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[2338]

Richard Hilles an
Bullinger
Straßburg,
28. Januar 1546

Autograph 1 : Zürich StA, E II 343a, 345 (Siegelspur) Druck: Epistolae Tigurinae 166f, Nr. 115; englische Übersetzung: Original Letters I 250—252, Nr. 115; LP XXI/1, Nr. 134

Nachdem Hilles' letzter Brief an Bullinger schon länger zurückliegt [HBBW XV, Nr. 2137?], ist es nun wieder an der Zeit, Nachricht zu geben. Hilles dankt für Bullingers Bücher, die dieser ihm kürzlich [durch Ludwig Lavater] zur Lektüre und nicht als [bloßes] Geschenk geschickt hat. Er wird diese ganz lesen, damit sein Gewinn aus der Lektüre so groß ist wie Bullingers Mühe beim Verfassen. Ludwig Lavater wohnt aus ihm unbekannten Gründen nicht bei Matthias Zell, sondern bei einem gewissen [Johannes]Marbach, wo doch aus Bullingers Brief vom [letzten] Oktober [nicht erhalten]hervorging, dass Lavaters Vater [Hans Rudolf] genau dies nicht wollte. Als Grund dafür hatte Bullinger Marbachs lutheranische Gesinnung angeführt, die aber [in Straßburg] allerorten anzutreffen ist, sind doch dort fast alle Professoren und Prediger Lutheraner oder geben sich zumindest als solche aus. Es ist daher nicht nötig, dass Ludwig [Lavater] die Unterkunft wechselt, zumal er, auch wenn er bei einem anderen Gelehrten unterkommen würde, ohnehin wieder [einen Lutheraner] als Gastgeber hätte. Hilles kennt sonst kaum jemanden, der Unterkunft anbietet und bei dem man besser aufgehoben wäre als bei Zell, der von Gerhard [thom Camph]und Weiteren gelobt wurde. Die anderen [Pensionsleiter] werden nämlich von den Studenten nicht gleichermaßen gerühmt. Doch muss Hilles zugeben, dass er, seitdem er [in Straßburg]lebt, nur wenige [Pensionsleiter]

14 Die Kirche St. Nikolaus.
15 me ... confidas: Cicero, Epistulae ad familiares, 10, 29.
16 mit ganzem Herzen und mit ganzem Sinn.
17 Vielleicht eine Anspielung auf die Redeweise des Friesen thom Camph, der 1545 in Zürich gewesen war.
1 Es handelt sich um die Antwort auf einen nicht erhaltenen Brief Bullingers an Hilles von Herbst 1545, den Ludwig Lavater bei seiner Ankunft in Straßburg an Hilles übergeben hatte, s. Nr. 2320,15f.

kennen gelernt hat. Bullinger zuliebe hat er Ludwig [Lavater]angeboten, diesem die Verpflegungskosten für ein Viertel- oder ein Halbjahr auszuzahlen. Da Ludwigs Vater vermögend ist, wird es diesem möglich sein, das Geld John Burcher [in Zürich] auszuhändigen, bevor Hilles [Ludwig] die gleiche Summe übergibt; denn Hilles bewahrt [bares] Geld kaum länger als eine Woche bei sich auf sondern investiert es sogleich in Waren. Bullinger möge Hilles' offene Äußerungen über Geldangelegenheiten verzeihen. Hilles ist aber auch bereit, den Betrag auszuzahlen und diesen erst später über Burcher zu erhalten, auch wenn dies [Ludwigs Vater] wohl dreimal so viel kosten wird. Bullinger wird einem Brief [Nr. 2336] John Hoopers Neuigkeiten aus England entnehmen können. Hooper, der einst am Hofe [Heinrichs VIII.] weilte, studiert nun in Straßburg und ist ein frommer und überzeugter Schüler Christi sowie ein Verehrer Bullingers. In Hilles' Haus erkrankte er sehr schwer, und als er an der Schwelle des Todes zu stehen schien, äußerte er vor vielen Zuhörern ein eindrückliches Bekenntnis zum Abendmahl und sagte auch mehrmals alle Artikel des [Apostolischen] Glaubensbekenntnisses auf. Als Hilles in Bullingers Brief vom Tod Meganders [gest. am 17. August 1545] las, schmerzte ihn dies zunächst sehr; doch angesichts der Lage der Welt und des Glücks derer, die in Christus sterben, beginnt er nun, Gott dafür zu preisen. Möge dieser den dadurch für die Zürcher Kirche entstandenen Verlust kompensieren! John Burcher schrieb, dass Bullinger oder seine Frau [Anna, geb. Adlischwyler] der Familie Hilles zu Weihnachten einen Käse schicken wollten. Glücklicherweise kam es nicht dazu, da seine Familie schon mehr Geschenke und Wohltaten von Bullinger und seiner Frau empfangen hat, als sie jemals erwidern könnte. Bullinger soll nicht so viel [Geld für Geschenke]ausgeben und nicht daran zweifeln, dass er Hilles empfohlen bleibt. Grüße, auch von seiner Frau [Anna, geb. Lacey], an Bullinger und dessen Gattin, an Meganders Witwe [Regula, geb. Offenhuser] (sofern sie noch Witwe ist) sowie an [Konrad] Pellikan, Theodor Bibliander und [Rudolf] Gwalther. [P.S.:] Ludwig [Lavater]berichtet, dass er sich mit Marbach auf 30 Gulden im Jahr für die Pension geeinigt habe, worüber er Bullinger bestimmt brieflich [Nr. 2320]informiert haben wird.