Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[2174]

Joachim Vadian an
Bullinger
St. Gallen,
8. Juni 1545

Autograph: Zürich StA, E II 351, 11 (Siegelspur)

Bullinger hätte den Boten, der mit der Übermittlung des Zeugnisses [für alt Ammann Hans Vogler d.A.]1 beauftragt war, nicht bezahlen sollen. Die [St. Galler]bedanken sich aber dafür. Den Rest hat der Rat bezahlt. Man wird Bullinger bei passender Gelegenheit noch mehr Dank bezeugen, weil dieser sich den abgeordneten Ratsherren St. Gallens (u.a. auch Vadian) in Bremgarten [während der Tagsatzungen im Sommer 1531] so behilflich erwiesen hat. Der Besuch von Johannes Fries und seinen Begleitern [Christoph, Georg, Hans Ulrich, Heinrich und Petronius Grebel]2 [in St. Gallen] hat alle erfreut. Bestimmt wird [Fries] das ihm Anvertraute Bullinger bereits erzählt haben. Vadian wird [Johannes]Stumpf einen Termin für ein Treffen [in St. Gallen]mitteilen. Unterdessen arbeitet er fleißig weiter [an seiner "Kleinen Chronik"3 ] um sein Versprechen [s. oben Nr. 2159] einhalten zu können. Er bittet um sichere Nachricht über [Karl V.]. Dieser soll sich zusammen mit seinem Bruder [Ferdinand I.] sogar bei seinen Ständen verhasst gemacht haben. Es ist nämlich offenbar, dass er nicht nur versucht, seiner Religion förderlich zu sein, sondern auch Deutschland seiner Freiheit zu berauben. Dass mancher auf der Hut bleibt, tröstet Vadian. Er hofft ferner, dass die eidgenössischen Städte sich [den bedrohten Ständen in Deutschland] als gute Nachbarn erweisen werden. Ein zu einem Ort in der Nähe von Ulm abgeordneter Reiter hat in [St. Gallen]erzählt, dass die Sieben [katholischen] Orte [Luzern, Uri Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Zug und Glarus][Karl V.]versprochen hätten, sich ihm nicht zu widersetzen. Die [katholischen] Orte werden also den [protestantischen] nicht zu Hilfe kommen, sollten diese wegen ihres Glaubens angegriffen werden. Vadian hätte dem Reiter geantwortet: Auch wenn die [katholischen Orte] die [protestantischen]fallen ließen, würden Letztere anderswo Hilfe suchen und dennoch deren Verbündete bleiben. "Apelles" (der Sattler [Melchior Gügi]) und Hans [Widenhuber] sind dabei, sich nach [Zürich] zu begeben. Vadian empfiehlt beide. Bullinger soll Froschauer ermahnen, sich um die Rechnung für [das Bild der Stadt St. Gallen] zu kümmern. Vadian wird [Froschauer]dafür mit seiner eifrigen [Beteiligung an Stumpfs Chronik] belohnen.

[Gedruckt: Vadian BW VI 421f, Nr. 1399.]

1 Siehe EA IV/Id 490 r. — Die damaligen Amtshandlungen waren erst 1549 erfolgreich; s. Das Familienbuch Hans Voglers des Älteren und des Jüngeren aus dem St. Galler Rheintal, hg. v. Alexa Renggli, Basel 2010 — Selbst-Konstruktion. Schweizerische und Oberdeutsche Selbstzeugnisse 1500-18003, S. 701f.
2 Johannes Fries war zusammen mit fünf Mitgliedern der Familie Grebel am 17. April 1545 zu einer siebenwöchigen Reise nach Italien aufgebrochen und am 3. Juni
1545 wieder (in Maur am Greifensee, Kt. Zürich) eingetroffen. Sein erhalten gebliebenes Reisetagebuch (Zürich ZB, Ms S 511) ist gedruckt in: Ernst Walder, Reise von Zürchern nach Venedig vor vier Jahrhunderten, in: ZTB 1927, NF 47, S. 159— 184.
3 Zum Inhalt der "Kleinen Chronik" s. oben Nr. 2159 und Rudolf Gamper, Vadians historische Schriften - eine Übersicht, in: Vadian als Geschichtsschreiber, hg. v. R. Gamper, St. Gallen 2006, S. 17-19.