[2378]
Peter Simler an
Bullinger
[Kappel am Albis],
12. März 1546
Autograph: Zürich StA, E II 340, 168 (Siegelspur)
UngedrucktSimler und seine Frau [Verena, geb. Huser]danken Bullinger und Rudolf Gwalther dafür, dass
sie für Josias [Simler] und [Huldrych] Zwingli [d.J.] [eine Unterkunft in Basel gefunden
haben]. Simler hätte um ein Empfehlungsschreiben für Josias gebeten, wenn Bullinger nicht
schon von sich aus ein solches angeboten hätte. Simler wird Josias Geld mitgeben, wie Bullinger
dies in seinem Brief [nicht erhalten] wünschte. —Bullinger soll seinen Sohn Heinrich
nicht von Peter Simler wegnehmen. Dieser möchte sich um Heinrich kümmern, solange es für
den Knaben von Nutzen ist. Sobald dies nicht mehr der Fall ist, wird Simler Bullinger benachrichtigen,
denn er würde den Jungen keineswegs benachteiligen wollen. — Wenn Josias [nach
Zürich]zurückkehrt, wird er mit Freuden zuerst Bullingers Haus aufsuchen. Bullinger soll ihn
zu einem zügigen Studium ermahnen, zumal Peter Simler, der schon sechzig Jahre alt ist, die
Heimkehr seines Sohnes noch erleben möchte. — Peter Simler und seine Frau [Verena] wünschen
[Anna Lavater], der Tochter des Bürgermeisters [Hans Rudolf Lavater], eine schöne
Hochzeit. Leider können sie an der Feier nicht teilnehmen. Die beiliegende kleine Gabe soll
[Anna Bullinger, geb. Adlischwyler] oder auch Josias der Braut übergeben, zumal Josias sich
vom [Bürgermeister Lavater]verabschieden wird. —Bezüglich der Geschäftsführung des Klosters
Kappel würde Simler gern Ratschläge erteilen, wenn er wüsste, was das Beste wäre.
Vielmehr muss er Bullinger sein Leid klagen. Bullinger weiß ja, wie tüchtig und treu er seine
Stelle [an der Kappeler Schule] vor und nach dem [Zweiten Kappeler]Krieg versah. Trotzdem
wurde er kritisiert. Im Jahr [15]39 schickte die [Zürcher] Obrigkeit den [Klosterobmann
Jörg] Müller, den [Rechenherrn] Hans Edlibach und den Ammann [des Fraumünsters, Bartholomäus]
Köchli, nach Kappel. Diese waren mit Simlers Verwaltung zufrieden. Doch fanden
sich Leute, die meinten, dass Simler es wie die Äbte hielte, und dass die Anstellung eines
[Schaffners] die Stadt billiger käme. Als nun [Hans Steinbrüchel] von Müller, Edlibach und
sogar der Meinung, dass es besser wäre,
wenn Bucer sterben würde; s. Nr.
2376,76—79.
Hans [Konrad]Escher [als Schaffner]angestellt wurde, gab Simler naiv alles an, was [für die
Verwaltung] nützlich sein könnte. Dabei vergaß er sein eigenes Interesse. Darauf wies ihn
auch [Hans Rudolf] Lavater hin; und tatsächlich versuchte man bald, den Bau [des neuen
Pfarrhauses] zu verhindern. Die im Jahr [15]43 nach Kappel Verordneten, Lavater, Müller,
[Jakob] Kumber und [Jakob] Funck, wurden sich nicht einig, so dass nichts ausgerichtet
wurde. Jetzt kommt die ganze Angelegenheit wieder zum Vorschein. Würde man auch im
Interesse der Sache und nicht nur um persönlicher Vorteile willen handeln! —Bullinger möge
Simler die Belästigung verzeihen.
Gnad unnd frid von gott unnserm vatter unnd unserm heren Jesu Christo.
Fürgeliebter, lieber her gfatter 1 , wie Josias 2 mit Zwinglio 3 durch heren
Rudolffen Gwalthern verdingt 4 (darin ich unnd min husfrow 5 vor 6 bewillget) a ,
also gevallt uns der handel wol, unnd sagend üch unnd heren Rudolffen
hochen danck mit geneigtem willen, das zu verdienen, wo wir köndtint.
Unnd das, darumb ich üch billich mit ernstlicher bitt söllte ansuchen, namlich
für inn 7 ze schriben, des sinnd ir selbs urbüttig 8 . Darumb ich den Josiam
üch gentzlich bevilch, in siner sach ze handlen, das ir vermeinent 9 gottes eer
unnd siner kilchen nutz sin. Gott gebe gnad darzu. Mit gellt wil ich inn
abferggen 10 , wie ir schribend. 11
Üwers Heinrichen 12 halb söllend ir üch zu mir 13 keins anderen versächen 14
. Wenn ir inn jetz von mir nämind, wurd es mich übel beschwachen 15
unnd gedencken 16 , ir welltind grad von mir teylen 17 . Darumb ist min bitt,
dwyl 18 mich gott uffrecht laßt, ir wellind inn by mir lassen, so lanng es sin
nutz ist. Wenn ich dann vermein, es syge nit me üwer unnd sin nutz, wil ichs
üch wol anzeigen; dann mit minem willen wellt ich inn nit gern versumen 19 .
Ich weyß ouch wol, wenn Josias widerumb mit fröuden (das gott verlichen
welle) heim kompt, üwer hus zum ersten suchen 20 wirt. Es ist ouch
min b bitt, ir wellint ernstlich mit im reden, das er sin studieren nitt uff lang
wandlen spannen 21 well, sonnder ernstlich anhallten, das er bald wider geleerter
heimkomm, diewyl 22 er den vatter findt. Ich wär im wol wäger lebend
den todt. 23 Aber die 60 jar mines alters sind hie. So befind 24 ich so vil
abgangs 25 , das ich mich hie keines langen lebens tröst. Gott well uns das
ewig 26 verlichen.
Minem lieben herren unnd vettern, heren burgermeister, 27 unnd siner
tochter 28 wünschend von mir unnd miner hußfrowen vil glücks unnd entschuldigent
uns, das wir nit uff das hochzit kommend. Ich füg 29 jetz noch nit
zu der wellt; so wurd min frow nit ein fröliche hochzitfrow sin, diewil 30 der
sun hinweg zücht. 31 Aber ein kleine gab, so ich hiemit schick, wellint ir
durch üwer hußfrowen 32 der tochter lassen geben, unnd bitten für gut anzenemmen,
oder, ob 33 es üch gevallt, so lassens den Iosiam iren geben,
diewyl er doch dem heren 34 gnaden 35 wirt.
Das ich vil zu der hushallt unnd abstellung kostens ze Cappel radten sölle,
wär ich geneigt, wenn ich wüßt, was das best wäre. Ich muß aber denocht
Meyer (s.u.) angeführte Datum 1538 geht
wohl auf eine Vermutung zurück (Anna
war damals 16jährig und hatte somit das
Heiratsalter erreicht), da es in keiner Zürcher
geneaologischen Abhandlung und
auch nicht im Familienarchiv der Lavater
belegt ist. Mit vorliegendem Brief kann
also diese Eheschließung erstmals auf
März 1546 datiert werden. — Lit.: Jakob
Hirschgartner, Stemmatologia Turicensis
oder Chronologische Beschreibung aller
zürcherischen Geschlechter, Bd. 5 (Zürich
ZB, MSC V 805), s.v. "Lavater";
Erhard
Dürsteler, aaO, Bd. 2 (Zürich ZB,
Ms E 95), f. 72v.; Hermann
Meyer-Zeller,
Die schweizerische Sitte der Fenster- und
Wappenschenkung vom XV. bis
XVII. Jh. Nebst Verzeichniss der Zürcher
Glasmaler von 1540 an, Frauenfeld 1884,
S. 197. 205, Anm. 7.
üch (wiewol ir mit vil anderem beladen sinnd) mit minen anfächtungen
bemügen 36 . Ir wüssent, mit was flyß unnd trüwen ich vor unnd nach dem
krieg 37 gehandlet. Denocht ward mir zugsetzt. 38 ||168v. Unnd do mine heren
von rädten unnd burgern im 39. jar hinüber gan Cappel schicktent m. Müller
39 , juncker Hans Edlibach 40 unnd amman Köchly 41 , unnd ich inen die
ordnung miner diensten unnd der gantzen hushallt anzeugt, hattend sy ein
gut vernügen 42 . Denocht fand man immerdar lüt, die vermeintend, ich herscheleti
den äbbten nach 43 ; wenn man ein amptman darsatzty 44 wurd mit
ringeren kösten hushallten. Do nun der amptman 45 erwellt unnd von m.
Müller, Edlibach unnd juncker Hansen Äscher 46 ingesetzt ward, do was ich
so trüw oder schier so doracht 47 , das ich ongefragt inen unnd dem amptman
alles anzeugt, was im nutz unnd schad möcht sin. Unnd waß 48 mir daß selb
so ernstlich angelegen, das ich miner eignen dingen nit gedacht, bis das min
her Lafater 49 (der mir zu gutem 50 hinuß geritten was) seyt 51 : "Wenn meldest
din ding? 52 Ich sag dir wol, was du jetz nit schaffest, wirt harnach langsam
gan" wie mir dann grad dozmal 53 an die hand stieß 54 , das ich des buwens 55
halb der husung 56 , so von räten unnd burgern erkent 57 was, gern gehindert
worden wär. Demnach sinnd von minen heren gan Cappell geordnet im 43.
der schon 1550 starb. Man wollte
daraufhin wiederum Peter Simler als
Schaffner einsetzen, doch lehnte dieser
mit einem Brief vom 27. Juni 1550 ab; s.
Peter
Simmler, Peter Simler 1486—1557.
Vom Mönch, der eine Nonne heiratete.
Typoskript, März 1996 (vorhanden in:
Universität Zürich, Institut für Schweizerische
Reformationsgeschichte, Signatur:
Cony Gd XVII 5), S. 29f. 77f (Wiedergabe
des Briefes vom 27. Juni 1550).
jar her Lafater, m. Müller, Kumber 58 unnd Funck 59 . Unnd mochtend der
ratschlegen nit eins werden, das es aber also ersaß 60 . So kompt es jetz aber
wider. Nun muß ich fry heruß sagen (wenn gut zu der sach ze radten wär,
namlich wenn jederman der gmein nutz so vil angelegen wär als der eigen) c ,
wo am selben 61 mangel ist, so verfälend 62 alle radtschleg, unnd wirt dann die
schuld uff die gelegt, so radtschleg gemacht hannd. Aber wie dem allem
syge, so welle gott, das hierinn das best zu lob gottes unnd des nächsten nutz
erradten werd.
Zürnend nit, das ich üch so vyl bemüyg. Sinnd gott bevolchenn mit allem
hußgsinnd. Datum 12. martii 1546.
Uwer allzit williger
Petrus Simler.
[Adresse auf f. 173v.:] Dem eerenwirdigen, wolgelertenn heren meister
Heinrichen Bullinger, predicanten Zürich, minem lieben heren unnd gevattern.