 abgeschrieben worden sein. Laut einer Angabe in Bullingers Autobibliographie (Zürich ZB, Ms F 98, f. 26r.) wurde die Abhandlung auf Anfrage Georgs von Württemberg 1551 veröffentlicht. Sie erschien in Zürich ohne Widmung in einer neu bearbeiteten Fassung unter dem Titel "Gägensatz unnd kurtzer begriff der Evangelischen und Bäpstlichen leer, daruß ein yeder ring verston mag, wieverr man diser zyt im span des gloubens eins oder uneins sye und was ein yede part für recht oder unrecht halte" (HBBibl I 231; VD16 B9616). 1556 kam die Schrift stark überarbeitet und erweitert erneut in Zürich heraus, unter dem Titel "Summa christenlicher Religion, darinn uß dem wort Gottes one alles zancken und schälten
richtig und kurtz anzeigt wirt, was einem yetlichen Christen notwendig sye zu wüssen, zu glouben, zu thun und zu lassen, ouch zu lyden und säligklich abzusterben in X. Artickel gestelt" (HBBibl I 283; VD16 B9710). Diese Ausgabe wurde dem jungen Landgrafen Wilhelm IV. von Hessen gewidmet. — Wie Ignacio J. García Pinilla schon bemerkte (Enzinas BW 116, Anm. 4), wurde die 1551 veröffentlichte Schrift 1552 in Straßburg ausgerechnet von dem auf Enzinas' Veranlassung (s. Gilly, Spanien 338-342) von Zürich nach Straßburg übersiedelten Drucker Augustin Fries (alias Mellis) nachgedruckt.
4 Vgl. HBBW XV 404, Anm. 7.
5 Möglicherweise eine Abschrift der Weissagung, die damals u.a. in der in Straßburg anonym erschienenen Flugschrift "Des Bapsts und der Pfaffenn Badstub" ([Straßburg, Jakob Frölich], 1546, VD16 P352 — zwei Exemplare dieser Ausgabe in Zürich ZB: Ms S 61, 111a und 18.1455/4) auf f. C ij r zu finden ist, oder, noch wahrscheinlicher die ganze Flugschrift. Diese wurde auch in Augsburg (VD16 P350) und ein weiteres Mal in Straßburg (von Jakob Cammerlander - VD16 P351) gedruckt. Laut dieser Weissagung soll ein Erfurter namens Albrecht Leicheisen im Jahre 1372 prophezeit haben, dass 128 + 28 Jahre später "ein großmächtig ding [gemeint ist das Evangelium] in Teütschen landen sein würt. Das würt krafft und gewalt von im selber uber alle ding haben, und würt so starck sein, das es keyn gewalt erleiden mag Zu derselben zeit würt ein kindischer

Drucker [Christoph Froschauer] ihm hätte schicken sollen. Falls Letzterer es nicht vermag, soll er Enzinas benachrichtigen, damit dieser sich in Frankfurt darum kümmern kann. [5][P.S.:]Bullinger möchte beiliegenden Brief nach Lindau weiterleiten. ~